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Neuer Anlauf? Umdrucke des BMF zur Verschärfung der Grunderwerbsteuer für Share Deals

Lange geplant und doch immer wieder verschoben – die vorgesehenen Änderungen im Bereich des Grunderwerbsteuerrechts insbesondere für sogenannte Share Deals sind weiterhin nicht vom Tisch. Im Gegenteil, denn das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zwei Mitgliedern des Deutschen Bundestages der CDU/CSU- und SPD-Fraktion sowie den jeweiligen finanzpolitischen Sprechern und Fraktionsvorsitzenden auf Anfrage Umdrucke (Formulierungsvorschläge) zum Gesetzentwurf zur Änderung des GrEStG übersendet. Darin enthalten sind Umdrucke zum Inkrafttreten, zur Börsenklausel, zur Anwendungsregelung zu § 1 Abs. 2b GrEStG sowie zum Verspätungszuschlag.

01.04.2021
Bisheriges Verfahren

Das Vorhaben, die Regelungen für die Anwendung der Grunderwerbsteuer für Share Deals zu verschärfen, ist nicht neu. Bereits 2018 hatte sich die Finanzministerkonferenz auf ein entsprechendes Vorhaben geeinigt (Newsbeitrag vom 2. Juli 2018 sowie Newsbeitrag vom 10. Dezember 2018). Vorgesehen ist, unerwünschte grunderwerbsteuerliche Gestaltungen bei Immobilientransaktionen einzudämmen.

Die geplante Gesetzesänderung sollte ursprünglich im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 (JStG 2019) erfolgen (Newsbeitrag vom 14. Mai 2019). Aufgrund zahlreicher ungeklärter Detailfragen sowie deutlicher Kritik hat sich die Bundesregierung jedoch dazu entschlossen, das Vorhaben im Rahmen eines eigenständigen Gesetzgebungsverfahrens umzusetzen (Newsbeitrag vom 7. August 2019).

Ein erster Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde am 9. August 2019 veröffentlicht und dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet (Newsbeitrag vom 19. August 2019 sowie BR-Drs. 355/19). Die Stellungnahme des Bundesrates erfolgte bereits am 20. September 2019 (BR-Drs. 355/19 (B)), die Gegenäußerung der Bundesregierung bereits am 25. September 2019 (BT-Drs. 19/13546). Über die Reaktion des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung hatten wir mit Newsbeitrag vom 1. Oktober 2019 berichtet.

Die erste öffentliche Anhörung im Bundestags-Finanzausschuss erfolgte am 14. Oktober 2019 (Pressemitteilung des Deutschen Bundestags); insbesondere von den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft wurde deutliche Kritik an dem Vorhaben geäußert. Die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD einigten sich daher am 24. Oktober 2019 auf eine Verschiebung der Reform (Newsbeitrag vom 28. Oktober 2019, Pressemitteilung).

Seitdem konnten keine durchschlagenden Ergebnisse erzielt werden und die Reformbestrebungen wurden, wohl auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie, vorerst zurückgestellt.

Vorgesehene Änderungen

Folgende Änderungen sind laut Regierungsentwurf (BR-Drs. 355/19) geplant:

Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften

Nach § 1 Abs. 2a GrEStG werden Gesellschafterwechsel an grundbesitzenden Personengesellschaften in Höhe von mindestens 95 % innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren der Grunderwerbsteuer unterworfen. Diese Vorschrift soll nun auch auf grundbesitzende Kapitalgesellschaften ausgeweitet bzw. gegebenenfalls ein Ersatztatbestand geschaffen werden (§ 1 Abs. 2b GrEStG). Die Befreiungsvorschriften der §§ 3 bis 7 GrEStG sollen auf den neu zu schaffenden Ergänzungstatbestand wohl keine Anwendung finden. Allerdings soll die Kapitalgesellschaft analog zur bereits bestehenden Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG Steuerschuldnerin sein. Hiervon sind alle Unternehmen mit Immobilienbesitz betroffen. Eine Immobilienquote, welche insbesondere reine Immobilienunternehmen erfassen würde, soll in der neuen Regelung nicht enthalten sein.

Absenken der Beteiligungsschwellen

Die relevante Beteiligungshöhe für die Auslösung der Grunderwerbsteuer soll von bisher 95 % auf 90 % abgesenkt werden (§ 1 Abs. 2a Sätze 1, 4, Abs. 3 Nummern 1 bis 4, Abs. 3a Satz 1, § 13 Nummern 5, 8, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nummern 3a, 3b, 4-7a GrEStG-E). Die 90 %-Grenze soll dann auch für den neu geschaffenen Ergänzungstatbestand (s. o.) gelten. Durch die Absenkung der Beteiligungsgrenze im Zusammenspiel mit oben genanntem Ergänzungstatbestand für Kapitalgesellschaften ergibt sich das Erfordernis, dass künftig ein Alt-Gesellschafter möglicherweise in nennenswertem Umfang beteiligt bleiben muss, sodass ein kompletter Erwerb durch einen Investor und einen sogenannten Co-Investor erschwert wird.

Verlängerung der Behaltensfristen

Die Behaltensfristen von derzeit fünf sollen auf zehn Jahre verlängert werden. Diese Fristen sind aktuell insbesondere in § 1 Abs. 2a GrEStG sowie in den §§ 5, 6 GrEStG enthalten. So sollen etwa gegenwärtige Steuergestaltungen erschwert werden, nach welchen zunächst 94,9 % der Anteile am Vermögen einer (Personen-)Gesellschaft und die übrigen 5,1 % erst nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren übertragen werden. Bei einer Verlängerung der Behaltensfrist wäre eine Übertragung der übrigen 5,1 % erst nach Ablauf von zehn Jahren möglich.

Verschärfung der Missbrauchsregelung des § 6 GrEStG

Die Missbrauchsvorschrift des § 6 Abs. 4 GrEStG soll erweitert werden. Sofern ein Gesellschafterwechsel bei einer grundbesitzenden Personengesellschaft keine Grunderwerbsteuer ausgelöst hat, kann § 6 GrEStG künftig erst nach einer 15-jährigen Vorbehaltensfrist in Anspruch genommen werden (§ 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG-E).

Umdrucke des BMF

Überraschend hat nun das BMF Umdrucke zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes (BT-Drs. 19/13437) präsentiert. Die hier enthaltenen Anpassungen waren insbesondere erforderlich, da das Vorhaben nunmehr bereits über zwei Jahre alt ist und die geplanten Änderungen ursprünglich bereits zum 1. Januar 2020 in Kraft treten sollten. Doch die Umdrucke enthalten auch weitere Anmerkungen, insbesondere eine Börsenklausel.

Wir stellen die Inhalte der Umdrucke des BMF nachfolgend dar:

Inkrafttreten

Artikel 2 des Regierungsentwurfes (BR-Drs. 355/19) sah vor, dass das Gesetz am 1. Januar 2020 in Kraft treten sollte. Das BMF hat dieses Datum auf den 1. Juli 2021 geändert. Sofern das Gesetz zeitnah verabschiedet werden sollte, sind die Neuerungen damit ab dem 1. Juli 2021 anzuwenden.

Börsenklausel

Der Regierungsentwurf sieht in § 1 Abs. 2b GrEStG-E vor, dass § 1 Abs. 2a GrEStG, der bisher nur Personengesellschaften erfasst, in seiner Funktionsweise auf Kapitalgesellschaften übertragen wird (Schaffung eines grunderwerbsteuerlichen Ersatztatbestands bei Änderungen im Gesellschafterbestand von Kapitalgesellschaften ab 90 %). Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme die Einfügung einer Börsenklausel gefordert (BR-Drs. 355/19 (B) sowie Newsbeitrag vom 1. Oktober 2019).

Das BMF schlägt die Einfügung einer solchen Börsenklausel nunmehr vor. Demnach blieben Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht, die zum Handel an einem im Inland oder anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) betriebenen organisierten Markt zugelassen sind, soweit die Übertragung der Anteile auf Grund von Geschäften an diesem Markt erfolgt (§ 1 Abs. 2c – neu – GrEStG-E).

Übergangsregelung

§ 23 Abs. 22 GrEStG-E sah die Einführung einer Übergangsregelung für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG vor. Das BMF schlägt die Streichung des § 23 Abs. 22 GrEStG-E vor. Aus § 23 Abs. 23 GrEStG würde dann § 23 Abs. 22 GrEStG-E und aus § 23 Abs. 24 GrEStG-E würde § 23 Abs. 23 GrEStG-E. Darüber hinaus soll der dann neue § 23 Abs. 22 GrEStG-E (vormals § 23 Abs. 23 GrEStG-E) verkürzt werden und sieht vor, dass bei der Anwendung von § 1 Abs. 2b GrEStG-E Übergänge von Anteilen der Gesellschaft, die vor einem bestimmten Datum erfolgen, unberücksichtigt bleiben. Das Datum hat das BMF offen gelassen.

Verspätungszuschlag

§ 19 Abs. 6 GrEStG-E sah vor, dass die Begrenzung des Verspätungszuschlags nach § 152 Abs. 10 AO keine Anwendung finde.

Das BMF schlägt vor, diese Regelung zu streichen. Grund hierfür ist, dass die vorgesehenen Änderungen des § 19 Abs. 6 GrEStG-E zur Festsetzung des Verspätungszuschlags bereits im JStG 2020 umgesetzt wurden.

Einschätzung und Ausblick

Die Verschiebung des Inkrafttretens des Gesetzes ist, insbesondere vor dem Hintergrund des bisher lange andauernden Umsetzungsprozesses, folgerichtig und zu begrüßen. Auch die Einfügung der Börsenklausel, wie sie vom Bundesrat bereits gefordert wurde, ist grundsätzlich zu begrüßen, da sie die geplanten Verschärfungen zumindest zu einem kleinen Teil abfedert.

Dennoch bleiben die bereits vielfach geäußerten grundsätzlichen Bedenken im Zusammenhang mit der geplanten Verschärfung des GrEStG. Die oben vorgestellten Umdrucke sind daher lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.

Derzeit ist nicht absehbar, wann der formale Gesetzgebungsprozess wieder aufgenommen wird. Doch es scheint, als würde der Gesetzgeber einen neuen Anlauf für die Verschärfung des GrEStG wagen wollen. Sollte der Prozess in Kürze neu angestoßen werden, ist durchaus damit zu rechnen, dass die Verschärfungen noch in der aktuellen Legislaturperiode umgesetzt werden.

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