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Keine Sozialversicherungspflicht eines niedergelassenen Arztes für Tätigkeit im Krankenhaus

Die Rechtsprechung und die Praxis der Deutschen Rentenversicherung haben dazu geführt, dass immer mehr niedergelassene Ärzte, die mit Krankenhäusern kooperieren, als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte eingestuft werden. Gleichwohl, zeigt die Entscheidung des Landessozialgerichts Bayern vom 05.03.2024 (L 7 BA 77/22), dass sich eine Einzelfallprüfung lohnen kann.

17.10.2024
Medizin- und Gesundheitsrecht
Sachverhalt

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus drei Gynäkologen unterhielt eigene Praxisräume mit angestellten Mitarbeitern. Sie verfügte aber über keinen eigenen Operationssaal. Daher schloss sie mit einem Krankenhaus eine Kooperationsvereinbarung über die Bereitstellung von Operationskapazitäten einschließlich Infrastruktur und OP-Team. Vertragspartner waren nicht die einzelnen Ärzte, sondern die GbR. Diese entschied auch, wie die Vergütung unter den Ärzten aufgeteilt wurde.

Die GbR war zu bestimmten Zeiten zur Nutzung des OP berechtigt. Sie entschied darüber, welche Patienten operiert wurden. Gegenüber dem OP-Team waren die Ärzte weisungsberechtigt.

Die ärztlichen Leistungen wurden durch das Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse abgerechnet, die GbR der Ärzte erhielt von den Zahlungen der Krankenkasse sodann einen bestimmten Prozentsatz.

Aus Anlass einer Statusfeststellungsklage ordnete die Deutsche Rentenversicherung die Tätigkeit der Ärzte als sozialversicherungspflichtig ein. Hiergegen klagten sowohl das Krankenhaus als auch die Ärzte. Das Sozialgericht gab der Klage statt, das Landessozialgericht wies die Berufung der Deutschen Rentenversicherung zurück.

Die Entscheidung des Landessozialgerichts

Das Landessozialgericht hielt zunächst fest, dass es auf die Betrachtung des Einzelfalls in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht ankomme. Maßgeblich sei die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert werde und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig sei.

Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang eine selbstständige ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus leistungs- und vergütungsrechtlich zulässig sei, seien unerheblich, weil der Vertrag jedenfalls nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoße.

Die Ärzte seien nicht in das Krankenhaus eingegliedert, da sie ausschließlich eigene Patienten operierten und das Krankenhaus bei der Entscheidung über die Durchführung von Operationen kein Mitbestimmungsrecht habe.

Maßgeblich sei aus der Sicht des Landessozialgerichts aber auch, dass Vertragspartner des Krankenhauses eine GbR mit mehreren Gesellschaftern sei. Es fehle daher an dem für eine abhängige Beschäftigung typischen Merkmal der Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung. Denn die GbR habe frei entscheiden können, welcher ihrer Ärzte eine Operation ausführe. Darüber hinaus habe auch die Vergütung vom Krankenhaus nicht einer bestimmten Person zugeordnet werden können, sondern dies sei ausschließlich innerhalb der GbR festgelegt worden. Das Gericht differenzierte ausdrücklich zwischen dem vorliegenden Fall und dem Sachverhalt, der den Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 20.07.2023 (B 12 R15/21 R, B 12 BA 4/22 R, B 12 BA 1/23 R) zugrunde lag, denn dort habe es sich um eine Ein-Personen-Gesellschaft gehandelt.

Zusammenfassung

Die Sozialversicherungsträger neigen dazu, jegliches Vertragsverhältnis zwischen Krankenhäusern und selbstständigen Ärzten als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis anzusehen. Auch wenn sich durch die Entscheidungen des Bundessozialgerichts in den vergangenen Jahren die Bewertungen insoweit verändert haben, macht die Entscheidung des Landessozialgerichts deutlich, dass immer noch der Einzelfall zu betrachten ist und Gestaltungen außerhalb der Sozialversicherungspflicht nach wie vor möglich bleiben.

 

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