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23.05.2022
Die klagende gGmbH (Auftraggeberin) bot Blutspendetermine in öffentlichen Gebäuden an. Die Räumlichkeiten stattete sie mit dem notwendigen Equipment aus. Sie setzte zu den Terminen vorrangig in freier Praxis niedergelassene oder im Ruhestand befindliche Ärzte (Auftragnehmer) ein, die die notwendigen Voruntersuchungen der blutspendenden Personen übernahmen und die über deren Spendetauglichkeit entschieden. Mit den Ärzten vereinbarte die Auftraggeberin eine freie Mitarbeit über einen Rahmenvertrag. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte die abhängige Beschäftigung der Auftragnehmer fest. Die Rechtsmittel der Auftraggeberin waren in allen Instanzen erfolglos.
Das Bundessozialgericht (BSG) zog mit Beschluss vom 1. Februar 2022, AZ: B 12 R 42/20 B, erneut engere Grenzen für die Tätigkeit als freier Mitarbeiter.
Als wichtiges Indiz für das Vorliegen eines Anstellungsverhältnisses sah es das BSG an, dass die Auftraggeberin das Equipment und die persönlichen Arbeitsmittel zur Verfügung stellte. Einseitig von der Auftraggeberin vorgegeben waren ferner der Ort der Tätigkeit und die Uhrzeit des Einsatzes. Hierin sah das BSG die im Wesentlichen fremdbestimmte Organisation durch die Auftraggeberin und damit die Eingliederung des Auftragnehmers in den fremden Betrieb.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG hatten Umstände, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent sind, die durch gesetzliche Vorschriften oder durch eine öffentlich-rechtliche Aufgabenwahrnehmung zwingend bedingt sind oder die auf sonstige Weise in der Natur der Sache liegen, keine entscheidende Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung. Neu ist die Betonung des BSG, dass umgekehrt eine abhängige Beschäftigung nicht allein deshalb ausgeschlossen ist, weil sich Weisungsrechte oder Vorgaben aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben oder ihr innewohnen. Eine selbstständige Tätigkeit liegt in diesen Konstellationen nur vor, wenn bei Verrichtung der Tätigkeit eine Weisungsfreiheit verbleibt, die insgesamt als unternehmerisch bezeichnet werden kann.
Das BSG hält weiter daran fest, dass die Statusbeurteilung nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorzunehmen ist. Es bleibt dabei, dass die Einordnung anhand der Gesamtabwägung aller Umstände des individuellen Sachverhalts vorzunehmen ist. Darin sieht die höchste Instanz in Sozialangelegenheiten auch den Grund dafür, dass es nicht in der Macht der Vertragsschließenden liegt, den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Person als selbstständig oder beschäftigt zu bestimmen.
Mit der Entscheidung wird ein weiteres Mal deutlich gemacht, dass auch die hauptberuflich selbstständige Tätigkeit die Feststellung der Versicherungspflicht nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht hindert.
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