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Sächsisches Finanzgericht zur Anwendung von § 6a GrEStG bei Ausgliederung aus einem Einzelunternehmen zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft

Das Sächsische Finanzgericht (FG Sachsen) hat mit Urteil vom 30. Juni 2021 (Az. 2 K 121/21) entschieden, dass im Falle einer Ausgliederung eines Einzelunternehmens (einschließlich eines Grundstücks) zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft nach § 6a GrEStG keine Grunderwerbssteuer zu erheben ist. Damit folgt der Senat der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Auslegung der Regelung des § 6a GrEStG (Urteile des BFH vom 21. August 2019, Az. II R 15/19 und vom 22. August 2019, Az. II R 18/19).

04.11.2021

Das Sächsische Finanzgericht (FG Sachsen) hat mit Urteil vom 30. Juni 2021 (Az. 2 K 121/21) entschieden, dass im Falle einer Ausgliederung eines Einzelunternehmens (einschließlich eines Grundstücks) zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft nach § 6a GrEStG keine Grunderwerbssteuer zu erheben ist. Damit folgt der Senat der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zur Auslegung der Regelung des § 6a GrEStG (Urteile des BFH vom 21. August 2019, Az. II R 15/19 und vom 22. August 2019, Az. II R 18/19).

Der BFH hatte seine Auffassung zur Auslegung von § 6a GrEStG in mehreren wegweisenden Entscheidungen grundlegend geändert und den Anwendungsbereich der Norm deutlich erweitert. Wir verweisen diesbezüglich auf unseren Newsbeitrag vom 17. Februar 2020. Die Finanzverwaltung reagierte mit einem neuen Anwendungserlass vom 22. September 2020 bezüglich der Behandlung der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel des § 6a GrEStG (Newsbeitrag vom 15. Oktober 2020).

Sachverhalt

In dem der Entscheidung des FG Sachsen zugrundeliegenden Sachverhalt war strittig, ob bei einer Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 123 Abs. 3 Nr. 2, 124 ff. UmwG die Steuerbefreiung des § 6a GrEStG zu gewähren ist.

Die Alleininhaberin des Einzelunternehmens (e. K.) war Eigentümerin des Grundstücks, welches sich im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens befand. Mit notariellem Vertrag im Jahr 2018 wurde das gesamte Vermögen des Einzelunternehmens durch eine Ausgliederung auf die Klägerin, eine mit Gesellschaftsvertrag vom selbigen Tag neu gegründete Kapitalgesellschaft, übertragen. Die Alleininhaberin des Einzelunternehmens ist alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Kapitalgesellschaft.

Die Klägerin war der Ansicht, dass durch die Ausgliederung des Grundstücks vom Einzelunternehmen auf die neu gegründete Klägerin die Voraussetzung des § 6a GrEStG erfüllt seien und somit keine Grunderwerbssteuer zu erheben sei. Als Begründung führte die Klägerin an, dass lediglich die Nachbehaltensfrist einzuhalten sei, da es sich um eine nach § 6a GrEStG begünstigte Umwandlung handle. Sie berief sich damit auf die geänderte Rechtsprechung des BFH zu Umwandlungen im Zusammenhang mit § 6a GrEStG. Diese müsse auch für den vorliegenden Fall gelten. Darüber hinaus liege sowohl ein herrschendes als auch ein beherrschtes Unternehmen vor. Entsprechend des Anwendungserlasses der Finanzverwaltung liegt ein herrschendes Unternehmen bereits vor, wenn 100 % Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen einer natürlichen Person gehalten werden.

Das beklagte Finanzamt erwiderte, dass die Anwendung von § 6a GrEStG bei Ausgliederungen zur Neugründung bisher vom BFH nicht entschieden wurden. Es berief sich damit auf den grundsätzlich restriktiven Wortlaut der Norm und auf den Anwendungserlass, welcher entsprechende Konstellationen von der Begünstigung des § 6a GrEStG ausdrücklich ausschließt.

Entscheidung des FG Sachsen

Der Übertragungsvorgang ist grundsätzlich grunderwerbsteuerbar. Allerdings vertritt das FG Sachsen die Auffassung, dass die Steuer nach § 6a GrEStG nicht zu erheben ist.

Die Anteilseignerin ist als herrschendes Unternehmen im Sinne des § 6a Satz 3 GrEStG anzusehen, da dieser Begriff auch natürliche Personen erfasst, welche über die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft am Markt wirtschaftlich tätig werden und die Beteiligung im Privatvermögen halten. Die Auslegung des Gesetzes habe zudem nicht nach dem Wortlaut, sondern nach dem Zweck der Vorschrift zu erfolgen, der in der Gewährung von Steuererleichterungen für Umstrukturierungen im Konzernverbund besteht. Damit folge das FG Sachsen der aktuellen Auffassung des BFH hinsichtlich der restriktiven Anwendung von § 6a GrEStG.

Einschätzung und Praxishinweis

Das Sächsische Finanzgericht widerspricht mit seinem Urteil vom 30. Juni 2021 offen dem koordinierten Ländererlass (Anwendungserlass vom 22. September 2020). Zu dessen umstrittensten Fragen gehört die Nichtanwendung der geänderten Rechtsprechung des BFH auf Fälle, in denen ein Einzelunternehmen (einschließlich eines Grundstücks) auf eine Kapitalgesellschaft zur Neugründung ausgegliedert wird. Die Verwaltung hatte – ohne dass hierfür eine tragfähige Begründung ersichtlich wäre – für diese Konstellationen die Rechtsprechung des BFH zur Konzernklausel nicht übernommen (vgl. Ländererlass zu § 6a GrEStG, Tz. 2.1) und behandelt die Vorgänge entsprechend des restriktiven Wortlauts des § 6a GrEStG weiter als steuerpflichtig.

Das FG Sachsen schließt sich erfreulicherweise den Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH an. Auch wenn dieser Fall bisher vom BFH nicht ausdrücklich entschieden wurde, ist diese Auffassung folgerichtig, da sie die weite Auslegung der Norm, wie sie vom BFH angenommen wurde, unterstreicht. Darüber hinaus sind keine Gründe dafür ersichtlich, lediglich Ausgliederungen von Einzelunternehmen zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft vom Anwendungsbereich des § 6a GrEStG auszunehmen.

Das FG Sachsen hat keine Revision zum BFH zugelassen. Ob der BFH in einer von der Finanzverwaltung möglicherweise angestrengten Nichtzulassungsbeschwerde die Revision zulässt oder bereits die Klärungsbedürftigkeit der Frage verneint, bleibt abzuwarten. Das Urteil lässt jedoch den grundsätzlichen Willen der Finanzrechtsprechung zur Ausweitung des Anwendungsbereiches der Norm des § 6a GrEStG erkennen, sodass es sich durchaus lohnen könnte, in entsprechenden Fällen Einspruch einzulegen und gegebenenfalls eine Klage vor dem FG anzustrengen.

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