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BFH äußert sich zu Streitfragen im Zusammenhang mit § 6a GrEStG

Die sogenannte Konzernklausel des § 6a GrEStG, nach der bei Umwandlungen im Konzern bei Einhaltung bestimmter Fristen und weiterer Voraussetzungen keine Grunderwerbsteuer anfällt, steht seit längerer Zeit in der Kritik. Vor allem ist unklar, ob die für die Steuerbefreiung einzuhaltenden Vorbehaltens- und Nachbehaltensfristen weit oder streng nach ihrem Wortlaut auszulegen sind. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich nun zu mehreren Streitfragen im Zusammenhang mit § 6a GrEStG geäußert.

17.02.2020

Die Entscheidungen vom 21. August 2019 betreffen die Verfahren mit den Az. II R 15/19 (ex II R/50/13), II R 16/19 (ex II R 36/14), II R 17/19 (ex II R 58/14), II R 18/19 (ex II R 62/14), II R 19/19 (ex II R 63/14), II R 20/19 (ex II R 53/15) und II R 21/19 (ex II R 56/15).

Nach § 6a Satz 1 GrEStG wird die Steuer bei grunderwerbsteuerbaren Vorgängen auf Grund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nicht erhoben (sog. Konzernklausel). Dies soll Umstrukturierungen in einem Konzern steuerlich entlasten. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass an dem entsprechenden Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG). Nach § 6a Satz 4 GrEStG ist eine Gesellschaft jedoch nur abhängig, sofern das herrschende Unternehmen am Gesellschaftsvermögen des beherrschten Unternehmens innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang (Vorbehaltensfrist) und fünf Jahre nach dem Rechtsvorgang (Nachbehaltensfrist) unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist.

Streitig war neben weiteren Punkten insbesondere, inwiefern die Einhaltung der Vorbehaltens- und Nachbehaltensfrist eine zwingende gesetzliche Voraussetzung für die Befreiung von der Grunderwerbsteuer darstellt, sofern die Fristen nachweislich nicht eingehalten werden können (etwa bei einer Auf- oder Abspaltung durch Neugründung).

Nachfolgend stellen wir Ihnen die wichtigsten Entscheidungspunkte der oben genannten Urteile kurz dar:

Der BFH hat in sämtlichen Verfahren festgestellt, dass die Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG bei Konzernumstrukturierungen für alle Rechtsträger im Sinne des GrEStG Gültigkeit besitzt, die wirtschaftlich tätig sind.

Darüber hinaus hat der BFH entschieden, dass die Vorbehaltens- bzw. Nachbehaltensfrist nur insoweit eingehalten werden muss, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden kann.

Kann die Vorbehaltensfrist demzufolge nicht eingehalten werden, weil der Rechtsträger beispielsweise erst durch den begünstigten Umwandlungsvorgang neu entsteht, muss die fünfjährige Vorbehaltensfrist nicht eingehalten werden.

Gleiches gilt für die Nachbehaltensfrist. In seinem Urteil mit dem Az. II R 20/19 (ex II R 53/15) entschied der BFH etwa, dass die Vorschrift des § 6a GrEStG auch für den Fall der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen Anwendung findet. Bei der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen muss das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor der Verschmelzung zu mindestens 95 % an der verschmolzenen abhängigen Gesellschaft ununterbrochen beteiligt gewesen sein (Vorbehaltensfrist). Die Frist von fünf Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) muss in Bezug auf die verschmolzene abhängige Gesellschaft jedoch nicht eingehalten werden, weil sie aufgrund der Verschmelzung nicht eingehalten werden kann.

Nach Ansicht des BFH ist es grundsätzlich unerheblich, ob es sich um eine Verschmelzung (II R 15/19, II R 17/19, II R 18/19, II R 20/19), Spaltung (II R 21/19) bzw. Ausgliederung (II R 16/19) handelt. Der BFH hat über folgende Konstellationen entschieden:

  • Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen (Az. II R 20/19 und II R 18/19);
  • Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein herrschendes Unternehmen als natürliche Person (Az. II R 15/19);
  • Verschmelzung einer von einem herrschenden Unternehmen abhängigen Gesellschaft auf eine andere abhängige Gesellschaft (Az. II R 17/19);
  • Ausgliederung aus einem herrschenden Unternehmen auf eine neu entstehende abhängige Gesellschaft als Ausgliederung zur Neugründung (Az. II R 16/19);
  • Abspaltung aus einer anderen abhängigen Gesellschaft auf eine neu entstehende abhängige Gesellschaft als Abspaltung zur Neugründung (Az. II R 21/19).

Weiterhin führt der BFH in seinem Urteil vom 21. August 2019, (Az. II R 19/19 an, dass der Begriff des „Unternehmens“ nicht, wie von der Finanzverwaltung angenommen, mit der Unternehmensdefinition des UStG identisch ist, sondern alle Rechtsformen umfasst. Dies schließt beispielsweise auch Stiftungen ein, die kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind.

Die Entscheidungen fallen für Steuerpflichtige durchweg positiv aus und sind daher zu begrüßen. Mit Blick auf die geplanten Verschärfungen im Bereich der Grunderwerbsteuer (s. beispielsweise Newsbeitrag vom 19. August 2019 sowie vom Newsbeitrag vom 28. Oktober 2019) ist dies ein positives Signal der Rechtsprechung an die Steuerpflichtigen.

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