Der aktuelle Entwurf des Jahressteuergesetzes 2020 enthält einige Änderungen bezüglich grenzüberschreitender Personenbeförderungen. Zum einen ist danach für Anbieter von Personenbeförderungen die Teilnahme am sog. „OSS-Verfahren“ (OSS steht für One-Stop-Shop) möglich, wenn sie ihre Leistungen an Nichtunternehmer erbringen. Dadurch kann ggf. eine Registrierungspflicht in dem Land, in dem die Beförderung bewirkt wird, vermieden werden. Zum anderen soll die in § 5 UStDV vorgesehene Vereinfachungsregelung ab 1. Januar 2021 aufgehoben werden.
I. Hintergrund
Die umsatzsteuerliche Behandlung von Personenbeförderungen unterliegt einer besonderen Ortbestimmungsregel. Eine Beförderung wird dort ausgeführt, wo die Beförderung bewirkt wird (§ 3b UStG). Dies führt bei Personenbeförderungen über die Grenze hinaus dazu, dass Teile der Strecke im Ausland steuerbar und ggf. steuerpflichtig sind. Daraus resultiert in der Regel die Registrierungspflicht für umsatzsteuerliche Zwecke für den leistenden Unternehmer im jeweiligen Ausland.
II. Ausweitung des OSS-Verfahrens auf Personenbeförderungen
Mit der nationalen Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets wird der Anwendungsbereich des MOSS-Verfahrens (ab 2021 OSS-Verfahren) erheblich erweitert (vgl. unseren Newsletter vom 16. September 2020). Neben im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerbaren elektronischen Dienstleistungen sollen künftig auch Fernverkäufe und alle sonstigen Leistungen an Nichtunternehmer gemeldet werden können. Darunter fallen auch grenzüberschreitende Personenbeförderungen. Mit der Einführung des elektronischen Verfahrens ist jedoch aktuell frühestens ab 1. April 2021 zu rechnen.
Zu beachten ist hierbei, dass das besondere OSS-Meldeverfahren ausschließlich für B2C-Umsätze, nicht jedoch für B2B-Umsätze gilt: Beauftragt der Unternehmer zum Beispiel zum Teil auch Sub-Unternehmer mit der Erbringung von Personenbeförderungsleistungen oder erbringt er Beförderungsleistungen an Reiseveranstalter, scheidet das OSS-Verfahren aus. Dann hat er sich im jeweiligen Mitgliedstaat für Umsatzsteuerzwecke zu registrieren, es sei denn, der jeweilige Mitgliedstaat sieht das Reverse-Charge-Verfahren bei Personenbeförderungsleistungen vor, sodass sich die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger verlagert. Da die Teilnahme am OSS-Verfahren nicht möglich ist, soweit der Steuerpflichtige im anderen Mitgliedstaat für steuerliche Zwecke registriert ist, scheidet auch die Meldung der Umsatzsteuer im B2C-Bereich aus.
III. Aufhebung des § 5 UStDV
§ 5 UStDV ist einer der Vereinfachungsvorschriften der §§ 2 bis 7 UStDV. Grenzüberschreitende Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen, die in einer Fahrtrichtung nicht mehr als zehn Kilometer betragen, wurden bisher als ausländische Streckenabschnitte behandelt. Die Bundesrepublik Deutschland hat im Ergebnis auf ihr Besteuerungsrecht für diese kurze Inlandsstrecke verzichtet. Anwendungsbereiche der Vorschrift sind Taxifahrten, Ausflugsfahrten und Ferienzielfahrten, der Verkehr mit Mietomnibussen und Mietwagen. Ausdrücklich ausgenommen sind jedoch Linienfahrten.
Die geplante Streichung des § 5 UStDV zum 1. Januar 2021 bewirkt, dass der Ort der Leistung künftig auch für diese kurzen Strecken im Inland liegt und deutsche Umsatzsteuer entsteht. Die weiteren Vereinfachungsregelungen der §§ 2 bis 7 UStDV bleiben unberührt.
IV. Praxishinweis
Die Ausweitung des OSS-Verfahrens auf grenzüberschreitende Personenbeförderungen kann einigen Unternehmern administrativen Aufwand ersparen. Voraussetzung ist jedoch, dass in dem jeweiligen Land, in dem die Beförderung stattfindet, lediglich an Nichtunternehmer geleistet wird. Dies schränkt den Anwendungsbereich im Ergebnis erheblich ein.
Begründet wird die Aufhebung des § 5 UStDV damit, dass diese Umsätze zukünftig über das OSS-Verfahren gemeldet werden können. Wenngleich sich ausländische Unternehmer, die Nichtunternehmer auf einer Strecke bis zu zehn Kilometern in Deutschland befördern, nicht mehr allein deswegen in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren lassen müssen, bedeutet auch die Erklärung der deutschen Umsatzsteuer im Rahmen des OSS-Verfahrens einen administrativen Aufwand. Zudem sind ggf. Preisanpassungen erforderlich: Während bisher die deutsche Strecke von bis zu zehn Kilometern dem Umsatzsteuersatz des Nachbarlandes unterlag, fallen hierauf künftig 19 % deutsche Umsatzsteuer an. Dies kann – je nach Steuersatz des Nachbarlandes – zu erhöhten oder verminderten Erträgen führen.
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