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Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei umgekehrter Betriebsaufspaltung

Aus einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Februar 2024 (Az. III R 13/23) gilt dieses Durchgriffsverbot bei der Besteuerung einer Besitzkapitalgesellschaft auch im Fall der mittelbaren Beteiligung der Betriebspersonengesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft über eine Kapitalgesellschaft.

14.06.2024
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht
Streitfall

Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft, überließ ein Grundstück an die KG, eine gewerblich tätige Personengesellschaft, die an ihr mittelbar mehrheitlich über eine zwischengeschaltete weitere Kapitalgesellschaft beteiligt war. Später wurden die entsprechenden Mietflächen über ein Zwischenmietverhältnis mit der GmbH an die KG überlassen.

Die Klägerin wendete auf ihren Gewerbeertrag im Streitjahr 2015 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG an. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung versagte das Finanzamt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung, da es die Auffassung vertrat, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der erweiterten Kürzung nicht erfüllt seien, weil eine schädliche Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der KG vorläge. Das Finanzgericht München (Urteil vom 17. April 2023 – 7 K 434/19) hatte der Klage stattgegeben.

Urteil und Begründung

Der III. Senat des BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichts München und wies die Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück.

a) Eine Betriebsaufspaltung zwischen einer Kapitalgesellschaft als Besitzgesellschaft und einem anderen Unternehmen als Betriebsgesellschaft liegt nicht vor, wenn die Kapitalgesellschaft nicht zu mehr als    50 % unmittelbar an dem anderen Unternehmen beteiligt Im Streitfall war die Klägerin (Besitz-GmbH) weder unmittelbar noch mittelbar zu mehr als 50 % an der KG als Betriebsunternehmen beteiligt.

b) Die Klägerin verwaltet Immobilien und übt somit keine originär gewerbliche Tätigkeit aus. Die Tätigkeit der Klägerin ist insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsaufspaltung als originär gewerblich anzusehen, da die erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben ist.

c) Eine originär gewerbliche Tätigkeit der Klägerin ergibt sich im Streitfall auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung. In dieser wird nicht die Betriebsgesellschaft durch die Besitzkapitalgesellschaft, sondern die Besitzkapitalgesellschaft durch die Betriebsgesellschaft beherrscht. Aus einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Es schließt aus, bei der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft (hier der Klägerin) auf die Verhältnisse ihres Gesellschafters oder ihrer Gesellschafter abzustellen.

Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 16. September 2021

Der BFH stellte weiterhin klar, dass seine Entscheidung nicht im Widerspruch zu seinem Urteil vom 16. September 2021 (Az.: 4 R 7/18) steht. Mit diesem Urteil hatte der IV. Senat unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitzpersonengesellschaft für Zwecke der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung nicht mehr dem Durchgriffsverbot unterliege. Dabei ging er unter Änderung der bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, bei der Beurteilung der personellen Verflechtung zu berücksichtigen ist. Im Gegensatz zum vorgestellten Streitfall stand in diesem zugrundeliegenden Urteil nicht die Besteuerung einer Besitzkapitalgesellschaft in Rede.

Ausblick

Das vorliegende, mit Spannung erwartete Urteil des BFH (Urteil vom 22. Februar 2024, Az. III R 13/23) bestätigt die bisherige Rechtsprechung des BFH für Besitzkapitalgesellschaften und damit die Auffassung weiter Teile der Literatur und Beratungspraxis.

Begrüßenswert ist ebenso die im Urteil vorgenommene klare Abgrenzung des in aktuellem Verfahren urteilenden III. Senats des BFH von dem Urteil vom 16. September 2021 zu Besitzpersonengesellschaften. Dies gibt den Steuerpflichtigen die nötige Sicherheit bei der künftigen Strukturierung ihrer Immobilienvermögen.

Die Finanzverwaltung hat zudem beschlossen, das Urteil im Bundessteuerblatt Teil II zu veröffentlichen. Damit wird die Finanzverwaltung die Entscheidung allgemein anwenden. Ob es eine Reaktion des Gesetzgebers im Jahressteuergesetz 2024 geben wird, bleibt abzuwarten. Wir halten Sie informiert.

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Certified Tax Compliance Officer, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.), Zertifizierter Berater für die Immobilienbesteuerung und Immobilienverwaltung (IFU / ISM gGmbH)

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