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09.02.2022
Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Unternehmen (Besitzunternehmen) eine (funktional) wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (sogenannte sachliche Verflechtung) und eine Person oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (sogenannte personelle Verflechtung). Das oben genannte Urteil bezieht sich insbesondere auf die personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen.
Dabei gibt der BFH seine bisherige Rechtsauffassung auf und bejaht eine personelle Verflechtung auch dann, wenn der einheitlich geschäftliche Betätigungswille im Betriebsunternehmen in Gestalt einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG über die mittelbare Beteiligung an der nicht am Kapital der Betriebs-KG beteiligten Komplementär-GmbH ausgeübt werden kann. Eine erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kommt daher in diesen Fällen nicht in Betracht.
Klägerin und Revisionsbeklagte war eine GmbH & Co. KG (Besitzunternehmen), die eine Produktionshalle und diverse Räumlichkeiten an eine weitere GmbH & Co. KG (Betriebsunternehmen) vermietete. Kommanditisten des Besitzunternehmens waren B zu 50,42 %, C zu 29,44 % und D zu 20,14 %. Komplementärin war die BV-GmbH, an welcher B zu 60,00 % sowie C und D zu je 20,00 % beteiligt waren. Gesellschafter (Kommanditist) der Betriebs-KG war die H-GmbH, an welcher B zu 64,00 % sowie C und D zu je 18,00 % beteiligt waren. Die H-GmbH war darüber hinaus zu 100,00 % an der V-GmbH beteiligt, welche ohne Kapitalbeteiligung die Stellung als Komplementärin der Betriebs-KG ausfüllte. Die Beteiligungen an der H-GmbH wurden dem Sonderbetriebsvermögen II der Klägerin zugeordnet.
Die Beteiligungsverhältnisse stellen sich grafisch wie folgt dar:
In den Streitjahren erzielte die Besitz-KG ausschließlich Einnahmen aus der Vermietung des Grundstücks an die Betriebs-KG. Sie machte in den Gewerbesteuererklärungen zunächst nur die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG geltend. Im Rahmen einer Außenprüfung beantragte die Klägerin, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG vorzunehmen. Der Betriebsprüfer traf hierzu keine Feststellungen, sodass die Klägerin zunächst Einspruch gegen die Gewerbesteuermessbescheide einlegte und im Anschluss an die Einspruchsentscheidung Klage vor dem Hessischen Finanzgericht (FG Hessen) erhob. Das FG Hessen folgte der Argumentation der Klägerin und verneinte das Vorliegen einer personellen Verflechtung, da die Kommanditisten der Klägerin lediglich an der H-GmbH als Kommanditistin der Betriebs-KG beteiligt wären und ein Durchgriffsverbot hinsichtlich der Stellung der V-GmbH, an welcher die H-GmbH zu 100,00 % beteiligt war, bestehe. Es könne daher kein einheitlich geschäftlicher Betätigungswillen angenommen werden.
Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim BFH ein und trug Folgendes vor:
Der BFH stimmte im Ergebnis der Argumentation des Finanzamtes zu und hob das Urteil des FG Hessen auf. Der BFH geht davon aus, dass in den Streitjahren eine Betriebsaufspaltung vorlag und damit eine erweiterte Grundstückskürzung nicht vorgenommen werden kann. Der erkennende Senat hält demnach ausdrücklich nicht mehr daran fest, dass durch eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an der Klägerin als Besitz-Personalgesellschaft keine personelle Verflechtung begründet werden kann. Durch die Betriebsaufspaltung sei keine ausschließlich vermögensverwaltende Tätigkeit mehr gegeben.
Die Personengruppe konnte auf die BV-GmbH (Komplementärin der Klägerin) sowie auf die H-GmbH (Kommanditistin der Betriebs-KG) aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen maßgeblichen Einfluss nehmen. Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH konnte eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an der Besitzgesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, mangels Mitunternehmerstellung dieser Gesellschafter in der Besitzgesellschaft nicht zu einer personellen Verflechtung führen, weil der Besitzgesellschaft wegen des sogenannten Durchgriffsverbots weder die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft noch eine damit verbundene Beherrschungsfunktion zugerechnet werden konnten. Dagegen gehört jedoch auch zur gefestigten Rechtsprechung, dass die Herrschaft über das Betriebsunternehmen auch mittelbar über eine Kapitalgesellschaft ausgeübt werden kann. Die mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitz-Personengesellschaft sei nach Auffassung des BFH gleich zu behandeln mit einer mittelbaren Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Betriebsgesellschaft (im Streitfall ebenfalls eine Personengesellschaft). Da die mittelbare Beteiligung an einer Besitzgesellschaft möglich ist, müsse dies demnach auch für mittelbare Beteiligungen an einer Betriebsgesellschaft gelten.
Der erkennende IV. Senat hat sowohl den III. als auch den I. Senat um Stellungnahme in diesem Zusammenhang gebeten. Während der III. Senat die Auffassung des IV. Senats teilt, wendet der I. Senat ein, dass im Falle einer kapitalistischen Betriebsaufspaltung (Kapitalgesellschaften sowohl als Besitz- als auch als Betriebsunternehmen) aufgrund des Trennungsprinzips und des damit zusammenhängenden Durchgriffsverbots eine mittelbare Beteiligung am Betriebsunternehmen nicht zu einer personellen Verflechtung führen könne. Im vorliegenden Fall jedoch stimmte der I. Senat dem IV. Senat zu und bejahte die Annahme einer personellen Verflechtung bei der mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft für Zwecke der Betriebsaufspaltung.
Die begehrte erweiterte Grundstückskürzung war daher zu versagen.
Das Urteil des BFH (IV. Senat) ist mit Vorsicht zu genießen. Auch wenn das Urteil auf den ersten Blick äußerst akademisch anmutet, hat es dennoch enorme Relevanz für die Praxis im Zusammenhang mit dem Bestehen von Betriebsaufspaltungen bei Beteiligung von Personengesellschaften. Im Ergebnis muss festgestellt werden, dass eine Personengesellschaft unabhängig von deren Gesellschafterstruktur ein Besitz- oder Betriebsunternehmen einer Betriebsaufspaltung sein kann, sodass im Besitzunternehmen – wie im entschiedenen Fall – keine erweiterte Grundstückskürzung vorgenommen werden kann. Wer die erweiterte Grundstückskürzung in Anspruch nehmen möchte, der muss künftig eine Vermietung des Grundbesitzes, wenn es sich nicht innerhalb der Gesellschafterstruktur vermeiden lässt, zwischen Schwesterkapitalgesellschaften implementieren, da insoweit keine Betriebsaufspaltung vorliegen kann (Einwand des I. Senats).
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