Vergleicht man die einschlägigen Urteile der letzten Monate, lässt sich derzeit eine Entwicklung in der Rechtsprechung beobachten, wonach Sachverhalte verstärkt zu Gunsten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien gewertet werden. Dies war in den vergangenen Jahren nicht selbstverständlich – verschiedene Urteile aus den Jahren 2024 und 2025 deuten nun einen Trend pro Energiewende an.
In der EEG-Novelle 2023 wurde erstmalig gesetzlich festgeschrieben, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im „überragenden öffentlichen Interesse“ liegen und der „öffentlichen Sicherheit“ dienen (§ 2 EEG). Dieses überragende öffentliche Interesse dürfte seither regelmäßig anderen öffentlich-rechtlichen Normen sowie privaten Rechten vorgehen. Dies zeigt sich nun auch in der jüngsten Rechtsprechung – zur Verdeutlichung dienen vier aktuelle Urteile:
1. BVerwG, Urteil vom 23.01.2025 – 7 C 4.24
Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Januar 2025 über die Genehmigung eines Unternehmens zum Betrieb dreier Windräder zu entscheiden. Die Besonderheit hierbei war, dass diese Windenergieanlagen in unmittelbarer Nähe zu einem bereits bestehenden Windpark installiert werden sollten. Die Genehmigung wurde von der zuständigen Behörde zwar erteilt, allerdings mit der einschränkenden Auflage, die Anlagen nachts nur in einem schallreduzierten Betriebsmodus laufen zu lassen, um Wohngebäude in der Nähe vor zu viel Lärm zu schützen.
Das Bundesverwaltungsgericht folgte hier überraschenderweise der Argumentation des Unternehmens, wonach die drei Windenergieanlagen isoliert zu betrachten seien und hob die Beschränkung der Genehmigung auf. Drei einzelne Anlagen seien nicht geeignet, ausreichenden Lärm zu verursachen, sodass Anwohner sich ausgerechnet von diesen Anlagen gestört fühlen könnten.
2. OVG Münster, Urteil vom 27.11.2024 – 10 A 2281/23; 10 A 1477/23
Das OVG Münster entschied im November 2024 in zwei Fällen (Düsseldorf und Siegen), dass die Installation von Photovoltaikanlagen grundsätzlich auch auf denkmalgeschützten Gebäuden zulässig ist. Dies hatte das OVG Lüneburg erst im Juni 2023 noch anders entschieden (Beschluss vom 08.06.2023 – 1 ME 15/23).
3. OVG Münster, Beschluss vom 26.09.2024 – 22 B 727/24.AK
In Nordrhein-Westfalen war im Sommer 2023 eine Vorschrift im dortigen Landesplanungsgesetz erlassen wurden, wonach die Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen für ein Jahr ausgesetzt werden dürfen, wenn die Regionalplanung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde.
Das Oberverwaltungsgericht in Münster gab nicht nur einem gegen die Aussetzung des Verfahrens gerichteten Eilantrag statt, sondern hielt auch die Norm insgesamt für offensichtlich rechtswidrig.
4. OVG Koblenz, Urteil vom 04.04.2024 – 1 A 10247/23. OVG
Im April 2024 fällte das Oberverwaltungsgericht Koblenz eine Entscheidung zu Gunsten von Kleinwindenergieanlagen. Entgegen der Ansicht eines Landkreises in Rheinland-Pfalz stellte das Gericht klar, dass auch sog. Kleinwindenergieanlagen, die nicht der öffentlichen Energieversorgung dienen, sondern lediglich die private Stromerzeugung decken soll, im Außenbereich als Vorhaben zur „Nutzung der Windenergie“ baurechtlich privilegiert und damit zulässig sind.
Fazit
Die Branche der Erneuerbaren Energien war in Vergangenheit und ist auch aktuell immer wieder Unsicherheiten ausgesetzt – durch wechselnde politische Vorgaben waren Investitions- und Planungssicherheit bisher kaum gegeben. Die aktuelle Entwicklung in der Rechtsprechung weckt jedoch den Eindruck, dass zumindest auf Ebene der Justiz zukünftig mit einer einheitlichen Linie gerechnet werden kann.
Wir beraten Sie gern rund um das Thema Erneuerbare Energien, insbesondere hinsichtlich Genehmigung, Errichtung und Betrieb von Wind- und Solarparks sowie zu der Verpachtung von Flächen für die genannten Vorhaben.
Sprechen Sie uns gern an!
Weitere Informationen zum Thema Erneuerbare Energie finden Sie hier:
Gebäudetyp E – innovativer Ansatz, aber auch praxistauglich?