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BFH stärkt Immobiliengesellschaften: Verkaufswelle im sechsten Jahr bleibt steuerbegünstigt

Der Bundesfinanzhof bestätigt: Auch bei einer Vielzahl von Objektverkäufen im sechsten Jahr kann die erweiterte Kürzung nach § 9 GewStG greifen – sofern keine Hinweise auf eine frühzeitige Verkaufsabsicht bestehen. Ein wichtiger Erfolg für vermögensverwaltende Immobiliengesellschaften und ein Dämpfer für die pauschale Anwendung der Drei-Objekt-Grenze.

10.06.2025
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht
I. Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Verfahren streiten die Beteiligten über die gewerbesteuerliche Behandlung von Grundstücksveräußerungen durch die A GmbH in den Erhebungszeiträumen 2011 und 2013. Konkret war zu beurteilen, ob die A GmbH infolge der im Jahr 2013 erfolgten Veräußerung von 13 Immobilienobjekten einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat, was im Ergebnis den Ausschluss von der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zur Folge hätte.

Die A GmbH hatte die betreffenden Grundstücke im Jahr 2007 erworben und hielt sie über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren im Anlagevermögen. Erst im Jahr 2013 wurden 13 Objekte verkauft, weitere zwei folgten im Jahr 2015. Die Gesellschaft hatte zuvor ausschließlich eine vermögensverwaltende Tätigkeit in Form der Vermietung und Verpachtung ausgeübt. Die Finanzverwaltung erkannte die erweiterte Kürzung nach einer Betriebsprüfung nicht an, da sie einen gewerblichen Grundstückshandel unterstellte. Die daraufhin ergangenen geänderten Gewerbesteuermessbescheide für die Streitjahre wurden im Klageweg angegriffen.

II. Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Finanzamts gegen das stattgebende Urteil des Finanzgerichts Münster (Urteil vom 26. April 2023 – 13 K 3367/20 G) als unbegründet zurück. Nach Auffassung des BFH liegt im Streitfall kein gewerblicher Grundstückshandel vor. Die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG seien erfüllt.

Zwar wurde mit der Veräußerung von mehr als drei Objekten die sog. Drei-Objekt-Grenze überschritten, allerdings erfolgten sämtliche Veräußerungen erstmalig nach Ablauf eines mehr als fünfjährigen Zeitraums seit dem Erwerb. Damit fehle es an dem für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Erwerb und Verkauf. Die innerhalb der ersten fünf Jahre unterlassene Veräußerung oder Vorbereitungshandlungen spreche gegen eine bereits bei Erwerb bestehende, zumindest bedingte Veräußerungsabsicht. Die Grundstücke stellen somit bereits keine so genannten Zählobjekte dar. Auf die Anzahl der verkauften Objekte kam es daher gar nicht mehr an.

Zu den weiteren wesentlichen Umständen zähle der Tod des Geschäftsführers C im Jahr 2012. Dieser Einschnitt in die Unternehmensstruktur stelle ein außerordentliches Ereignis dar, das Auswirkungen auf die Unternehmensentscheidungen hatte. Der verbliebene Geschäftsführer B übernahm die alleinige Geschäftsführung. Auch daraus ergebe sich kein Hinweis auf eine schon beim Erwerb bestehende Verkaufsabsicht, sondern vielmehr auf eine erst nachgelagerte Entscheidung zur Veräußerung im Rahmen einer geänderten Geschäftsführung und möglicherweise veränderter wirtschaftlicher Gegebenheiten.

Der BFH stellt klar, dass die Drei-Objekt-Grenze zwar eine wichtige Indizwirkung entfaltet, jedoch keine unwiderlegbare Vermutung darstellt. Vielmehr sei stets eine einzelfallbezogene Gesamtwürdigung erforderlich. Das Finanzgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass im konkreten Fall keine weiteren objektiven Umstände für eine von Anfang an bestehende Verkaufsabsicht erkennbar seien.

Zu beachten ist aber, dass der BFH nicht per se die Anwendung der Drei-Objekt-Grenze für Immobilien, die länger als fünf Jahre gehalten worden sind, verneint. In dem Urteil kann man aber auch erkennen, dass der BFH einen Unterschied sieht, ob die Objekte innerhalb von fünf Jahren oder außerhalb von fünf Jahren veräußert werden. Während bei Verkäufen innerhalb von fünf Jahren durch das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze eine bedingte Veräußerungsabsicht indiziert wird und damit ein Grundstückshandel vorliegt, müssen bei Verkäufen außerhalb des Fünfjahreszeitraums (und im besonderen Maße bei erstmaligem Verkauf danach) neben dem Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze ausdrücklich weitere Beweisanzeichen hinzutreten, um einen von Anfang an vorliegenden Grundstückshandel annehmen zu können.

III. Fazit

Die Entscheidung des BFH verdeutlicht, dass bei erstmaligen Grundstücksveräußerungen außerhalb des regulären Fünfjahreszeitraums nicht ohne Weiteres auf einen gewerblichen Grundstückshandel geschlossen werden kann. Die Indizwirkung der Drei-Objekt-Grenze greift in solchen Fällen nicht automatisch. Für Kapitalgesellschaften bleibt die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch bei einer Vielzahl von Verkäufen im sechsten Jahr erhalten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine frühzeitige Veräußerungsabsicht vorliegen. Die Entscheidung stärkt damit die Rechtsposition vermögensverwaltender Immobiliengesellschaften.

Weitere Informationen zum Thema gewerbesteuerlicher Grundstückshandel finden Sie hier:

FG Münster – Veräußerung des letzten Grundstücks kann unschädlich für die erweiterte Kürzung sein

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Certified Tax Compliance Officer, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.), Zertifizierter Berater für die Immobilienbesteuerung und Immobilienverwaltung (IFU / ISM gGmbH)

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