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FG Münster – Veräußerung des letzten Grundstücks kann unschädlich für die erweiterte Kürzung sein

Das Finanzgericht (FG) Münster hat mit seinem Urteil vom 27. Oktober 2022 (10 K 3572/18 G) entschieden, dass eine bloße vermögensverwaltende Tätigkeit nach Veräußerung des letzten Grundstücks durch eine GmbH unschädlich für die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG sein kann.

04.04.2023
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht
Sachverhalt

Klägerin war eine in der Immobilienbranche tätige GmbH, welche drei Immobilienobjekte veräußerte. Das letzte Grundstück sollte mit der Kaufpreiszahlung am „Beginn des 31. Dezember 2016“ an den Käufer übergehen. Der Käufer zahlte den Kaufpreis jedoch bereits zum 15. Dezember des betreffenden Jahres, wodurch sich ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 177.737,00 ergab.

Das Finanzamt stellte den Gewerbesteuermessbetrag anschließend inklusive des oben genannten Gewinns fest. Die GmbH war jedoch anderer Auffassung und legte Einspruch ein. Sie war der Ansicht, dass die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG zu berücksichtigen sei, wodurch sich ein Gewerbeertrag von EUR 0,00 ergebe. Der Einspruch blieb erfolglos.

Urteil des FG Münster

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes sieht das Finanzgericht Münster die Voraussetzung für die erweiterte Kürzung als erfüllt an. Die GmbH würde keinen gewerblichen Grundstückshandel betreiben, da sie im maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum nicht mehr als drei Objekte veräußert hat. Weiterhin war die GmbH nicht originär gewerblich tätig. Auch die Tatsache, dass die Klägerin das veräußerte Grundstück im Umlaufvermögen bilanziert hatte, änderte die Würdigung des Finanzgerichtes nicht.

Die Entscheidung des FG wird weiterhin mit der zeitlichen Zugehörigkeit begründet, denn der gesamte Gewerbeertrag sei auf die Verwaltung und Nutzung eines eigenen Grundstücks zurückzuführen. Nach Ansicht des FGs wurde das einzige und letzte verbliebene Grundstück erst mit Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert. In den 24 Stunden bis zum Jahresende hat die GmbH lediglich noch über ertraglose Forderungen in Form von zwei zinslosen Bankguthaben verfügt.

Die erweiterte Kürzung war demnach für den ausschließlich grundbesitzverwaltenden Gewerbebetrieb zu gewähren.

Revision zugelassen

Es bleibt abzuwarten, ob das Finanzamt den Fall beim Bundesfinanzhof anführt.

Hinweise für die Praxis

Die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), die Verwaltungsauffassung sowie die einschlägigen Literaturmeinungen vertreten die Auffassung, dass das Grundstücksunternehmen auch in zeitlicher Hinsicht seiner ausschließlichen Begünstigungstätigkeit (Verwaltung und Nutzung von Grundbesitz) durchgängig während des gesamten Erhebungszeitraums nachgehen muss. Eine Ausnahme machte der BFH bisher nur beim Verkauf zum 31. Dezember, 23:59 Uhr.

Ob die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung auch dann noch vorliegen, wenn das letzte Grundstück zeitlich entfernter vom Ende des Erhebungszeitraums veräußert wird, kann nicht abschließend beurteilt werden. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung sollte unseres Erachtens nicht von der gängigen Vorgehensweise abgewichen werden. Gegebenenfalls kann das Urteil des FGs aber bei einer möglichen Verteidigungsberatung herangezogen werden.

Sofern Sie ein Grundstück nicht mit Ablauf des Erhebungszeitraums verkaufen können, weil zum Beispiel der Erhebungszeitraum gerade begonnen hat, dann ist bei einer entsprechenden Vorgehensweise dennoch die Nutzung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages möglich. Falls wir Ihre Neugier geweckt haben, sprechen Sie uns an.

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