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Endspurt für diverse Gesetzesnovellen

Der Reformwille des Gesetzgebers im Rahmen der Steuergesetzgebung nimmt noch einmal Fahrt auf und die vereinbarten steuerlichen Maßnahmen werden von der Großen Koalition mit Hochdruck abgearbeitet.

Im Laufe des Jahres wurden bereits zahlreiche Gesetze auf den Weg gebracht, deren Beratungen nun abgeschlossen sind oder deren Abschluss unmittelbar bevorsteht.

Über folgende steuerliche Reformvorhaben hatten wir in den vergangenen Monaten berichtet:

Im Nachfolgenden möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick über den Stand der einzelnen Gesetzgebungsverfahren geben:

Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Der Bundestag hat am 14. November 2019 die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021 beschlossen. Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, wie er von der FDP-Fraktion und AfD-Fraktion gefordert wurde, erreichte bei der Diskussion im Bundestag keine Mehrheit. Der Bundesrat hat der Gesetzesnovelle am 29. November 2019 zugestimmt.

Wir weisen darauf hin, dass vor dem Finanzgericht Nürnberg (FG Nürnberg) bereits eine Klage anhängig ist, welche sich gegen die Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2021 richtet (Az. 3 K 1098/19). Ein Ehepaar aus Bayern will so die Abschaffung bereits ab 2020 erreichen. Im Übrigen verweisen wir auf unseren Newsbeitrag vom 28. August 2019.

Reform der Grunderwerbsteuer

Die Reform der Grunderwerbsteuer wird weiterhin im Rahmen eines eigenständigen Gesetzgebungsverfahrens erfolgen. Über wesentliche Fortschritte können wir an dieser Stelle nicht berichten. Wir verweisen daher auf unseren Newsbeitrag vom 28. Oktober 2019.

Reform der Grundsteuer

Dagegen wurde die Reform der Grundsteuer bereits am 8. November 2019 im Bundesrat beschlossen. Das geplante Gesetzespaket aus Grundgesetzänderung sowie Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechts kann damit wie geplant in Kraft treten. Die Übergangsphase läuft demnach bis zum 31. Dezember 2024. Ab 2025 erheben die Länder die Grundsteuer dann nach den neuen Regeln. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte unserem Newsbeitrag vom 25. Oktober 2019.

Umsetzung des Klimaschutzprogramms im Steuerrecht

Am 15. November 2019 hat der Bundestag für die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes gestimmt. Gleichzeitig wurden damit auch die ergänzenden Änderungen, wie etwa im Bereich des Steuerrechts, angenommen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. November 2019 jedoch mehrere, im Klimapaket vorgesehene Steueränderungen vorerst gestoppt. Das betrifft insbesondere die Erhöhung der Pendlerpauschale, die steuerliche Förderung für die Gebäudesanierung und die Steuersenkung für Bahntickets im Fernverkehr. Die Länderkammer beschloss einstimmig, den Vermittlungsausschuss anzurufen, in welchem Bundestag und Bundesrat nun nach Kompromissen suchen. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist daher in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten. Über die genauen steuerlichen Änderungen, wie sie vom Bundestag verabschiedet worden waren, informiert unser Newsbeitrag vom 28. Oktober 2019.

Einführung der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen

Am 7. November 2019 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen in erster Lesung beraten und an den Finanzausschuss überwiesen. Eine nationale Anzeigepflicht wird derzeit nicht mehr diskutiert. Der Gesetzesentwurf basiert auf einer Richtlinie der Europäischen Union (EU) und ist bis zum 31. Dezember 2019 in nationales Recht umzusetzen. Für weiterführende Informationen verweisen wir auf unseren Newsbeitrag vom 14. Oktober 2019.

Jahressteuergesetz 2019

Das Jahressteuergesetz 2019 wurde vom Bundestag am 7. November 2019 mit zahlreichen Änderungen und Ergänzungen angenommen. Über die Änderungen informieren wir in unserem Newsbeitrag vom 19. November 2019. Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner Sitzung am 29. November 2019 zugestimmt.

Darüber hinaus möchten wir Sie darauf hinweisen, dass die Große Koalition in ihrer Halbzeitbilanz darauf hingewiesen hat, dass die seitens der Wirtschaft erneut angemahnte und aus Sicht der Unternehmen notwendige Reform der Unternehmensbesteuerung weiterhin nicht auf der Agenda der Regierungsparteien zu finden sein wird, sodass tiefgreifende Änderungen, insbesondere im Bereich des Körperschaftsteuerrechts, in naher Zukunft wohl nicht zu erwarten sind.

Allerdings hat der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier zwischenzeitlich am 15. November 2019 mitgeteilt, dass er eine Unternehmenssteuerreform weiter vorantreiben will mit dem Ziel, die Steuerbelastung auf einbehaltene Unternehmensgewinne auf 25 % zu senken. Dafür hat er seine Vorschläge konkretisiert und die folgenden vier Kernelemente benannt:

  • Verbesserungen und Entlastungen bei der Thesaurierungsbesteuerung von Personenunternehmen sowie ein Optionsmodell zur Körperschaftsbesteuerung;
  • Gewerbesteueranrechnung;
  • Absenkung des Körperschaftsteuersatzes;
  • Schrittweise Abschaffung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.

Für detaillierte Informationen verweisen wir auf unseren Newsbeitrag vom 25. November 2019.

Forschungszulagengesetz

Der Bundestag hat am 7. November 2019 das Forschungszulagengesetz (FZulG) beschlossen.

Die begünstigten Vorhaben im Bereich Forschung und Entwicklung werden in einem eigenständigen Nebengesetz geregelt und lassen sich durch die nachfolgenden fünf Kriterien bestimmen. Die FuE-Tätigkeit muss:

  • auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse abzielen (Neuartigkeit),
  • auf originären, nicht offensichtlichen Konzepten und Hypothesen beruhen, damit schöpferisch sein,
  • in Bezug auf das Ergebnis ungewiss sein,
  • einem Plan folgend und budgetiert sein (Systematik),
  • zu Ergebnissen führen, die reproduziert werden können (Übertragbarkeit/Reproduzierbarkeit).

Förderfähig sollen die dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslöhne für direkt beschäftigte Arbeitnehmer sowie die Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG sein. Leistungen eines Einzelunternehmers oder Gesellschafters einer Personengesellschaft sind ebenfalls förderfähig.

Die förderfähigen Aufwendungen müssen vom Arbeitnehmer nach dem 31. Dezember 2019 bezogen werden.

Der Bundesrat hat dem FZulG am 29. November 2019 zugestimmt. Im Übrigen verweisen wir auf unseren Newsbeitrag vom 22. Mai 2019.

Bürokratieentlastungsgesetz III

Der Bundesrat hat am 8. November 2019 dem Bürokratieentlastungsgesetz III zugestimmt.

Wir verweisen hierzu auf unseren Newsbeitrag vom 29. November 2019.

Darüber hinaus stehen folgende weitere Gesetzespakete zur Debatte:

EU-DBA-Streitbeteiligungsgesetz

Am 10. Oktober 2017 hatte die Europäische Union (EU) die Richtlinie (EU) 2017/1852 des Rates über Verfahren zur Beteiligung von Besteuerungsstreitigkeiten in der EU (Streitbeilegungsrichtlinie, SBRL) erlassen, die neben den bereits vorhandenen Verständigungs- und Schiedsverfahren, unter anderem nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), eine weitere Möglichkeit zur Beseitigung einer Doppelbesteuerung vorsieht, in dem Doppelbesteuerungsstreitigkeiten im Rahmen eines neuen Verfahrens beigelegt werden können.

Mit dem EU-DBA-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG) soll die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) datiert vom 16. April 2019. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt seit dem 15. Mai 2019 vor. Am 14. November 2019 hat der Bundestag den Gesetzentwurf verabschiedet.

Der Gesetzentwurf orientiert sich weitestgehend an den Vorgaben der Richtlinie und weicht lediglich leicht vom Aufbau der Richtlinie ab. Zuständige Behörde ist das BMF, welches wiederum das BZSt mit der Wahrnehmung der Aufgaben nach dem EU-DBA-SBG beauftragt. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten auch zur Benennung eines zuständigen Gerichts. Dieses wird das für das BZSt örtliche zuständige Finanzgericht Köln (FG Köln) sein.

Das Streitbeilegungsverfahren nach dem EU-DBA-SBG hat grundsätzlich Vorrang gegenüber den Verfahren nach DBA oder dem EU-Schiedsübereinkommen. Die zuständige Behörde hat grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten über die Beschwerde zu entscheiden (Zulassung oder Zurückweisung). Die konkrete Streitfrage soll dann innerhalb von zwei Jahren gelöst werden.

Das Umsetzungsgesetz soll rückwirkend zum 1. Juli 2019 Anwendung finden, da die Umsetzungsfrist der Richtlinie bis zum 30. Juni 2019 nicht eingehalten werden konnte. Da es sich um ein Gesetz mit Wirkung zu Gunsten der Steuerpflichtigen handelt, ist eine Rückwirkung grundsätzlich unproblematisch.

Gesetz zur Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance-Directives I und II (ATAD I und II)

Mit Datum vom 12. Juli 2016 hatte die EU die Richtlinie (EU) 2016/1164 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes (ATAD I-Richtlinie) erlassen. Ergänzend hierzu wurde am 29. Mai 2017 die Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bezüglich hybrider Gestaltungen mit Drittländern (ATAD II-Richtlinie) beschlossen.

Der Großteil der Regelungen von ATAD I gilt seit dem 1. Januar 2019. ATAD II ist grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2019 bzw. 2020 umzusetzen. Die Richtlinien sollen für eine einheitliche Anwendung der Ergebnisse des BEPS-Projektes auf EU-Ebene sorgen.

Seiner Umsetzungspflicht zum 31. Dezember 2018 für ATAD I kam Deutschland bisher nicht nach. Allerdings bestehen in Deutschland bereits teilweise Regelungen, welche nach ATAD I umzusetzen sind (Zinsschrankenregelung, Wegzugsbesteuerung, Hinzurechnungsbesteuerung etc.), sodass der Umsetzungsbedarf deutlich geringer ausfällt als in anderen europäischen Staaten. Jedoch weichen die aktuell bestehenden Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG teils erheblich von den in ATAD I vorgesehenen Regelungen ab. Insbesondere der Katalog jener Einkünfte, die der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen, entspricht nicht vollständig dem § 8 AStG, wodurch künftige Änderungen des AStG notwendig werden. Auch die Grenze der Niedrigbesteuerung wird stark diskutiert. Nach ATAD I wäre eine Senkung bis auf 7,5 % möglich; in Deutschland wäre jedoch die Senkung auf einen Körperschaftsteuersatz von 15 % wahrscheinlicher.

Der Umsetzungsbedarf für ATAD II ist in Deutschland wesentlich größer. Ziel der Richtlinie ist es, doppelte Betriebsausgabenabzüge und steuerliche Abzüge von Aufwand bei Nichtberücksichtigung von Einkünften zu verhindern, sodass jeweils einer der betroffenen Mitgliedstaaten den Betriebsausgabenabzug zu verweigern hat. Auch für doppelansässige Gesellschaften sieht ATAD II eine Missbrauchsvermeidung vor. Die Doppelansässigkeit soll nach ATAD II nicht anerkannt werden, sofern sie zu einem doppelten Abzug der Betriebsausgaben führt. Der aktuell bestehende § 4i EStG zielt im Grunde auf diese Missbrauchsvermeidung ab; es ist jedoch anzunehmen, dass § 4i EStG nicht ausreichen wird, um die Anforderungen von ATAD II zu erfüllen. Inwieweit Anpassungen durch den deutschen Gesetzgeber vorgenommen werden, bleibt abzuwarten.

Reform Gemeinnützigkeitsrechts

Eine Reformierung des Gemeinnützigkeitsrechtes steht schon seit geraumer Zeit auf der Agenda der Bundesregierung. Ein entsprechendes Reformvorhaben wurde wohl auch schon eingeleitet, aber im Sommer 2019 vorerst auf Eis gelegt.

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2019 hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme wesentliche Änderungen des Gemeinnützigkeitsrecht vorgeschlagen. Die Änderungen sollten insbesondere betreffen:

  • Anhebung diverser Freibeträge und Freigrenzen;
  • Änderungen in § 57 AO (Unmittelbarkeit der Zweckverfolgung);
  • Änderungen in § 58 AO (Mittelweiterleitung).

In der Annahme des Jahressteuergesetzes am 7. November 2019 durch den Bundestag waren die obengenannten Änderungen allerdings nicht enthalten. Die Bundesregierung plant einen entsprechenden Regierungsentwurf zu Reformbedarfen im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht vorzulegen. Zu welchem Zeitpunkt die Vorlage erfolgen soll, hat die Bundesregierung offengelassen. Wir werden Sie an dieser Stelle über weitere Entwicklungen auf dem Laufenden halten.

Für Fragen zu den einzelnen Gesetzesvorhaben sowie deren Auswirkungen stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.

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