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Update: Neue Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Klageerhebung ohne Nutzung des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs

Mit Beschluss vom 23. Juni 2025 hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine wegweisende Entscheidung zur Nutzungspflicht des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) getroffen. Ein früherer Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2023 wurde dabei aufgehoben.

24.07.2025
Beratung für Steuerberater und Rechtsanwälte
Einordnung

Mit dem aktuellen Beschluss reagiert das BVerfG auf Unsicherheiten, die im Zuge der Einführung des beSt entstanden sind. Die Entscheidung schafft Klarheit für Fälle, in denen der Zugang zum beSt zwar gesetzlich vorgesehen, zum maßgeblichen Zeitpunkt jedoch praktisch nicht nutzbar war.

Hintergrund

Im Ausgangsverfahren hatte eine Steuerberaterin ihre Klage per Post eingereicht, da ihr das beSt mangels rechtzeitiger Zustellung der Registrierungsdaten noch nicht zur Verfügung stand. In einem Begleitschreiben wies sie ausdrücklich darauf hin, dass ihr die Pflicht zur elektronischen Klageerhebung bekannt sei und sie das beSt nutzen wolle, dies aber aufgrund des fehlenden Registrierungsbriefs nicht möglich sei.

Sowohl das Finanzgericht als auch der BFH wiesen die Klage als unzulässig ab. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Steuerberaterin die Möglichkeit zur beschleunigten Registrierung über das sogenannte „Fast Lane“-Verfahren nicht genutzt habe, obwohl dieses bis Ende Januar 2023 ausdrücklich als freiwillig bezeichnet worden war.

Bereits in einem früheren Newsbeitrag von uns hatten wir über die damalige FG- und BFH-Entscheidung berichtet. Diese ist durch den aktuellen Beschluss des BVerfG nun überholt.

Entscheidung des BVerfG vom 23. Juni 2025

Das BVerfG hat die Entscheidungen des Finanzgerichts und des BFH aufgehoben und den Fall zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Gründe der Entscheidung

  • Verletzung des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG):

Nach Ansicht des BVerfG hat das Finanzgericht die Anforderungen an die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand überspannt. Die besondere Übergangssituation zu Beginn des Jahres 2023 – insbesondere die noch nicht flächendeckend abgeschlossene Freischaltung des beSt – sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Auch die Tatsache, dass die „Fast Lane“-Option zur schnelleren Registrierung ausdrücklich als freiwillig gekennzeichnet war, spreche gegen eine Pflicht zur Nutzung dieses Verfahrens.

  • Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG):

Zudem stellte das BVerfG fest, dass der BFH das rechtliche Gehör verletzt habe. Der zentrale Vortrag der Beschwerdeführerin, wonach das Finanzgericht ihr Begleitschreiben zur Klage falsch interpretiert habe, wurde im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht aufgegriffen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Argument – das für den Ausgang des Verfahrens wesentlich war – wäre jedoch zwingend erforderlich gewesen.

Ausblick

Für die Vergangenheit ist das Urteil zu begrüßen. Da nunmehr eingereichte Klagen wieder zulässig sind.

Für zukünftige Verfahren gilt: Die Nutzung des beSt ist nun verpflichtend. Steuerberater müssen sicherstellen, dass der Zugang zum Postfach eingerichtet ist, da eine Klageerhebung auf anderem Wege nicht zulässig ist.

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