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Reformvorschläge der Europäischen Kommission bei grenzüberschreitenden Umwandlungen und der Digitalisierung von Firmengründungen

Die Europäische Kommission (EU-Kommission) plant eine Modernisierung des europäischen Gesellschaftsrechts. So sollen grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge vereinheitlicht und mit strengen Schutzklauseln versehen sowie Unternehmensgründungen durch Digitalisierung europaweit vereinfacht werden. Dazu hat die Kommission am 25. April 2018 zwei Richtlinienentwürfe vorgestellt.

11.06.2018

Die Zielvorstellung ist dabei, einen Umzug oder eine Reorganisation von Unternehmen im EU-Binnenmarkt rechtlich sicherer, einfacher und kostengünstiger zu ermöglichen.

Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die Vorschläge der EU-Kommission zur Reform des Gesellschaftsrechts innerhalb der Europäischen Union (EU):

Vereinheitlichung grenzüberschreitender Umwandlungsvorgänge innerhalb der EU

Mit dem Vorschlag der Kommission soll es Unternehmen in der EU ermöglicht werden, vertragliche Beziehungen und Rechtspersönlichkeiten auch im Falle grenzüberschreitender Formwechsel sowie bei der grenzüberschreitenden Spaltung beizubehalten. Gleichzeitig sollen die bereits bestehenden Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung aktualisiert und vereinfacht werden.

Die Möglichkeit des grenzüberschreitenden Formwechsels hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits mit seiner Grundsatzentscheidung vom 12. Juli 2012 (Az. C-378/10, VALE) als von der Niederlassungsfreiheit gedeckt angesehen. Demnach habe ein Mitgliedstaat, der in seinem innerstaatlichen Recht die Möglichkeit des Formwechsels zulasse, auch Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, sich in eine Gesellschaft nach dem Recht des aufnehmenden Staates umzuwandeln. Diese Auffassung hat der EuGH mit seiner Entscheidung vom 25. Oktober 2017 (Az. C-106/16, Polbud) bestätigt. Da die Mitgliedstaaten bisher über keine einheitlichen Regeln zum grenzüberschreitenden Formwechsel verfügen, soll nun für Kapitalgesellschaften die Möglichkeit geschaffen werden, unter Beibehaltung ihrer Rechtspersönlichkeit und ohne Herbeiführung einer Liquidation die Gesellschaftsform eines anderen Mitgliedstaates anzunehmen. In Deutschland betrifft dies die AG, die GmbH sowie die KGaA.

Auch im Bereich der internationalen Spaltung hat der überwiegende Teil der Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, mit Verweis auf fehlende europäische Harmonisierungsregeln bisher von nationalen Vorschriften über grenzüberschreitende Spaltungen abgesehen. Eine grenzüberschreitende Aufspaltung soll jedoch nunmehr unter Wahrung der Arbeitnehmer- und Gläubigerrechte ermöglicht werden.

Die Reformvorschläge beinhalten zudem Missbrauchsvermeidungsvorschriften. So sollen grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge untersagt werden, sofern die Umwandlungen auf künstliche Konstrukte abzielen, deren Ziel es ist, unbillige Steuervorteile zu erlangen oder gesetzliche, vertragliche oder Rechte von Beschäftigten, Gläubigern oder Minderheitsaktionären zu unterlaufen. Die Prüfung soll durch einen unabhängigen Sachverständigen erfolgen. Der abgebende Mitgliedstaat hat dabei die Rechtmäßigkeit der grenzüberschreitenden Transaktion zu beurteilen. Der aufnehmende Staat prüft seinerseits die Einhaltung der nationalen (Gründungs-)Vorschriften.

Die grenzüberschreitende Verschmelzung soll durch die neuen Regeln und den Verzicht auf verschiedene Form- und Prüfungserfordernisse deutlich vereinfacht und damit verfahrenstechnisch gestrafft werden.

Digitalisierung von Firmengründungen

Die Kommission plant weiterhin mit ihrem Reformvorschlag die vollständige Digitalisierung des Datenaustausches zwischen dem Unternehmen und den jeweiligen Registern im Fall der Eintragung bei Gründung und der Eintragung von veröffentlichungspflichtigen Änderungen. Damit soll die physische Anwesenheit beim Notar entfallen, sofern die Gefahr von Missbräuchen ausgeschlossen ist. Zusätzlich werden Behörden künftig verschiedene Informationen abrufen können, um Missbräuchen vorzubeugen.

Ausblick

Die Neuregelungen sollen in die bereits bestehende EU-Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (EU 2017/1132) aufgenommen werden. Die Vorschläge der EU-Kommission werden nun in einem formalen Gesetzgebungsverfahren vor dem EU-Parlament diskutiert. Die Kommission schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten nach Abschluss des Verfahrens die Regelungen innerhalb einer Frist von 24 Monaten (in Teilen auch 60 Monaten) in nationales Recht umsetzen. Die Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, werden sich dabei insbesondere im Bereich der Digitalisierung von Firmengründungen technisch umorientieren müssen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden.

Wir werden das Verfahren weiterhin für Sie beobachten und Sie über neue Entwicklungen an dieser Stelle informieren.

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