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Digitaler Test zur Auswahl von BerwerberInnen genügt dem Transparenzgebot nicht

Im Rahmen von Bewerbungsverfahren für öffentliche Ämter ist die Entscheidung gem. Art. 33 Abs. 2 GG nur anhand der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des Bewerbers oder der Bewerberin zu treffen. Die Entscheidung muss aufgrund des in Art. 33 Abs. 2 verankerten Transparenzgebots zudem für alle Beteiligten nachvollziehbar sein. Diese Nachvollziehbarkeit hat das VG Karlsruhe nun bei der BerwerberInnenauswahl anhand eines computergestützten „Selbsteinschätzungstests“ verneint (Urteil v. 29.07.2025 – 12 K 3606/24).

15.10.2025
Verwaltungsrecht

Im vom VG Karlsruhe (Urteil v. 29.07.2025 – 12 K 3606/24) zu entscheidenden Fall ging es um ein Bewerbungsverfahren für den Polizeivollzugsdienst. Der Kläger hatte sich im digitalen Bewerberportal einer Polizeihochschule beworben. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens wurde er zu einer digitalen Selbsteinschätzung aufgefordert, in der ihm 58 Fragen über die eigene Befähigung gestellt wurden. Diese Fragen sollte er beantworten, indem er sich selbst Punkte mit einem stufenlos einstellbaren Schieberegler gab. Da er in mehreren Bewertungskategorien die erforderliche Punktzahl nicht erreichte, wurde seine Bewerbung abgelehnt. Dagegen legte er Rechtsmittel ein und beanstandete die unzureichende Begründung. Es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern die Antworten seines digitalen „Selbsteinschätzungstests“ Einfluss auf die Ablehnung seiner Bewerbung gehabt hatten.

Das zuständige VG Karlsruhe kam im Urteil zu dem Schluss, dass eine Verletzung des Art. 33 Abs.2 GG gegeben sei. Dies begründete das Gericht damit, das Art. 33 Abs. 2 GG den BewerberInnen auf öffentliche Ämter nicht nur einen Anspruch auf eine allein leistungsorientierte Beurteilung gebe, sondern auch eine Pflicht zur schriftlichen Niederlegung der Auswahlerwägungen begründe, da nur so die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Auswahlentscheidung durch die BewerberInnen und die Gerichte sichergestellt werde.

Diese Dokumentationspflicht sah das Gericht vorliegend als verletzt an, da zum einen die Fragen der Selbsteinschätzung und die mittels Positionierung des Schiebereglers durch den Bewerber gegebenen Antworten auf diese Fragen nicht dokumentiert worden waren und zum anderen, da die erwarteten Normwerte der Regler, die anhand von Referenzgruppen des jeweiligen Leistungsniveaus ermittelt wurden, nicht hinterlegt und auch nicht begründet worden waren.

Jedenfalls das Fehlen einer dokumentierten Begründung der Festlegung der Normwerte in der geschehenen Art und Weise sei auch nicht mehr heilbar, so das VG Karlsruhe. Es sei somit nicht nachvollziehbar, ob die zugrunde gelegten Normwerte im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG an verfassungsgemäßen Kriterien orientiert waren.

Deshalb erklärte das VG Karlsruhe das hier auf Grundlage des digitalen „Selbsteinschätzungstests“ durchgeführte Auswahlverfahren für verfassungswidrig und begründete seine Entscheidung mit dem Verstoß gegen das in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltene Leistungsprinzip und gegen das Transparenzgebot.

Weitere Informationen zum Thema öffentliches Dienstrecht finden Sie hier: Ist die Personalgestellung eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung?

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