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14.07.2021
Das BAG hatte sich nun mit dieser Frage auseinanderzusetzen und insbesondere zu klären, ob es sich bei Personalgestellungen um unzulässige Arbeitnehmerüberlassungen handelt.
Die Pressemitteilung zum Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Juni 2021, Az. 6 AZR 390/20 (A) finden Sie hier.
Die beklagte Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus. Sie besitzt keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für kommunale Arbeitgeber geltenden Fassung Anwendung.
Im Jahr 2018 gliederte die Beklagte mehrere Arbeitsbereiche im Rahmen eines Betriebsteilübergangs (§ 613 a BGB) aus. Der hiervon betroffene Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die neu gegründete Service-Gesellschaft mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fortbestand. Im Rahmen der Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD erbrachte der Kläger auf Verlangen der Arbeitgeberin seine Arbeitsleistung gleichwohl bei der neuen Gesellschaft.
Mit seiner Klage vertritt der Kläger die Auffassung, dass die Personalgestellung im Sinne von § 4 Abs. 3 TVöD gegen Unionsrecht verstößt und somit eine auf Dauer angelegte und daher rechtswidrige Arbeitnehmerüberlassung darstellt.
Die beiden Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Der Kläger legte Revision ein.
Das Bundesarbeitsgericht hat keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern das sog. Vorabentscheidungsverfahren eingeleitet und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ersucht, zu den folgenden Fragen Stellung zu beziehen:
Im Ergebnis will das Bundesarbeitsgericht daher geklärt wissen, ob die Personalgestellung mit dem Unionsrecht zu vereinbaren ist.
Auch wenn bis zur Entscheidung des EuGHs noch einige Zeit vergehen wird, ist die höchstrichterliche Klärung dieser Fragen zu begrüßen. Seit langem bestehen Bedenken, ob die Personalgestellung mit Unionsrecht im Einklang steht oder nicht doch eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung darstellt. Das überwiegende Schrifttum (vgl. Schüren, AÜG § 1 Rn. 698) geht von einem Verstoß gegen die Arbeitnehmerüberlassungs-Richtlinie aus, da bei der Personalgestellung Arbeitnehmer dauerhaft einem anderen Arbeitgeber überlassen werden. Dies verstößt gegen die Richtlinienvorgabe, dass Arbeitnehmerüberlassungen nur vorübergehend erfolgen dürfen. Dagegen spricht wiederum, dass die Arbeitnehmerüberlassungs-Richtlinie nach dem Wortlaut nur Anwendung findet auf Arbeitnehmer, die mit einem Leiharbeitsunternehmen einen Arbeitsvertrag geschlossen haben.
Aus diesem Grund ist auch bis zur abschließenden Klärung dieser wesentlichen Fragen durch den EuGH bzw. durch das BAG bei der Durchführung von Personalgestellungen, insbesondere vor dem Hintergrund der durch das AÜG drohenden Sanktionen einer verdeckten Arbeitnehmerüberlassung, Vorsicht geboten.
Liegt eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung vor, so wird u. a. kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zwischen dem (Leih-)Arbeitnehmer und dem Dritten fingiert (§§ 9, 10 AÜG). Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der Personalgestellungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten wäre dann unwirksam. Darüber hinaus sieht das AÜG diverse Ordnungswidrigkeits- und Straftatbestände vor.
Sollten der EuGH und unter diesem folgend das BAG die Bereichsausnahme des § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG als rechtswidrig ansehen, bleibt für die Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L praktisch kein Raum mehr.
Die Entscheidungen dürfen daher mit Spannung erwartet werden. Wir werden Sie selbstverständlich darüber unterrichten.
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