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COVID 19 – Was das Krankenhausentlastungsgesetz für Krankenhäuser bedeutet

Durch das COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz erhalten die Krankenhäuser zusätzliche finanzielle Mittel. Aber wie werden sie berechnet? Welche Zeiträume sind maßgeblich? Gibt es eine rückwirkende Förderung? Und müssen rechtmäßig erlangte Fördermittel möglicherweise zurückgezahlt werden, wenn sich die Verhältnisse ändern?

01.04.2020

Vor wenigen Tagen haben Bundestag und Bundesrat Unterstützungsmaßnahmen für Krankenhäuser beschlossen. Im Wesentlichen geht es um einen Ausgleich für entgangene Umsätze, für zusätzlich geschaffene Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeiten und einen pauschalen Ausgleich von Preis- und Mengensteigerungen infolge des neuartigen Corona-Virus. Hierüber wurde ausführlich berichtet. Wir haben das Gesetz ausgewertet und analysiert, was die Regelungen bedeuten, wo ihre Grenzen liegen und welche Möglichkeiten sie bieten.

Ausgleich für entfallende Eingriffe

Gemäß § 21 Abs. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Fassung des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes sollen die Krankenhäuser einen Ausgleich für verschobene oder ausgesetzte planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe erhalten.

§ 21 KHG

(1) Soweit zugelassene Krankenhäuser zur Erhöhung der Bettenkapazitäten für die Versorgung von Patientinnen und Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert sind, planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschieben oder aussetzen, erhalten sie für die Ausfälle der Einnahmen, die seit dem 16. März 2020 dadurch entstehen, dass Betten nicht so belegt werden können, wie es vor dem Auftreten der SARS-CoV-2-Pandemie geplant war, Ausgleichszahlungen aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds.

(2) Die Krankenhäuser ermitteln die Höhe der Ausgleichszahlungen nach Absatz 1, indem sie täglich, erstmals für den 16. März 2020, von der Zahl der im Jahresdurchschnitt 2019 pro Tag voll- oder teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten (Referenzwert) die Zahl der am jeweiligen Tag stationär behandelten Patientinnen und Patienten abziehen. Sofern das Ergebnis größer als Null ist, ist dieses mit der tagesbezogenen Pauschale nach Absatz 3 zu multiplizieren. … Die Ermittlung nach Satz 1 ist letztmalig für den 30. September 2020 durchzuführen. Die Ausgleichszahlungen nach Satz 1 gehen nicht in den Gesamtbetrag oder die Erlösausgleiche nach dem Krankenhausentgeltgesetz oder der Bundespflegesatzverordnung ein.

(3) Die Höhe der tagesbezogenen Pauschale nach Absatz 2 Satz 2 beträgt 560 Euro.

a) Was sind „planbare“ Eingriffe? „Planbare“ Eingriffe sind offensichtlich etwas anderes als „geplante“ Eingriffe. Es sind daher nicht nur die Eingriffe auszugleichen, die tatsächlich geplant waren, sondern solche, die grundsätzlich planbar sind. Das sind alle, die keine Notfälle darstellen.

Wie ermittelt man aber die Zahl der planbaren Eingriffe, wenn sie gar nicht geplant wurden? Man greift auf die tatsächlichen Zahlen des Vorjahres zurück. Zur Ermittlung der verschobenen oder ausgefallenen Eingriffe ist gemäß § 21 Abs. 2 KHG der Vergleich mit dem Jahresdurchschnitt 2019 vorzunehmen. Es geht also nicht um die Zahlen aus dem jeweiligen Vorjahreszeitraum, z. B. einen bestimmten Tag im Monat März, sondern den Gesamtjahresdurchschnitt.

In diesen fließen sämtliche voll- und teilstationär behandelten Patientinnen und Patienten des Krankenhauses ein. Und das sind dann auch die Notfälle, also die nicht planbaren Eingriffe.

Dieser Durchschnittswert, der übrigens Zeiten starker und schwacher Auslastung im Laufe des Jahres 2019 gleichermaßen erfasst, bildet den Referenzwert.

b) Maßgeblich ist nicht die jeweils abgerechnete Leistung, sondern allein die Zahl der Patienten. Hiervon ist die Zahl der im Jahr 2020 tatsächlich stationär behandelten Patienten abzuziehen, dies aber taggenau. Es ist also für jeden einzelnen Tag des Jahres 2020 die Differenz zwischen den tatsächlich behandelten Patienten und dem Durchschnittswert des gesamten Jahres 2019 zu bilden. Auch hier kommt es nicht auf die Art der Behandlung an. Patienten mit teuren Behandlungen werden ebenso abgezogen wie Patienten mit einfachen Behandlungen. Es kommt auch nicht auf den Durchschnittswert der tatsächlichen Behandlungen an, sondern lediglich auf die Anzahl der Patienten.

Wenn, beispielsweise an Feiertagen, das Krankenhaus ohnehin gering ausgelastet ist und dies schon 2019 war, wird dennoch für 2020 ein Ausgleich für jeden Patienten gezahlt, der vom Durchschnitt des Jahres 2019 abweicht.

c) Die Berechnung erfolgt erstmals für den 16. März 2020, kann also auch rückwirkend geltend gemacht werden. Letztmalig ist eine Ausgleichzahlung für den 30. September 2020 vorgesehen.

d) Liegen die Patientenzahlen über dem Durchschnitt des Jahres 2019, hat dies keine Auswirkungen. Es hat lediglich zur Folge, dass für diese Tage kein Ausgleich gezahlt wird.

Das Krankenhaus ist aber nicht verpflichtet, für den Fall höherer Patientenzahlen seinerseits einen Ausgleich zu leisten oder empfangene Förderungen zurückzugewähren. Das bedeutet: Je mehr Eingriffe das Krankenhaus verschiebt, umso höher sind die Ausgleichszahlungen. Die Ausgleichszahlungen darf das Krankenhaus aber auch dann behalten, wenn es später in kurzer Zeit viele verschobene Behandlungen nachholt und dabei den Durchschnittswert für 2019 überschreitet.

e) Die empfangenen Leistungen bleiben beim Erlösausgleich nach Krankenhausentgeltgesetz und Bundespflegesatzverordnung unberücksichtigt.

f) Die Finanzierung erfolgt aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, die Abwicklung erfolgt über die jeweils zuständige Landesbehörde. Die Landesbehörde ist berechtigt, beim Gesundheitsfond Abschlagszahlungen anzufordern, sodass die Krankenhäuser nicht auf die endgültige Berechnung und Bearbeitung warten müssen

Ausgleich für die Schaffung zusätzlicher Behandlungskapazitäten

Die Krankenhäuser erhalten einen Ausgleich für die Schaffung zusätzlicher intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit. Wie bei allen anderen Fördermöglichkeiten aufgrund des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes sind auch hier nur zugelassene Krankenhäuser anspruchsberechtigt.

§ 21 KHG

(5) Zugelassene Krankenhäuser, die mit Genehmigung der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörden zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit durch Aufstellung von Betten schaffen oder durch Einbeziehung von Betten aus anderen Stationen vorhalten, erhalten für jedes bis zum 30. September 2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig einen Betrag in Höhe von 50 000 Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Die Krankenhäuser führen den sich für sie jeweils nach Satz 1 ergebenden Betrag gesondert als Teil der Meldung nach Absatz 2 Satz 3 auf. Das Bundesamt für Soziale Sicherung zahlt den Betrag nach Satz 1 als Teil der Zahlung nach Absatz 4 Satz 2.

a) Die Krankenhäuser erhalten für jedes bis zum 30. September 2020 aufgestellte oder vorgehaltene Bett einmalig ein Betrag von EUR 50.000,00 aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Förderfähig sind nicht nur neu aufgestellte, sondern auch umgewidmete Betten aus anderen Stationen.

b) Das Gesetz enthält keinen Stichtag für den Beginn der Förderung, sodass möglicherweise auch schon vor Beginn Inkrafttreten des Gesetzes neugeschaffene intensivmedizinische Behandlungskapazitäten jetzt noch gefördert werden können.

Zwar wird üblicherweise bei Förderungen davon ausgegangen, dass Maßnahmen, die vor Beginn des Förderanspruchs verwirklicht wurden, offensichtlich keiner Förderung bedürfen, sodass sie nicht förderfähig sind. Bei den Leistungen aufgrund des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes handelt es sich aber nicht um eine Förderung im engeren Sinne, sondern um einen Nachteilsausgleich. Der Nachteil durch zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten ist jedoch unabhängig vom Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten und es ist sicherlich nicht die Intention des Gesetzgebers, jene Krankenhäuser zu benachteiligen, die schnell auf die sich abzeichnende Notlage reagiert haben.

c) Vollkommen offen ist die Frage, wie lange die geförderten Betten als intensivmedizinische Behandlungskapazitäten vorgehalten werden müssen.

Die Möglichkeit der Förderung endet am 30. September 2020, dies ist aber nur der Zeitpunkt, an dem zum letzten Mal ein zusätzliches Bett gefördert wird.

Dieses Datum besagt weder, dass das geförderte Krankenhausbett danach wieder umgewidmet werden darf oder muss, noch, dass eine Umwidmung vor dem 30. September 2020 unzulässig ist.

Sofern die Epidemie beispielsweise im Sommer abflaut, ist es weder sinnvoll, intensivmedizinische Betten, die vielleicht anderweitig benötigt werden, ungenutzt vorzuhalten, noch kann es richtig sein, dass bei einer fortdauernden Epidemie ab dem 1. Oktober 2020 die Krankenhäuser die geförderten Betten wieder umwidmen und rückabwickeln dürfen.

d) Schließlich ist unklar, was mit dem Begriff „vorhalten“ gemeint ist. Müssen sie grundsätzlich frei bleiben, auch wenn sich kein Bedarf abzeichnet, oder dürfen sie vorübergehend auch für andere Zwecke genutzt werden, sofern sie bei Bedarf wieder schnell zur Verfügung stehen?

Pauschale Abgeltung für Preis- und Mengensteigerungen

Die Krankenhäuser erhalten gemäß § 21 Abs. 6 Krankenhausfinanzierungsgesetz eine pauschale Abgeltung für alle Preis- und Mengensteigerungen infolge des neuartigen Corona-Virus. Diese betrifft insbesondere die persönliche Schutzausrüstung.

§ 21 KHG

(6) Zur pauschalen Abgeltung von Preis- und Mengensteigerungen infolge des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2, insbesondere bei persönlichen Schutzausrüstungen, rechnen zugelassene Krankenhäuser für jeden Patienten und jede Patientin, der oder die zwischen dem 1. April 2020 und einschließlich dem 30. Juni 2020 zur voll- oder teilstationären Behandlung in das Krankenhaus aufgenommen wird, einen Zuschlag in Höhe von 50 Euro ab. Die Abrechnung des Zuschlags erfolgt gegenüber dem Patienten oder der Patientin oder ihren Kostenträgern.

a) Im Gegensatz zu den vorgenannten Förderungen, die aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert werden, wird der Zuschlag von EUR 50,00 unmittelbar dem Patienten oder dessen Kostenträgern in Rechnung gestellt.

Das bedeutet, dass in diese Kosten auch die Privatpatienten eingebunden sind, während die oben beschriebenen Maßnahmen aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden. Für privat versicherte Patienten stellt sich allerdings die Frage, ob ihre Versicherung diese Kosten erstattet, weil es im engeren Sinne keine Kosten für Heilbehandlung sind.

b) Wichtig ist, dass das Gesetz nicht zwischen COVID-19-Patienten und anderen Patienten unterscheidet. Es ist auch nicht erforderlich, dass eine COVID-19-spezifische Behandlung erfolgt, insbesondere ist weder eine intensivmedizinische noch eine künstliche Beatmung erforderlich. Der Zuschlag wird vielmehr allen Patienten in Rechnung gestellt.

c) Die Krankenhäuser dürfen EUR 50,00 für jeden voll- oder teilstationär aufgenommenen Patienten abrechnen. Dabei kommt es nur auf die Kopfzahl der Patienten, nicht auf die Dauer und die Art der Behandlung an.

Unklar ist, ob der Zuschlag mehrfach berechnet werden darf, wenn ein Patient – möglicherweise auch auf Grund verschiedener Erkrankungen – wiederholt aufgenommen wird.

d) Zu beachten ist, dass der Zuschlag nur bei einer Krankenhausaufnahme zwischen dem 1. April und dem 30. Juni 2020 erhoben werden darf. Es kommt auf die Aufnahme an und nicht darauf, ob sich die Behandlung bis in den beschriebenen Zeitraum erstreckt. Für Patienten, die bereits jetzt im Krankenhaus sind, kann daher kein Zuschlag berechnet werden.

Es ist zu beachten, dass dieser Zeitraum von den oben genannten Zeiträumen für den Nachteilsaugleich bei verschobenen oder ausgesetzten Behandlungen und für die Förderung von Intensivbetten abweicht.

Kürzere Zahlungsfristen

Zur Sicherung der Liquidität der Krankenhäuser sieht § 330 SGB V vor, dass die bis zum 31. Dezember 2020 – auch dieser Zeitraum weicht von den oben beschriebenen Zeitpunkten ab – erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen innerhalb von fünf Tagen von den Krankenkassen zu bezahlen sind.

Es kommt also darauf an, dass die Leistungen bis zum 31. Dezember 2020 nicht nur erbracht, sondern auch abgerechnet wurden. Leistungen des Jahres 2020, die erst 2021 abgerechnet werden, sind also nicht privilegiert.

Weiter handelt es sich hier um eine Sondervorschrift innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung. Für Privatpatienten ändert sich die Fälligkeit nicht.

Wir freuen uns über Ihre Fragen und Ihre Erfahrungen mit dem neuen COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz und beraten Sie gern.

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Partnerin, Steuerberaterin, Fachberaterin für das Gesundheitswesen (DStV e. V.)

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