Eine baurechtliche Beseitigungsverfügung wird in der Praxis häufig mit einer Anordnung zur sofortigen Vollziehung ergänzt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Beschluss aus dem letzten Jahr deutlich gemacht, dass so ein „pauschal angeordneter Sofortvollzug“ in der Regel einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhält, weil ein Sofortvollzug nur im Ausnahmefall ergehen kann.
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss (BayVGH, Beschluss vom 11.3.2024 – 15 CS 24.116) über die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs bei einer Beseitigungsverfügung entschieden, die gegen einen ohne Baugenehmigung errichteten Pavillon, der die Abstandsflächen nicht einhielt, erlassen wurde. Das erstinstanzliche Verwaltungsgericht hielt die Anordnung aufrecht. Der BayVGH schloss sich dem Verwaltungsgericht an, formulierte dabei aber auch abstrakt die Voraussetzungen, wann eine solche Anordnung rechtmäßig sein kann.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist bei baulichen Beseitigungsverfügungen danach im Detail begründungsbedürftig.
Begründungsfähig ist der Sofortvollzug nach der Rechtsprechung praktisch aller Oberverwaltungsgerichte nur in Ausnahmefällen. Zunächst ist Voraussetzung, dass die Anordnung nach § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO überhaupt begründet wurde. Inhaltlich werden hier keine zu großen Anforderungen formuliert, es wird jedoch verlangt, dass die Behörde sich mit den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls auseinandersetzt. Weiter muss eine oberflächliche (summarische) Prüfung ergeben, dass das Bauvorhaben aller Wahrscheinlichkeit nach rechtswidrig ist.
Aus der mutmaßlichen Rechtswidrigkeit des Baus folgt jedoch noch keine Rechtmäßigkeit einer sofortigen Vollziehung. Denn nach der Rechtsprechung müssen für ein deutlich überwiegendes öffentliches Interesse an der Beseitigung noch weitere Anforderungen hinzutreten. Dies wird damit begründet, dass durch eine Abrissverfügung regelmäßig „Fakten geschaffen“ werden und so ein irreversibler Grundrechtseingriff entsteht. Selten ist der Abriss eines Gebäudes so eilig, dass ein solcher Eingriff im Rahmen eines Sofortvollzugs gerechtfertigt wäre.
Es gibt zwei etablierte Fallgruppen für die Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs: 1. wenn die betreffende bauliche Anlage ohne Substanzverlust beseitigt werden kann oder 2. wenn von der Anlage eine derart starke negative Vorbildwirkung ausgeht, dass sie nicht länger hingenommen werden kann (Siehe hierzu auch OVG Sachsen Anhalt, Beschluss vom 29.9.2021 – 2 M 64/21). Im Fall des BayVGH aus 2024 hatte die die Anordnung des Sofortvollzuges Bestand, denn der Pavillon konnte ohne Substanzverlust abgebaut werden.
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