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Umsatzsteuer – Umfang einer unternehmerischen Betätigung einer Gemeinde (FG)

Das FG Baden-Württemberg hat sich im Urteil vom 18. Oktober 2018 (Az. 1 K 1458/18) mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit eine Gemeinde Unternehmerin mit Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist, wenn sie Leistungen an ihre Kurgäste ausführt.

17.12.2018

Zum Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Gemeinde und betreibt unter anderem einen Kurpark, ein Kurhaus und sonstige Anlagen und Wege. Diese Einrichtungen waren in den Streitjahren 2009 bis 2012 für jedermann frei zugänglich. Kommunalrechtlich war die Kurverwaltung ein Eigenbetrieb und körperschaftsteuerlich ein Betrieb gewerblicher Art. Die Klägerin erklärte in ihren Umsatzsteuererklärungen umsatzsteuerpflichtige Umsätze (Kurtaxe) und Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr. Das beklagte Finanzamt kürzte die Vorsteuerbeträge. Die Klägerin sei als Unternehmerin nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ein Vorsteuerabzug sei unter anderem nicht zulässig aus Rechnungen im Zusammenhang mit Loipen, Wander- und sonstigen Sportpfaden und -anlagen, Gärtnerei, Bauhof, Hundekotbeutel, Hundestationen, Abfallbehälter, Eventtagen, verkaufsoffenen Sonntagen, dem Park und Pavillon.

Entscheidung des FG

Das Finanzgericht differenzierte in seiner jetzt ergangenen Entscheidung nach der Art der Betätigung unter Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall.

Die Klägerin ist Unternehmerin mit Vorsteuerabzug, soweit sie ein Kurhaus für Restaurations- und Veranstaltungszwecke Dritten entgeltlich überlässt.

Die Klägerin ist hingegen keine Unternehmerin, soweit sie Leistungen an ihre Kurgäste unentgeltlich ausführt. Loipen, Wander- und sonstige Sportpfade und –anlagen, Hundestationen, Parkanlagen sowie Bereiche des Kurhauses, wie z.B. Lesesaal, Bibliothek und Toiletten sind frei und unentgeltlich zugänglich. Die Benutzung der kommunalen Einrichtungen sei öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Die Höhe der Kurtaxe orientiere sich nicht an der Nutzung der kommunalen Infrastruktur und auch nicht an den Investitionen in diese. Es fehle somit an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Aufwendungen für Errichtung, Unterhaltung und Betrieb der Anlagen und einer wirtschaftlichen Tätigkeit „Kurbetrieb“. Die öffentlichen Einrichtungen seien dem Allgemeingebrauch gewidmet gewesen. Eventtage, Radtouren und verkaufsoffene Sonntage hätten allgemeinen Zwecken, wie der „Verbesserung der Lebensqualität der Einwohner und der Förderung des Einzelhandels“, gedient.

Der „Betrieb der Kureinrichtungen“ erfolge daher nicht gegen Kurtaxe. Er sei daher keine unternehmerische Tätigkeit und ein Vorsteuerabzug insoweit ausgeschlossen, erläuterte das FG.

Praxishinweis

Das FG Baden-Württemberg folgt damit den bereits mit Urteil vom 24. Juli 2013 vom Finanzgericht München (Az. 3 K 3274/10) aufgestellten Grundsätzen, dass eine unternehmerische Tätigkeit und eine damit im Zusammenhang stehende Vorsteuerabzugsberechtigung nicht gegeben ist, wenn die Nutzung öffentlicher Einrichtungen einer Gemeinde im Rahmen des Gemeingebrauchs und nicht über eine darüberhinausgehende Sondernutzung erfolgt.

Es machte zudem einmal mehr deutlich, dass der BgA-Begriff im Umsatzsteuerrecht obsolet geworden ist. Denn die Finanzgerichtsbarkeit legt § 2 Abs. 3 UStG (BgA-Regelung) richtlinienkonform aus. Gerade bei größeren Investitionen kann dies für den Steuerpflichtigen Vor-, aber auch Nachteile haben.

Sollten Sie in naher Zukunft größere Investitionen planen oder Fragen zu dem Thema haben, sprechen Sie uns gerne an.

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Senior Associate, Steuerberater, Certified Tax Compliance Officer

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