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Kommunale Beteiligung – Was ist zu beachten? Die unterschätzte Trias Abwägungsgutachten, Kammereinbeziehung und Rechtsaufsicht im Fokus

Krankenhaus, Stadtentwicklung, Stromversorgung oder Abwasserbeseitigung, der bunte Strauß kommunaler Tätigkeitsfelder unterliegt derzeit vielfältigen Veränderungen. Vorschriften wie z. B. die Klärschlammverordnung oder das Messstellenbetriebsgesetz verschärfen die bisherigen einschlägigen materiellen Anforderungen an die Aufgabenerfüllung teils deutlich. Für die Umsetzung sind konkrete Fristen vorgegeben, deren Einhaltung zeitnahen Handlungsbedarf voraussetzt. Aber was ist eigentlich zu tun?

27.08.2018

Die betroffene Kommune hat zunächst zu prüfen, ob die eigenen Kapazitäten, Ressourcen und Möglichkeiten ausreichen, um die materiellen Anforderungen im jeweiligen Tätigkeitsgebiet erfüllen zu können. Das Ergebnis ist häufig ernüchternd: Die Realisierung aus eigener Kraft ist keine Option. Hingegen bieten Kooperationen mit gleichermaßen Betroffenen zur gemeinsamen Umsetzung der jeweiligen Vorgaben eine gute Perspektive. Anders als in der freien Wirtschaft erschöpft sich der Handlungsbedarf jedoch nicht in Gesprächen und der Erarbeitung von Gestaltungsvarianten. Wollen Kommunen sich unternehmerisch betätigen und kooperieren, d.h. Unternehmen gründen oder sich an solchen beteiligen, unterliegen sie einem weitreichenden „Korsett“ einzuhaltender Vorgaben. Gesellschafts-, Kommunal-, Vergabe-, Fördermittel- und Steuerrecht sind unter anderem ausschlaggebend für die Zulässigkeit der Zusammenarbeit und die Rechtsformwahl. Die inhaltliche Gestaltung sowie die einzuhaltenden Abläufe führen zu einer einzukalkulierenden deutlich längeren Zeitschiene bis zum operativen Start.

Von zentraler Bedeutung für die Gründung eines Unternehmens und/oder Beteiligung einer Kommune an einem Unternehmen sind die Vorschriften der §§ 94a ff. der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO). Sie setzen die Erstellung eines Abwägungsgutachtens über die Zulässigkeit einer unternehmerischen Betätigung und die Rechtsform der beabsichtigten Kooperation vor einer Entscheidung des Stadt- bzw. Gemeinderates voraus, die vorherige Einbeziehung der jeweilig betroffenen berufsständischen Kammern und regelmäßig auch die Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde. Inzwischen ist dies durch die novellierten und bis spätestens 31.12.2017 umzusetzen gewesenen Vorgaben des Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalrechts grundsätzlich für alle Beteiligungsebenen obligatorisch (siehe zur Anpassungspflicht von Gesellschaftsverträgen eureos newsletter April 2017). Erstaunlich ist die dennoch häufig anzutreffende Verwunderung über die Notwendigkeit der vorgenannten Trias, vor allem in den unteren Beteiligungsebenen. Schließlich werden gern auch der damit einhergehende Aufwand sowie die Bedeutung für die Realisierung des Projektes verkannt. Bürgermeister betroffener Kommunen sind jedoch gut beraten, sich zu ihrer eigenen Entlastung an die diesbezüglichen Vorgaben zu halten, die andernfalls zu „begleichende Rechnung“ dürfte eindeutig das schmerzlichere Übel sein.

Indes nehmen auch die berufsständischen Kammern ihre Einbeziehung inzwischen sehr ernst. Sie setzen sich teils detailliert mit dem geplanten Projekt auseinander. Kritisch fokussiert werden vor allem die Auswirkungen auf den Wettbewerb. Ihre Stellungnahme ist in ihren Folgewirkungen nicht zu unterschätzen – die Nichtbeachtung entfaltet zwar keine unmittelbare Rechtswirkung. Allerdings erwarten die sich damit befassenden Gremien (Stadt- bzw. Gemeinderat, ggf. Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat) eine Erläuterung. Außerdem wird sich die Rechtsaufsichtsbehörde sodann eingehend mit den Argumenten auseinandersetzen. Die Rechtsaufsichtsbehörde aber muss der Umsetzung des Projektes zustimmen. Deshalb ist es entscheidend, ein sorgfältig vor- und aufbereitetes Abwägungsgutachten erstellen zu lassen.

Die zweistufige Prüfung zur Zulässigkeit der unternehmerischen Tätigkeit als solcher und zur Rechtsform setzt eine genaue Kenntnis des jeweiligen Tätigkeitsfeldes und der Marktgegebenheiten voraus. Ein idealerweise schon vorher erstelltes Unternehmenskonzept einschließlich Finanz- und Wirtschaftsplanung sind unumgänglich. Gleichermaßen ist zu der bevorzugten Lösung ein Vertragsentwurf zu fertigen. Schließlich besteht die Kunst darin, die Abwägung sowohl für den Stadt- bzw. Gemeinderat sowie ggf. für die Gesellschafterversammlung und den Aufsichtsrat verständlich zu halten, als auch die Ansprüche der Rechtsaufsichtsbehörde zu erfüllen.

Zusammenfassend ist daher eindringlich darauf hinzuweisen, bei einer beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit von Kommunen in allen Beteiligungsebenen den Vorgaben der §§ 94a SächsGemO, insbesondere jedoch der Trias Abwägungsgutachten, Kammereinbeziehung und Rechtsaufsicht, die nötige Beachtung zu schenken und sich entsprechend qualifiziert beraten zu lassen.

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