Mit einer Änderung des Insolvenzaussetzungsgesetzes vom 22. Dezember 2020 wurde die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht um einen Monat bis zum 31. Januar 2021 verlängert. Diese Aussetzung gilt allerdings nur für Geschäftsführer solcher Unternehmen, die im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 31. Dezember 2020 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben.
1. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht auch bei tatsächlicher Antragsberechtigung für staatliche Hilfen
Soweit eine solche Antragstellung auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen zwar beabsichtigt, jedoch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich war, gilt die Aussetzung gleichfalls, wenn die Unternehmen nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen.
All dies soll allerdings nicht gelten, wenn die Antragstellung erfolgte, obgleich offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfsmittel bestand oder die Insolvenzreife trotz der staatlichen Hilfeleistung nicht beseitigt werden kann.
2. Medien: Verkürzte Wiedergabe – falsche rechtliche Einschätzung
Die in der Presse vielfach verkürzte Wiedergabe dieser Gesetzesänderung kann leicht zu einer falschen Einschätzung führen. Die Insolvenzantragspflicht war zuvor ohnehin nur auf den Insolvenzgrund der Überschuldung ausgesetzt worden. Diese Aussetzung ist zum 31. Dezember 2020 ausgelaufen.
Im Ergebnis griff die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mithin im Januar 2021 sowohl für die Antragsgründe der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit, jedoch nur noch in den Ausnahmefällen, in denen Unternehmen die staatliche Corona-Hilfen beantragt haben oder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Beantragung gehindert waren.
Da die Folgen einer Missachtung der Insolvenzantragspflicht nach §§ 15 a InsO, 42 Abs. 2 BGB gravierend sind (persönliche Haftung, Strafbarkeit), sollte ein Geschäftsführer einer Unternehmung, die sich in einer Krise befindet, also genau prüfen, ob die Aussetzung für ihn überhaupt beachtlich ist.
3. Modifikation des § 19 InsO
Modifiziert hat der Gesetzgeber durch die Gesetzesänderung vom 22. Dezember 2020 auch den § 19 InsO, also die Definition des Insolvenzgrundes der Überschuldung – allerdings nur bezogen auf das Jahr 2021. Vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 soll der bei der Überprüfung einer Überschuldung zur Anwendung zu bringende Prognosezeitraum nicht mehr 12 Monate, sondern nur noch 4 Monate betragen, wenn die Überschuldung auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Die Ursächlichkeit der Pandemie wird dabei vermutet, wenn bestimmte Kennziffern erfüllt sind.
Damit wird der Insolvenzgrund der Überschuldung weiter an praktischer Bedeutung verlieren.
4. Eigenverwaltungsverfahren
Zudem hat der Gesetzgeber auch zahlungsunfähigen Schuldnern unter bestimmten Voraussetzungen den Zugang zum Schutzschirmverfahren nach § 270 b InsO eröffnet, wenn der entsprechende Insolvenzantrag im Jahr 2021 (bis 31. Dezember 2021) gestellt wird.
5. Anwendung des Gesetzes in der Praxis
Insgesamt wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Folgen der COVID-19-Pandemie durch entsprechende Sonderregelungen auffangen bzw. abmildern will. Allerdings sind die Regelungen – nicht nur betreffend unterschiedlicher Zeiträume – so detailliert und auf Sondersituationen ausgerichtet, dass die richtige Anwendung für die Praxis nicht nur schwierig ist, sondern auch gravierende Risiken in sich birgt.
Wir unterstützen Sie gern bei der Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen auf Ihr Unternehmen und ihre Situation.
Den Volltext der Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes können Sie Art 10 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vom 22. Dezember 2020 entnehmen (S.3292-3294).
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