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Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Messestellplätzen zur Gewerbesteuer

Nach § 8 GewStG sind diverse Aufwendungen dem Gewerbeertrag teilweise wieder hinzuzurechnen, die den Gewinn aufgrund des Betriebsausgabenabzugs zuvor gemindert haben. Hierzu gehören unter anderem Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern (§ 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG). Besonders strittig ist hierbei die Hinzurechnung von Kosten eines Messestandes. Hierzu hat sich kürzlich das Finanzgericht Münster (FG Münster) mit Urteil vom 9. Juni 2020 (Az. 9 K 1816/18) geäußert.

21.08.2020

Konkret geht es bei der Hinzurechnung von Messekosten in der Regel um die Anmietung von Flächen und damit um die Hinzurechnung von einem Viertel aus der Hälfte der Aufwendungen für die Anmietung unbeweglicher Wirtschaftsgüter (einschließlich Leasingraten), sofern diese im Eigentum eines anderen stehen, bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe aller Hinzurechnungsbeträge einen Betrag in Höhe von EUR 100.000,00 übersteigt.

Die Anmietung von Messeflächen war bereits Bestandteil diverser Entscheidungen. Nachfolgend stellen wir Ihnen die verschiedenen Ansichten von Finanzverwaltung und Finanzgerichten überblicksmäßig dar:

Die Ansicht der Finanzverwaltung

Nach Ansicht der Finanzverwaltung unterliegen Messekosten für die kurzfristige Anmietung von Messeständen der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2. Juli 2012). Ausgenommen sind aus Vereinfachungsgründen lediglich die kurzfristige Anmietung von Hotelzimmern und PKW (gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 2. Juli 2012, Rz. 29b)

Die Ansicht der Finanzgerichtsbarkeit

Die Finanzgerichtsbarkeit tendiert, im Vergleich zur Auffassung der Finanzverwaltung, zu einer weniger fiskalfreundlichen, aber für Steuerpflichtige grundsätzlich erfreulicheren Auffassung:

Bundesfinanzhof (BFH)

Der BFH stellt grundsätzlich auf das Tatbestandsmerkmal des fiktionalen Anlagevermögens ab.

Mit Urteil vom 25. Oktober 2016 (Az. I R 57/15) hat der BFH die Hinzurechnung des Entgeltes für die Überlassung von Ausstellungsflächen in Messehallen verneint und damit das Urteil des vorinstanzlichen FG München (Urteil vom 8. Juni 2015, Az. 7 K 3250/12) aufgehoben. Als Begründung führte der BFH an, dass die Ausstellungsflächen nicht zum Anlagevermögen des Klägers, einem Vermittler von Messeflächen, gehörten, sofern dieser Eigentümer der Messeflächen wäre, da er diese nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen. Die Hinzurechnung setze voraus, dass sich jene Entgelte auf die Benutzung solcher unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beziehen, die im Eigentum eines anderen stehen (fiktionales Anlagevermögen). Die Finanzverwaltung hatte im Nachgang immer wieder betont, dass es sich hierbei um einen speziellen Einzelfall handele, der nicht auf andere Fälle übertragbar wäre (lediglich keine Hinzurechnung für Vermittler von Messeflächen, aber Hinzurechnung bei (End-) Ausstellern).

Mit Urteil vom 8. Dezember 2016 (Az. IV R 24/11) hat der BFH die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Flächen bei einem Konzertveranstalter bejaht, da dieser auf die Verfügbarkeit von Veranstaltungsimmobilien angewiesen sei und deshalb derartige Immobilien ständig für den Gebrauch im Betrieb vorhalten müsse.

Finanzgerichte (FG)

Auch die Finanzgerichte prüfen insbesondere das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des fiktionalen Anlagevermögens.

Mit Urteil vom 29. Januar 2019 (Az. 10 K 2717/17 G, Zerl) hat das FG Düsseldorf die Hinzurechnung von Messekosten für ein produzierendes Unternehmen abgelehnt. Als Begründung führte es an, dass der Geschäftszweck der klagenden GmbH im Streitfall nicht erfordere, an Messen teilzunehmen und ein entsprechendes Wirtschaftsgut ständig vorzuhalten. Eine Nichtteilnahme an der Messe, die im vorliegenden Fall ohnehin nur alle drei Jahre stattfindet, würde die gewerbliche Tätigkeit der GmbH nicht beeinflussen. Das FG Düsseldorf betonte ausdrücklich, dass die Auffassung der Finanzverwaltung, dass das BFH-Urteil vom 25. Oktober 2016 nur auf den Einzelfall eines Vermittlers von Messeflächen anwendbar wäre, aus dem BFH-Urteil nicht abzuleiten wäre. Die Revision wurde zugelassen und ist unter dem Az. III R 15/19 beim BFH anhängig.

Auch im kürzlich ergangenen Urteil des FG Münster vom 9. Juni 2020 (Az. 9 K 1816/18 G) wurde die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Messekosten bei einer GmbH, die selbst Produkte herstellt, diese durch ein bestehendes Händlernetz vertreibt und auf turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen anmietet, um ihre Produkte vorzustellen, verneint. Das FG Münster sah in den angemieteten Messestellplätzen kein fiktionales Anlagevermögen. Darüber hinaus müsse die klagende GmbH für ihren Geschäftsbetrieb Messeflächen nicht permanent vorhalten, da sie ihre Produkte über ein Händlernetz vertreibt, dessen Mitglieder teilweise auf den Messen anwesend waren. Die Revision wurde zugelassen; aktuell ist beim BFH eine Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Az. III B 83/20 anhängig.

Empfehlung

Im Fall der Hinzurechnung von Messekosten durch das Finanzamt im Rahmen der Veranlagung oder einer Betriebsprüfung sollte mit Verweis auf die oben genannten Entscheidungen und weiterhin anhängigen Verfahren unbedingt Einspruch eingelegt werden, sofern die angemieteten Messeflächen kein fiktionales Anlagevermögen darstellen.

Gern unterstützen wir Sie bei der Prüfung von Messekosten sowie im Rahmen der Führung von Rechtsbehelfsverfahren. Bitte sprechen Sie uns an!

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Senior Associate, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.)

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