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Gewerbesteuer bei doppelstöckigen Personengesellschaften: BFH schafft Klarheit

Der Bundesfinanzhof hat in zwei aktuellen Urteilen entschieden, dass Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Oberpersonengesellschaften vollständig der Gewerbesteuer unterliegen – selbst wenn stille Reserven in steuerbegünstigten Untergesellschaften bestehen. Damit setzt der BFH einen entscheidenden Maßstab für die gewerbesteuerliche Behandlung von Konzernstrukturen und signalisiert: Gestaltungsspielräume werden enger gefasst.

15.07.2025
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht
1. Sachverhalt

In zwei Verfahren hatte der Bundesfinanzhof (BFH) über die gewerbesteuerliche Behandlung von Gewinnen bei sogenannten doppelstöckigen Personengesellschaften zu entscheiden. Diese Struktur besteht aus einer Personengesellschaft als Obergesellschaft, die Beteiligungen an weiteren Personengesellschaften (Untergesellschaften) hält.

Im ersten Fall (Az. IV R 9/23) wurde ein Anteil an der Obergesellschaft verkauft. Der daraus erzielte Gewinn wurde teilweise auf stille Reserven der Untergesellschaften zurückgeführt. Im zweiten Fall (Az. IV R 40/22) entstand ein Einbringungsgewinn I nach § 22 Abs. 1 UmwStG im Zuge einer Konzernumstrukturierung. Auch hier machte die Klägerin geltend, dass ein Teil des Gewinns auf steuerbegünstigte Untergesellschaften entfalle – etwa auf Krankenhäuser, die nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG von der Gewerbesteuer befreit sind.

In beiden Fällen wurde argumentiert, der Gewinn müsse zumindest anteilig von der Gewerbesteuer ausgenommen werden. Die Finanzverwaltung hingegen behandelte den Gewinn jeweils vollständig als gewerbesteuerpflichtig auf Ebene der Obergesellschaft – eine Auffassung, die der BFH nun bestätigt hat.

2. Entscheidung

Mit den Urteilen vom 8. Mai 2025 (Az. IV R 9/23 und IV R 40/22) hat der BFH die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung gestützt und die Klagen abgewiesen. Die Kernaussagen der Entscheidungen lauten:

  • Einheitlicher Veräußerungsvorgang (§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG): Der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Oberpersonengesellschaft ist in vollem Umfang dieser Gesellschaft zuzurechnen. Eine Aufteilung auf stille Reserven der Untergesellschaft(en) ist nicht zulässig – unabhängig davon, ob dort begünstigte Tätigkeiten ausgeübt wurden. Es handelt sich um einen einheitlichen Vorgang auf der Ebene der Obergesellschaft.
  • Keine Kürzung des Gewerbeertrags (§ 9 Nr. 2 und Nr. 3 Satz 2 GewStG): Auch wenn der Gewinn mittelbar auf privilegierte wirtschaftliche Tätigkeiten – wie etwa den Betrieb von Krankenhäusern oder Handelsschiffen – zurückgeht, ist eine gewerbesteuerliche Kürzung ausgeschlossen. Entscheidend ist allein, dass der Gewinn originär auf der Ebene der Obergesellschaft entsteht.
  • Keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG: Die Steuerbefreiung für bestimmte gemeinnützige oder öffentliche Zwecke (z. Krankenhausbetrieb) wirkt nicht auf die Obergesellschaft durch. Maßgeblich ist, ob die Obergesellschaft selbst eine steuerbegünstigte Tätigkeit ausübt – was regelmäßig nicht der Fall ist.
  • Eingeschränkte Anwendung des Transparenzprinzips: Auch das bei Mitunternehmerschaften geltende Transparenzprinzip führt nicht dazu, dass der Gewinn auf die Untergesellschaften „durchgestockt“ und anteilig anders behandelt wird. Der BFH betont die Trennung der Besteuerungsebenen.
  • Sonderregelung bei atypisch stillen Gesellschaften (§ 14 Satz 3 GewStG): Bei einer unterjährigen Beendigung einer atypisch stillen Beteiligung ist der Gewerbeertrag auf zwei Erhebungszeiträume aufzuteilen – da steuerlich zwei unterschiedliche Gewerbebetriebe im Jahr bestanden haben.
3. Fazit

Mit den Urteilen IV R 9/23 und IV R 40/22 stellt der Bundesfinanzhof klar:
Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Oberpersonengesellschaft unterliegen vollständig der Gewerbesteuer auf deren Ebene – unabhängig davon, ob stille Reserven der Untergesellschaften betroffen sind oder diese steuerbegünstigte Tätigkeiten ausüben.

Die Entscheidungen schaffen Rechtssicherheit für steuerliche Gestaltungen in Konzern- und Beteiligungsstrukturen. Eine Entlastung über § 9 GewStG oder eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG ist ausschließlich auf die jeweils betroffene Gesellschaft beschränkt.

Für die Praxis bedeutet das:

Es gibt keine gewerbesteuerliche Entlastung „über die Hintertür“. Die Besteuerungsebenen sind klar zu trennen.

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