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13.11.2019
1. Gegenstand Geschäftsgeheimnisse
Mit Geschäftsgeheimnis werden bestimmte vertrauliche Informationen bezeichnet, die einen Wert für das Unternehmen haben. Solche Geheimnisse waren in Deutschland auch bisher als (kaufmännische) Geschäfts- und (technische) Betriebsgeheimnisse geschützt. Beispiele hierfür sind Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen, sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte und Knowhow.
Umfasst sind insbesondere Informationen, die nicht durch Urheberrecht, Marken- oder Patentrecht geschützt sind. Gründe für den fehlenden registerrechtlichen Schutz sind unterschiedlich: Manche Informationen sind (noch) nicht schutzfähig. Bei anderen sprechen strategische Gründe dagegen: Ein Unternehmensgeheimnis ist potentiell unbefristet (ein Patent hat grundsätzlich eine Laufzeit von 20 Jahren); es muss nicht offengelegt werden und es entstehen keine Kosten. Viele militärische Erfindungen werden aus diesem Grunde nicht patentiert, die geheime Rezeptur für Coca-Cola („merchandise 7X“) wäre schon lange nicht mehr durch Urheber- oder Patentrecht geschützt.
2. Bedeutung
Die wirtschaftliche Bedeutung von Geschäftsgeheimnissen ist enorm und nimmt zu: Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in den Branchen Software, Nahrungsmittel oder Chemie machen oft den wesentlichen Unternehmenswert aus. Im Rahmen der Entwicklung von der Industriegesellschaft zur „Informationsgesellschaft“ verlagert sich der wirtschaftliche Schwerpunkt immer stärker auf Daten und Software.
3. Was ist neu?
Der gesetzliche Schutz in Deutschland war bisher auf eine Vielzahl von Regelungen verteilt, u. a. auf die (strafrechtlichen) Regelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§§ 17 ff. UWG). Das neue Gesetz bringt demgegenüber Erschwerungen und Erleichterungen:
a) Schutzvoraussetzungen verschärft
Anders als bisher ist der Begriff des Geschäftsgeheimnisses jetzt legal definiert (unter Aufgabe der schon bisher irrelevanten Unterscheidung in Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse) als Information, die
Insbesondere das letztere Tatbestandsmerkmal ist neu. Ohne faktische Schutzmaßnahmen wird ein Geschäftsgeheimnis auch rechtlich nicht geschützt (vgl. unten zu den empfohlenen Maßnahmen).
b) Materielle und Prozessuale Regelungen betreffend zivilrechtliche Ansprüche
Die bisher auf verschiedene gesetzliche und richterrechtliche Grundlagen gestützten Ansprüche des Inhabers von Geschäftsgeheimnissen sind jetzt kodifiziert und den Ansprüchen bei Verletzung von Immaterialgüterrechten angeglichen worden, darunter
Es werden eigene Kammern bei Landgerichten für Geschäftsgeheimnis-Angelegenheiten mit bestimmten Verfahrensbesonderheiten zum Schutz der Vertraulichkeit eingerichtet.
c) Neue Ausnahmen vom Geheimnisschutz
Ausdrücklich vom Schutzumfang ausgenommen sind jetzt u. a. folgende Handlungen:
4. Was bleibt gleich?
Einige bisherige Grundsätze gelten weiterhin:
a) Arbeitnehmer: Nutzung von Geschäftsgeheimnissen verboten, Nutzung von Erfahrungswissen erlaubt
Entsprechend der bisherigen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung zu beurteilen ist die Nutzung von betrieblichen Informationen durch Arbeitnehmer:
Grenzen setzt hier nur ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das allerdings bei Arbeitnehmern die Wirksamkeitsvoraussetzungen der §§ 74 HGB einhalten muss; u. a. muss es schriftlich vereinbart werden, darf längstens für einen Zeitraum von 2 Jahren abgeschlossen werden und muss mit einer Karenzentschädigung verbunden sein.
b) Freie Mitarbeiter und sonstige Geschäftspartner: Grundsätzlich keine Beschränkung
Freie Mitarbeiter und sonstige Geschäftspartner sind dagegen grundsätzlich nicht daran gehindert, nicht nur Erfahrungswissen, sondern auch Geschäftsgeheimnisse zu nutzen, die sie rechtmäßig, d. h. (1.) ohne Verstoß gegen ein Handlungsverbot nach GeschGehG und (2.) ohne Verstoß gegen eine Vertraulichkeitsvereinbarung erlangt haben.
Umsichtiges Verhalten ist allerdings dennoch angebracht: Verboten ist auch ein Verhalten, „…das unter den jeweiligen Umständen nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheit entspricht“.
Soweit die Vertraulichkeitsvereinbarung auf ein Wettbewerbsverbot hinausläuft, muss sie den für solche geltenden Rahmen beachten:
c) Wer ein Geschäftsgeheimnis findet, darf es behalten
Es bleibt dabei, dass es kein geistiges Eigentum an Geschäftsgeheimnissen gibt; auch das GeschGehG gewährt nur Schutz gegen spezifische Angriffsformen, nämlich die unlautere Aneignung, Verwertung oder Offenlegung. Im Übrigen darf jeder ein Geschäftsgeheimnis nutzen, der rechtmäßig davon Kenntnis erlangt, es parallel entwickelt oder wenn es allgemein bekannt wird: „Hört das Geheimnis auf, so hört auch der Geheimnisschutz auf.“
5. Empfohlene Maßnahmen
Aus der neuen Definition eines Geschäftsgeheimnisses folgt die Notwendigkeit technisch-organisatorischer Maßnahmen:
a) Schutzkonzept
Ein Geschäftsgeheimnis genießt nur Schutz, wenn der Inhaber „entsprechende angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ trifft. Maßstab für die Angemessenheit der Maßnahmen sind dabei u. a. der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Information, die Bedeutung für das Unternehmen, die Größe des Unternehmens und die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen.
Praktische Beispiele lassen sich entsprechenden Regelungen im europäischen Ausland und den USA, in Deutschland dem für den öffentlichen Dienst geltenden Sicherheitsüberprüfungsgesetz und der auf dieser Grundlage erlassenen Verschlusssachenanweisung (VSA) entnehmen. Die Maßnahmen überschneiden sich mit Maßnahmen, die sich auch aus dem Datenschutzrecht, der IT-Sicherheit und dem Schutz des betrieblichen geistigen Eigentums ergeben, weshalb eine übergreifende Betrachtung unter Compliance-und IP-Management-Gesichtspunkten sinnvoll erscheint.
Voraussetzung für die Erarbeitung des Konzeptes ist zunächst die Identifizierung der Risiken, wofür sich folgende Schritte anbieten:
Folgende Maßnahmen können sich daraus ableiten:
b) Insbesondere Vertraulichkeitsvereinbarungen
Eine maßgebliche Rolle kommt dem Abschluss von Vertraulichkeitsvereinbarungen zu, da ein Verstoß gegen sie gesetzlich sanktioniert ist. Hierbei ist auf folgende Punkte zu achten:
Gerne sind wir bei der Erarbeitung der notwendigen Maßnahmen behilflich.