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BFH: Keine isolierte Anwendung von § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG bei Spaltungen

Bei der Aufspaltung von Kapitalgesellschaften oder der Abspaltung eines Teilbetriebs einer Kapitalgesellschaft und der damit zusammenhängenden Übertragung von Wirtschaftsgütern auf eine andere Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Anteilen ist hinsichtlich der übergehenden Wirtschaftsgüter grundsätzlich der gemeine Wert anzusetzen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Zur Vermeidung der damit zusammenhängenden Aufdeckung stiller Reserven können unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen auf Antrag die übergehenden Wirtschaftsgüter einheitlich mit dem Buchwert angesetzt werden.

14.01.2022

14.01.2022

Der Buchwertansatz ist jedoch wiederum unter bestimmten Umständen ausgeschlossen; unter anderem, wenn durch die Spaltung die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen werden (§ 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Hiervon ist aufgrund der gesetzlichen Vermutung nach § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG auszugehen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft (in der Regel abspaltender Rechtsträger oder aufnehmender Rechtsträger), die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit Urteil vom 11. August 2021, Az. I R 39/18 nun zu der (isolierten) Anwendbarkeit von § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG geäußert und entschieden, dass die Norm die Grundlage für die gesetzliche Vermutung des Satzes 4 bildet und keinen eigenständigen Ausschlussgrund für die Anwendung des Buchwertprivilegs bildet. Die Missbrauchsvermeidungsvorschrift besteht einheitlich aus den Sätzen 3 und 4.

Sachverhalt:

Klägerin war eine GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolgerin einer GmbH (GmbH 1), an welcher A und B jeweils hälftig als Kommanditisten beteiligt waren. GmbH 1 gliederte in 2004 einen Geschäftsbetrieb in eine KG aus, an der sie als Kommanditistin beteiligt war. Die Anteile an der KG legte sie gegen Gewährung von Anteilen in die GmbH 2 ein, an der GmbH 1 fortan beteiligt war. In 2007 wurden die Komplementär-GmbH (übertragender Rechtsträger) der KG und die GmbH 2 (aufnehmender Rechtsträger) verschmolzen. Das Vermögen der KG wuchs demzufolge der GmbH 2 zu.

Das Geschäft der zugewachsenen KG sollte in der Folge veräußert werden. Eine weitere KG (Käuferin) und die Muttergesellschaften der GmbH 1 vereinbarten daher den Kauf von Anteilen an einer noch zu gründenden Gesellschaft (GmbH 3), in welche die GmbH 1 das Geschäft der angewachsenen KG einzubringen hatte.

Mit steuerlicher Wirkung zum 31. Dezember 2007 wurde die 100 %-Beteiligung der GmbH 2 auf die neugegründete GmbH 3 abgespalten. Die Abspaltung erfolgte zu Buchwerten.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass aufgrund der Vereinbarungen im Vorfeld zu der Abspaltung des Teilbetriebs „GmbH 2“ die Voraussetzungen für eine Veräußerung geschaffen wurden und aufgrund § 15 Abs. 3 Satz 3 UmwStG der beantragte Buchwertansatz durch den Ansatz des gemeinen Wertes zu ersetzen wäre. Das vorinstanzliche Finanzgericht (FG) Hamburg stimmte der Auffassung des Finanzamtes zu.

Entscheidung des BFH:

Der BFH lehnt die Auffassung des Finanzamtes sowie des FG Hamburg ab. Der Ansatz der Buchwerte scheitere nicht durch die Verletzung der Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG, da die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG nicht vorlägen.

Der erkennende Senat argumentierte, dass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG lediglich die Grundlage für Satz 4 sein könne und es sich bei diesen Regelungen daher um eine einheitliche Missbrauchs­vermeidungsvorschrift handle. Dies sei dem Wortlaut zu entnehmen, wonach Satz 3 ohne Anwendung des Satzes 4 keinen eigenen Anwendungsbereich habe. Das systematische Argument, dass bei dieser Sichtweise Satz 3 überflüssig wäre, stehe dieser Ansicht nicht entgegen. Eine Spaltung schaffe immer die Voraussetzungen für eine getrennte Veräußerung von Anteilen, sodass § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG auch ohne eine tatsächliche Veräußerung oder bei Veräußerungen unterhalb der Wertgrenze des Satzes 4 erfüllt wäre. Die Entstehungsgeschichte und der Telos der Norm würden diese Sichtweise stärken, da die Norm dazu diene, missbräuchliche Gestaltungen zu unterbinden. Die Buchwertfortführung solle deshalb in den Fällen ausgeschlossen werden, in denen die Steuerpflicht der Veräußerung eines Teilbetriebs, eines Mitunternehmeranteils oder einer 100%igen Beteiligung dadurch umgangen wird, dass die Anteile der verbleibenden oder der aufnehmenden Körperschaft nach Abspaltung veräußert werden.

Der BFH kam daher zu dem Schluss, dass kein Fall des § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG vorlag, da gerade keine Anteile von einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft veräußert wurden und demnach § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG nicht anzuwenden sei. Bei der GmbH 3 handelt es sich lediglich um den abgespalteten Teilbetrieb.

Einschätzung und Ausblick:

Der BFH hat sich in vorgenanntem Urteil der überwiegenden Ansicht in der Literatur angeschlossen, wonach § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UmwStG einheitlich anzuwenden sind. Das Urteil ist daher zu begrüßen und berücksichtigt insbesondere die Intention des Gesetzgebers.

Damit unterbleibt eine Beschränkung des Anwendungsbereiches des § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UmwStG, sodass aus Sicht der Rechtsprechung keine Eingrenzungen in der Gestaltungsberatung zu erwarten sind.

In entsprechenden Fällen sollte daher mit Verweis auf das oben genannte Urteil Einspruch eingelegt werden.

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