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BAG: Die Aufteilung der maximalen Praktikumsdauer von drei Monaten in mehrere Zeitabschnitte ist zulässig - Keine Anwendbarkeit des MiLoG

Das Bundesarbeitsgericht hat über den Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn bei Orientierungspraktika für eine Berufsausbildung oder zum Beginn eines Studiums entschieden. Die Entscheidung eröffnet die Möglichkeit der flexiblen Gestaltung solcher Praktika.

12.03.2019

1. MiLoG und Praktikum

§ 22 II 2 Nr. 2 MiLoG: Praktikanten haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie ein Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es eine Dauer von drei Monaten nicht überschreitet.

2. Die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)

Das BAG entschied mit Urteil vom 30.01.2019 – 5 AZR 556/17 (Pressemitteilung): Das Praktikum kann aus Gründen in der Person des Praktikanten rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhängen und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.

a) Der Fall

Die klagende Praktikantin vereinbarte mit der Arbeitgeberin, der Betreiberin einer Reitanlage, die Ableistung eines dreimonatigen unbezahlten Praktikums, um festzustellen, ob für sie eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin in Betracht kommt. Das Praktikum begann am 06.10.2015. Etwa einen Monat nach dessen Beginn erkrankte die Klägerin einige Tage arbeitsunfähig. In der Zeit ab dem 20.12.2015 trat sie zunächst einen Weihnachtsurlaub an und vereinbarte am 26.12.2015 auf eigenen Wunsch mit der Beklagten, dass sie in der ersten Januarwoche bei anderen Reitanlagen Probearbeitstage absolvieren konnte und ihr Praktikum bei der Beklagten deshalb erst am 12.01.2016 fortsetzen werde. Das Praktikum endete am 26.01.2016.

Die Klägerin forderte von der beklagten Arbeitgeberin für die Zeit ihres Praktikums Vergütung gemäß dem gesetzlichen Mindestlohn i.H.v. EUR 5.491. Nach Ansicht der Klägerin sei das MiLoG anzuwenden, weil die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums überschritten sei. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht (LAG) wies sie ab.

b) Die Entscheidung

Ein Anspruch auf Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns besteht nicht. Es handele sich, so das BAG, um ein Orientierungspraktikum für eine Berufsbildung i.S.d. § 22 II 2 Nr. 2 MiLoG, welches die Höchstdauer von drei Monaten zusammengerechnet nicht überschritten habe. Das Praktikum könne unterbrochen und in Zeitabschnitten geleistet werden, wenn die Praktikantin/der Praktikant für die Unterbrechung persönliche Gründe habe und zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehe. Solche Gründe liegen in der Arbeitsunfähigkeit und der Unterbrechung auf eigenen Wunsch an Weihnachten und zur Ableistung der Probearbeitstage bei anderen Reitanlagen.

Das vorentscheidende LAG hatte sich zudem dafür ausgesprochen, bzgl. der Aufteilung des Praktikums in zeitliche Abschnitte eine vorherige Absprache der Parteien zu fordern. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass im Nachhinein bei Überschreitung des Dreimonatszeitraums versucht werden könnte, die Überschreitung durch nichtgenutzte Tage zu korrigieren. Zudem seien Überschreitungen so besser nachprüfbar und Rechtsunsicherheiten würden vermieden. Das LAG musste diese Frage letztlich nicht entscheiden, weil Klägerin und Beklagte eine vorherige Absprache getroffen hatten. Die Begründung des BAG zur Entscheidung liegt noch nicht vor.

3. Empfehlung für die Praxis:

Die Entscheidung eröffnet die Möglichkeit der flexiblen Gestaltung von Orientierungspraktika. Unklar bleibt noch, welche Anforderungen an den sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zu stellen sind und welche Bedeutung das BAG einer vorherigen Absprache beimisst. Ob die Urteilsgründe darüber Aufschluss geben, bleibt abzuwarten. Zu empfehlen ist, eine Absprache vor der Unterbrechung zu treffen und zu dokumentieren.

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