Ist über das Vermögen eines Geschäftspartners einmal das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so ist häufig nicht klar, auf welche Weise die Verluste durch diese Insolvenz möglichst gering gehalten werden können. Das gilt selbst dann, wenn man sich explizit für den Fall der Insolvenz dieses Gläubigers eine Sicherheit hat bestellen lassen.
Sachverhalt – Sicherungsübereignung eines finanzierten Gegenstandes
Ein Darlehensgeber, bei dem der spätere Insolvenzschuldner zur Finanzierung einer Maschine vor Insolvenzeröffnung ein Darlehen aufgenommen hatte, hatte sich zur Sicherung seines Rückzahlungsanspruchs die finanzierte Maschine sicherungshalber übereignen lassen.
Als der Schuldner insolvent geworden war, stellte er selbst einen Insolvenzantrag und beantragte die Eigenverwaltung. Dementsprechend wurde das eröffnete Insolvenzverfahren zunächst als Eigenverwaltungsverfahren geführt, sodass der Schuldner seine Verwaltungs- und Verfügungsmacht behielt und ein Sachwalter bestellt wurde. Im Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts hieß es wie üblich, dass die Insolvenzgläubiger aufgefordert werden, ihre Insolvenzforderungen anzumelden und unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen in Anspruch nehmen.
Unabhängig davon erklärte der Sachwalter in einem Schreiben mit Zustimmung des Schuldners, dass der Darlehensgeber die Maschine abholen könne. Der Darlehensgeber, der zunächst die Darlehensforderung unter Beschränkung auf den Ausfall angemeldet hatte, sah daraufhin seine Verwertungschancen als recht gering an und entschloss sich, dem Sachwalter mitzuteilen, dass er sein Absonderungsrecht – aufgrund der Sicherungsübereignung – aufgebe und nur die persönliche Forderung geltend machen werde. Diese Information erging an den Sachwalter, der Schuldner erhielt keine Kenntnis von dieser Mitteilung.
Die Verwertung der Maschine erfolgte dann doch anders als vom Darlehensgeber gedacht: Der Darlehensgeber nahm die Angelegenheit selbst in die Hand. Dementsprechend wurde die Maschine im Auftrag und für Rechnung des Darlehensgebers für einen Preis von ca. 32.000 Euro veräußert. Der Darlehensgeber vereinnahmte das Geld.
Später wurde die Eigenverwaltung aufgehoben und der Sachwalter zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter verlangt nunmehr die Herausgabe des vereinnahmten Kaufpreises durch den Darlehensgeber, da auf das Absonderungsrecht verzichtet worden sei. Der Darlehensgeber verteidigte sich gegenüber dem Verwalter mit dem Hinweis, dass seine „Aufgabe des Absonderungsrechts“ nicht wirksam sei, da sie nicht gegenüber dem Schuldner erklärt worden ist.
Da eine Einigung nicht erzielt werden konnte, wurde die Sache letztlich dem BGH vorgelegt.
Typische Fallgestaltung – Wirtschaftliche Verwertung vs Geltendmachung der persönlichen Forderung
Der Fall zeigt die durchaus nicht untypische Fallgestaltung auf, in der der Sicherungsnehmer zunächst nicht bestrebt ist, das Sicherungsgut zu erhalten, sondern im Gegenteil versucht, mit der Verwertung des Sicherungsgutes nicht belastet zu werden. Diese Interessenlage ändert sich regelmäßig, wenn deutlich wird, dass die Verwertung doch wirtschaftlich vorteilhaft gestaltet werden kann und erst recht wenn ein erheblicher Verwertungserlös erzielt worden ist. Vorliegend streiten sich die Parteien mithin letztlich um die Zuordnung des Veräußerungserlöses während sie vorab Handlungen vornahmen, die nicht auf die eigene Verwertung des Sicherungsgutes gerichtet waren.
Der BGH entschied vorliegend gegen den Insolvenzverwalter. Während die Vorinstanz noch erwog, ob das Sicherungsgut nicht „freigegeben“ worden ist, indem dem Darlehensgeber zunächst angeboten wurde, die Maschine abzuholen, lehnte der BGH diese Möglichkeit rundweg ab. Er verwies zunächst darauf, dass ohnehin fraglich sei, ob im Fall einer Eigenverwaltung eine Freigabe möglich sei. Diese Rechtsfrage könne aber dahinstehen, da eine solche Freigabe vorliegend nicht erklärt worden sei. In der Erklärung an den Darlehensgeber, dass dieser die Maschine abholen könne, sei nur enthalten, dass der Schuldner/Sachwalter von einem bestehenden Verwertungsrecht keinen Gebrauch machen wolle. Eine Aussage über die Zugehörigkeit der Maschine zur Insolvenzmasse beinhalte diese Erklärung hingegen nicht. Dies gelte umso mehr, als gemäß § 282 InsO im Fall der Eigenverwaltung dem Schuldner das Recht zur Verwertung von Gegenständen zustehe, an denen ein Absonderungsrecht besteht.
Verzicht auf das Absonderungsrecht – Erklärungsgegner ist der Schuldner
Gleichwohl stehe der Kaufpreis dem Darlehensgeber zu. Zwar könne ein Sicherungsnehmer, dem eine bewegliche Sache sicherungshalber übereignet wurde, auf sein Absonderungsrecht verzichten. Er sei dann aus dem Sicherungsvertrag zur Rückübereignung des betreffenden Gegenstands verpflichtet. Der Verzicht auf das Absonderungsrecht sei jedoch im Fall der Eigenverwaltung gegenüber dem Schuldner zu erklären gewesen. Dieser hätte den Verzicht annehmen müssen. Vorliegend habe der Darlehensgeber seine Erklärung aber lediglich gegenüber dem Sachwalter abgegeben, der Schuldner habe diese Erklärung nicht erhalten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Regelung des § 270 c Satz 2 InsO, wonach die Forderungen der Insolvenzgläubiger beim Sachwalter anzumelden sind. Zwar habe der Darlehensgeber vorliegend letztlich den Gesamtbetrag angemeldet und damit seine erste Anmeldung, die auf den Ausfall beschränkt war, revidiert. Dieses Verhalten könne aber auch nicht als (konkludenter) Verzicht auf ein Absonderungsrecht gewertet werden.
Kein Rechtsverlust des Absonderungsberechtigten durch Anmeldung zur Tabelle
Vielmehr sei auch ein Absonderungsberechtigter befugt, zunächst seine Gesamtforderung anzumelden und feststellen zu lassen. Zudem könne Adressat einer Verzichtserklärung eben nur der handlungsbefugte eigenverwaltende Schuldner sein.
Praktische Hinweise
Fallgestaltungen, in denen das Sicherungsgut weder vom Verwalter/Schuldner noch vom Sicherungsnehmer beansprucht wird, sind durchaus nicht selten. Zweckmäßigerweise sollten in einem solchen Fall Absprachen zwischen den Beteiligten erfolgen. Dem Absonderungsberechtigten kann in diesem Zusammenhang allgemein nur angeraten werden, die Vorgaben des § 28 Abs. 2 InsO ernst zu nehmen und den Kontakt zum Verwalter zu suchen um Nachteile zu vermeiden.
Ihr Ansprechpartner:
Prof. Dr. Ulf Gundlach, Rechtsanwalt