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Das Warten hat ein Ende: Das Wachstumschancengesetz kommt

Nach langem Für und Wider, dem Einsatz eines Vermittlungsausschusses und vielen Diskussionen ist nun der Weg frei für die Umsetzung des Wachstumschancengesetzes. Der Bundesrat hat dem Gesetzesentwurf in seiner Sitzung am 22. März 2024 zugestimmt.

25.03.2024
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht
Historie

Bereits am 14. Juli 2023 wurde ein erster Referentenentwurf des Gesetzes veröffentlicht (unser Newsbeitrag vom 15. August 2023). Durch das Wachstumschancengesetz sollten vor dem Hintergrund der vielen Krisen in den vergangenen Jahren (Nachwirkungen von COVID, Ukraine-Krieg etc.) die Wachstumschancen für die deutsche Wirtschaft erhöht werden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu stärken. Am 30. August 2023 wurde der Entwurf durch das Bundeskabinett beschlossen (unser Newsbeitrag vom 14. September 2023). Der Beschluss des Bundestags folgte nach ersten Beanstandungen des Bundesrates am 17. November 2023 (unser Newsbeitrag vom 25. Oktober 2023 inklusive Update vom 25. November 2023), doch der Bundesrat rief am 24. November 2023 den Vermittlungsausschuss an. Dieser befasste sich am 21. Februar 2024 mit dem Gesetzesentwurf. Der Ausschuss nahm mit den Stimmen der Ampel-Mehrheit ein Verhandlungsergebnis zu einem stark abgespeckten Wachstumschancengesetz an. Der Bundestag bestätigte das Vermittlungsergebnis am 23. Februar 2024. Vor dem Hintergrund der Diskussionen um die Abschaffung der Agrardiesel-Subventionen hatten die unionsgeführten Länder bereits Widerstand gegen den Entwurf angekündigt, sodass befürchtet wurde, das Gesetz könnte erneut einem Vermittlungsausschuss vorgelegt werden. Hierzu ist es jedoch nicht gekommen.

Nachfolgend verschaffen wir Ihnen einen Überblick über die nunmehr beschlossenen Änderungen in der Steuergesetzgebung auf Basis des Wachstumschancengesetzes.

Inhalt

1. Einkommensteuer

Der Betrag für nicht abzugsfähige Aufwendungen im Zusammenhang mit Geschenken an Geschäftspartner (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) wird von bisher EUR 35,00 auf EUR 50,00 angehoben (erstmals für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31. Dezember 2023).

Für die Sonderregelung für die private Nutzung von Elektrofahrzeugen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3, 5 EStG) wird der maßgebliche Bruttolistenpreis von bisher EUR 60.000,00 auf EUR 70.000,00 angehoben. Dies gilt entsprechend bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 2 Satz 2, 3 und 5 EStG). Die alternative Reichweitengrenze von 80 km bei Hybridfahrzeugen wird nun doch nicht gestrichen. Die Regelung gilt für Elektro-Pkw, die nach dem 31. Dezember 2023 angeschafft werden.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2024 werden die Einlagen junger Wirtschaftsgüter nur dann mit den (fortgeführten) Anschaffungs-/Herstellungskosten bewertet, wenn diese aus dem Privatvermögen stammen.

Die degressive AfA kann nun auch für bewegliche Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, die nach dem 31. März 2024 und vor dem 1. Januar 2025 angeschafft worden sind (maximal das Zweifache des bei der linearen Jahres-AfA in Betracht kommenden Prozentsatzes, jedoch nicht mehr als 20 %).

Für Wohngebäude wird eine zeitlich begrenzte degressive AfA in Höhe von 5 % eingeführt, wenn mit der Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wird. Im Fall der Anschaffung ist sie nur dann möglich, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 rechtswirksam abgeschlossen wird.

Für den Mietwohnungsneubau können ab dem Veranlagungszeitraum 2023 unter bestimmten Voraussetzungen Sonderabschreibungen nach § 7b EStG in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen auf Grund eines nach dem 31. August 2018 und vor dem 1. Januar 2022 oder nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 1. Oktober 2029 gestellten Bauantrags oder einer in diesem Zeitraum getätigten Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden.

Für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 wurde eine erweiterte Verlustnutzung beschlossen für den Fall, dass der Sockelbetrag von EUR 1 Million (bei Eheleuten: EUR 2 Millionen) überschritten wird. Innerhalb dieses Zeitraums können anstatt 60 % nun 70 % des Gesamtbetrags der Einkünfte genutzt werden.

Im Übrigen wurden weitere Maßnahmen beschlossen, wie etwa ein Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, Steuerfreiheit von Versorgungsbezügen, Änderungen bei der Rentenbesteuerung, Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte von bisher EUR 600,00 auf EUR 1.000,00, Änderungen beim Altersentlastungsbetrag und Verbesserungen der Thesaurierungsbesteuerung, Anhebung der Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt von bisher EUR 5.000,00 auf EUR 10.000,00.

Diverse weitere Vorschläge wurden jedoch gestrichen, etwa die Einführung einer Freigrenze von EUR 1.000,00 für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Erhöhung der Grenze für GWG auf EUR 1.000,00, die Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand, der erweiterte Verlustrücktrag oder die Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf EUR 150,00.

2. Körperschaftsteuer

Im Rahmen der Körperschaftsteuer wurden insbesondere Anpassungen im Zusammenhang mit der Optionsbesteuerung nach § 1a KStG vorgenommen. Anpassungen bei der Zinsschrankenregelung wurden bereits im Rahmen des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes umgesetzt.

3. Gewerbesteuer

Bei der erweiterten Grundstückskürzung steigt die Unschädlichkeitsgrenze von bisher 10 % auf 20 %, um den Ausbau der Solarstromerzeugung und den Betrieb von Ladesäulen weiter voranzutreiben. Insbesondere der vorab diskutierte erweiterte Verlustvortrag wurde jedoch gestrichen.

4. Umsatzsteuer

Im Bereich der Umsatzsteuer wurden insbesondere Anpassungen im Bereich der Steuerbefreiungen vorgenommen. Weiterhin wurde die obligatorische Verwendung der eRechnung ab 2025 bei sogenannten B2B-Umsätzen beschlossen. Zudem wurden Vereinfachungen bei der Kleinunternehmerbesteuerung vorgenommen. Gestrichen wurden die Absenkung des Durchschnittssteuersatzes und der Vorsteuerpauschale für land- und forstwirtschaftliche Umsätze sowie das vorzeitige Auslaufen der befristeten ermäßigten Umsatzbesteuerung für Gas- und Wärmelieferungen.

5. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer wurden nur geringfügige Anpassungen vorgenommen, die hier nicht weiter thematisiert werden. Änderungen, die aufgrund des MoPeG erforderlich geworden waren, wurden in das inzwischen bereits verkündete Kreditzweitmarktförderungsgesetz aufgenommen.

6. Abgabenordnung

Soweit im Rahmen eines internationalen Risikobewertungsverfahrens das Risiko eines Steuerausfalls unter Beibehaltung der erklärten oder im Rahmen des internationalen Risikobewertungsverfahrens angepassten Angaben in Bezug auf die bewerteten Sachverhalte als gering eingeschätzt wird, kann die Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen im Rahmen einer Außenprüfung auf Antrag unterbleiben (§ 89b AO). Dies gilt ab dem Tag der Verkündung des Gesetzes.

Die Grenzen für die Buchführungspflicht werden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen, bei einer Umsatzgrenze von bisher EUR 600.000 auf EUR 800.000 (bzw. bei einer Gewinngrenze von bisher EUR 60.000,00 auf nunmehr EUR 80.000,00) erhöht. Die Grenzen werden auch im HGB entsprechend angepasst.

Es wurden Aussetzungszinsen für von der Vollziehung ausgesetzte Haftungsansprüche eingeführt. Dies gilt für alle nach dem 31. Dezember 2024 entstandenen Haftungsansprüche.

Darüber hinaus wurden weitere Änderungen bzw. Ergänzungen eingeführt, etwa die Anhebung der Umsatzgrenze auf EUR 750.000,00 für die Aufbewahrungspflichten bei Überschusseinkünften sowie die Klarstellung, dass es sich bei der Regelung des § 230 AO um eine Ablaufhemmung der Verjährungsfrist handelt.

Gestrichen wurde die Einführung einer Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen.

7. Sonstige Steuerrechtsgebiete

Im AStG werden für die nun doch nicht eingeführte Zinshöhenschranke neue Regelungen für grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen und -dienstleistungen eingeführt.

Im Rahmen von Spaltungen wird die Regelung zur Nachspaltungsveräußerungssperre (§ 15 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 UmwStG) umformuliert. Dies gilt erstmals für Spaltungen, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister nach dem 14. Juli 2023 erfolgt.

Aufgrund des MoPeG erforderlich gewordene Änderungen im GrEStG wurden bereits im Kreditzweitmarktförderungsgesetz umgesetzt.

Die angekündigte Investitionsprämie durch eine neues Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz wurde hingegen gestrichen.

Einschätzung und Ausblick

Der Referentenentwurf des vergangenen Jahres wurde durch den Vermittlungsausschuss stark eingekürzt. Damit ist das Gesetz der starken Politisierung anderer Themenbereiche zum Opfer gefallen. Aus der Wirtschaft waren daher bereits kritische Stimmen zu hören, das Gesetz gehe nicht weit genug, um seinem Anspruch, also der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, gerecht zu werden.

Das Gesetz muss nun noch formal ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt veröffentlich werden. Dies dürfte jedoch ohne größere Hürden und vergleichsweise schnell erfolgen.

Für Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.

 

 

 

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