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Referentenentwurf vom 14. Juli 2023 zum Wachstumschancengesetz

Am 14. Juli 2023 wurde vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) ein Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz veröffentlicht. Das Gesetz soll zu Stärkung von Wachstumschancen, Innovation und Investition in neue Technologien sowie zu einer Steuervereinfachung und erhöhten Steuerfairness beitragen.

15.08.2023
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht

Nachfolgend stellen wir die wichtigsten Informationen und Änderungen zum vorliegenden Referentenentwurf des BMF dar:

Hintergrund

Durch das Wachstumschancengesetz sollen die Wachstumschancen der deutschen Wirtschaft erhöht werden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu stärken. Der Referentenentwurf enthält rund 50 Einzelmaßnahmen, wobei besonders die Einführung einer Investitionsprämie, die Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs sowie die Stärkung der steuerlichen Forschungsförderungen anzuführen sind. Zur Finanzierung der geplanten Maßnahmen sind die Reform der Zinsschranke durch die Einführung einer Zinshöhenschranke sowie die Ausweitung zur Mitteilungspflicht von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen beabsichtigt.

Ausgewählte Maßnahmen im Überblick
1. Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz (Klimaschutz-InvPG)

Der Referentenentwurf sieht die Einführung einer gewinnunabhängigen Investitionsprämie zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz vor. Der anspruchsberechtigte Antragsteller soll eine Investitionsprämie von maximal EUR 30 Millionen beantragen können, sofern die begünstigte Investition nach dem Tag der Verkündung des Wachstumschancengesetzes und vor dem 1. Januar 2028 begonnen und abgeschlossen wurde. Zum förderfähigen Aufwand zählen die nachgewiesenen Anschaffungs- und Herstellungskosten sowie die vor dem 1. Januar 2028 entstandenen Teilherstellungskosten und geleisteten Anzahlungen auf Anschaffungskosten einer begünstigen Investition. Die förderfähigen Aufwendungen bilden die Bemessungsgrundlage für die Klimaschutz-Investitionsprämie. Die Bemessungsgrundlage wird jedoch auf einen Höchstbetrag von EUR 200 Millionen gedeckelt. Die Investitionsprämie beträgt 15 Prozent der Bemessungsgrundlage und somit maximal EUR 30 Millionen. Anzumerken ist, dass der Antrag erst gestellt werden kann, nachdem die Investition getätigt wurde.

2. Forschungszulagengesetz

Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen, erfolgt eine Ausweitung der Forschungszulage auf im begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben genutzte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die für die Durchführung des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens erforderlich und unerlässlich sind. Zum förderfähigen Aufwand zählt dabei künftig auch die Wertminderung, welche auf die Nutzung des abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens entfällt. Eine Neuanschaffung oder -herstellung im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens ist dabei jedoch nicht für die Förderung erforderlich.

Künftig sollen 70 % statt 60 % des Auftragswertes als förderfähige Aufwendungen berücksichtigt werden. Die Anhebung soll für Aufträge wirksam werden, welche nach dem 31. Dezember 2023 vergeben werden.

Die Bemessungsgrundlage soll für nach dem 31. Dezember 2023 entstandene Aufwendungen von derzeit EUR 4 Millionen auf EUR 12 Millionen verdreifacht werden. Eine zeitliche Befristung dieser Erhöhung ist nicht ersichtlich.

3. Einkommensteuergesetz

a) Steuerlicher Verlustabzug

Der Verlustrücktragszeitraum für Einkommen- und Körperschaftsteuerzwecke soll von 2 auf 3 Jahre verlängert werden, wobei der zeitweise angehobene Höchstbetrag von EUR 10 Millionen (bzw. EUR 20 Millionen bei Zusammenveranlagung) dauerhaft für einen Verlustrücktrag gelten soll. Für gewerbesteuerliche Zwecke soll weiterhin kein Verlustrücktrag möglich sein.

Die sogenannte Mindestbesteuerung, wonach Verluste nur bis zur Höhe von Euro 1 Million unbegrenzt und darüber hinaus zu 60 % abgezogen werden konnten wird für die Veranlagungszeiträume 2024-2027 ausgesetzt. Für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 ist ein der Höhe nach unbegrenzter Verlustvortrag möglich. Für Veranlagungszeiträume nach 2027 soll die Mindestbesteuerung, allerdings mit einem höheren  Höchstbetrag von EUR 10 Millionen (bzw. EUR 20 Millionen bei Zusammenveranlagung) wieder eingeführt werden.

b) Zinsschranke/Zinshöhenschranke

Der Anpassungsbedarf im Zusammenhang mit der Zinsschranke resultiert aus der Anti-Tax-Avoidance-Directive (ATAD).

Die aktuell bestehende Freigrenze von EUR 3 Millionen soll durch einen Freibetrag von EUR 3 Millionen ersetzt werden. Die Abzugsbeschränkung gilt somit künftig nur für den Betrag des Nettozinsaufwandes, der den Betrag von EUR 3 Millionen übersteigt. Gleichartige Betriebe unter einer einheitlichen Leitung sollen zusammengefasst werden, sodass der Freibetrag nur einmal angewendet werden kann. Die Eigenkapital-Escape- und Stand-alone-Klauseln sollen ab 2024 abgeschafft werden.

Der Begriff der Zinsaufwendungen wird um „wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital“ erweitert. Analog dazu wird der Begriff der Zinserträge um „wirtschaftlich gleichwertige Erträge im Zusammenhang mit Kapitalforderungen“ erweitert. Auf- und Abzinsungen unverzinslicher oder niedrig verzinslicher Verbindlichkeiten und Kapitalforderungen sollen künftig nicht mehr zu Zinsaufwendungen und -erträgen im Sinne der Zinsschranke gehören.

Neben die Zinsschranke soll ab 2024 eine Zinshöhenschranke (§ 4I EStG EStG-E) treten. Diese soll nur auf Zinsaufwendungen angewendet werden, die aus einer Geschäftsbeziehung zwischen nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 AStG resultieren. Zinsaufwendungen sollen demnach nicht abziehbar sein, wenn der vereinbarte Zinssatz den gesetzlich definierten Höchstzinssatz übersteigt. Der gesetzlich definierte Höchstzinssatz ergibt sich aus dem um zwei Prozentpunkte erhöhten Basiszinssatz nach § 247 BGB. Aus dem aktuellen Basiszinssatz von 3,12 % (Stand vom 1. Juli 2023) würde sich so ein Höchstzinssatz von 5,12 % ergeben. Kann nachgewiesen werden, dass sowohl der Gläubiger als auch die oberste Muttergesellschaft das Kapital bei sonst gleichen Umständen nur zu einem über dem Höchstzinssatz liegenden Zins hätte erhalten können, so soll als Höchstzinssatz derjenige Zinssatz gelten, den der Gläubiger oder die oberste Muttergesellschaft im günstigsten Fall hätte erzielen können.

4. Körperschaftsteuergesetz

Allen Personengesellschaften (einschließlich GbRs) soll es ermöglich werden, zur Körperschaftsteuer zu optieren. Der Antrag zur Option soll erst bis zum Ablauf eines Monats nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags gestellt werden können. Diese Möglichkeit wird ebenfalls Körperschaften gewährt, welche einen Formwechsel in eine Personengesellschaft vornehmen.

5. Umwandlungssteuergesetz

Mit der Änderung des § 15 Abs. 2 UmwStG soll die Möglichkeit eine steuerneutrale Spaltung wieder auf ihren ursprünglich vom Gesetzgeber angestrebten Anwendungsbereich zurückgeführt werden. Der Referentenentwurf stellt sich somit gegen die BFH-Rechtsprechung vom 11. August 2021, welche besagt, dass die Veräußerungen von Anteilen an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaften unterhalb der 20 %-Grenze oder mit Ablauf der Fünfjahresfrist für die Buchwertfortführung bei Abspaltungen unschädlich sind.

6. Abgabenordnung

Die Pflicht zur Meldung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen soll ab 2025 auf innerstaatliche Steuergestaltungen ausgeweitet werden. In Betracht kommen dabei nur solche Steuergestaltungen, welche sich auf die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die Gewerbesteuer, die Erbschafts- und Schenkungssteuer oder die Grunderwerbsteuer auswirken. Eine Mitteilung der innerstaatlichen Gestaltung ist nur beim Erfüllen bestimmter Kriterien, wie beispielsweise dem Überschreiten einer Umsatz-, Einkünfte- bzw. Einkommensschwelle oder Konzernzugehörigkeit im Sinne des § 18 AktG, notwendig. Die Mitteilung hat innerhalb von 2 Monaten nach dem Eintritt des für die Mitteilungspflicht auslösenden Ereignisses zu erfolgen.

Ausblick

Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz bleibt zum Teil hinter den Erwartungen zurück. So ist bei der Förderung von Investitionen in den Klimaschutz weiterhin erforderlich, dass Steuerpflichtige die Investition tätigen, bevor sie eine Förderung erhalten. Auch die bisher abgewendete Einführung einer nationalen Anzeigepflicht für Steuergestaltungen und die Einführung der Zinshöhenschranke sind zu kritisieren. Vor dem Hintergrund, dass der Entwurf Verbesserungspotenzial enthält, ist ihm jedoch zugute zu halten, dass er im Falle seiner Umsetzung punktuell positive Impulse für die Wirtschaft setzen kann.

Der Entwurf wird in einem nächsten Schritt im Bundestag debattiert; mit Änderungen ist grundsätzlich zu rechnen, sodass nicht gesagt werden kann, zu welchem Zeitpunkt das Gesetz in Kraft treten wird.

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