Fachnews
Update: Stellungnahme des Bundesrats zum Wachstumschancengesetz.

Der Bundesrat veröffentlichte am 20. Oktober 2023 seine Stellungnahme (BR-Drs. 433/23 Beschluss) für das Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz).

25.10.2023
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht
Hintergrund zum Wachstumschancengesetz

Die Bundesregierung beabsichtigt, mit Hilfe des Wachstumschancengesetzes die Wachstumschancen der deutschen Wirtschaft zu erhöhen und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu stärken. Der Referentenentwurf zu dem Gesetzesentwurf datiert vom 14. Juli 2023; am 30. August 2023 erfolgte der Beschluss durch das Bundeskabinett. Wir verweisen diesbezüglich auf unsere Newsbeiträge vom 15. August 2023 sowie vom 14. September 2023. Nachfolgend stellen wir die wesentlichen Änderungsvorschläge des Bundesrates dar:

Wegfall der Zinshöhenschranke

Die wohl größte Änderung ist der Vorschlag, auf die Einführung der Zinshöhenschranke zu verzichten. Die Zinshöhenschranke soll ein Abzugsverbot für Zinsaufwendungen aus Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen einführen, sofern der entsprechend vereinbarte Zinssatz 2 % über dem nach § 247 BGB definierten Basiszinssatz liegt.

Der Bundesrat schlägt vor, auf die Einführung der Zinshöhenschranke in § 4l EStG zu verzichten und stattdessen in § 1 Abs. 3c und 3d AStG eine Regelung zu schaffen, welche auf grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen abzielt (Nr. 15). Diese soll bereits rückwirkend für den Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 2023 der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer gelten.

Darüber hinaus schlägt der Bundesrat unter anderem folgende Änderungen vor:
  • GrESt: Aufnahme eines Verweises zur Fortgeltung des Gesamthandsprinzips in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO-E (Nr. 1)
  • Dienstwagen: Beibehaltung des Bruttolistenpreises für E-Dienstwagen der EUR 60.000 -Grenze (anstatt Anhebung auf EUR 80.000) bei der „0,25%-Regelung“ sowie Änderungen für Hybridfahrzeuge für die „0,5%-Regelung“ (Nr. 7)
  • Sammelpostenmethode: Vollständige Streichung (Nr. 8)
  • Einlage: Einschränkung des Einlagewertes auf höchstens die Anschaffungskosten, wenn Wirtschaftsgüter innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung aus dem Privatvermögen in ein Betriebsvermögen eingelegt werden (Nr. 9)
  • degressive AfA: Minderung des Faktors für die zeitlich befristete degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter „entsprechend der Haushaltssituation“ (Nr. 10)
  • PV-Anlagen: Änderung der Freigrenze zu einem Freibetrag (Nr. 16)
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung: Verzicht auf die Einführung eines Steuerfreibetrags in Höhe von 1000 Euro in § 3 Nr. 73 EStG-E (Nr. 17)
  • Verlustverrechnung: Verzicht auf die geplanten Änderungen zum Verlustrücktrag und -vortrag (weder in § 10 d EStG noch in § 10a GewStG) (Nr. 18)
  • Lohnsteuer: Beibehaltung der Anwendung der Fünftelungsregelung (Nr. 21)
  • Gebäude-AfA: Schaffung eines neuen § 11c Abs. 1a EStDV für erhöhte Nachweispflichten im Zusammenhang mit der Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG (Nr. 23)
  • e-Rechnung: Verschiebung der Verpflichtung zur e-Rechnung im B2B-Bereich um zwei Jahre auf den 1. Januar 2027 (Nr. 39)
  • Sonstiges:
    • Umsetzung der Klimaschutz-Investitionsprämie nicht, wie bisher angedacht, durch die Finanzverwaltungen der Länder, sondern Verwaltung und Finanzierung durch den Bund zur Vermeidung eines erheblichen Verwaltungs-Mehraufwandes
    • Senkung der Strompreissteuer auf das europäische Mindestmaß
Einschätzung und Ausblick

Die Anmerkungen des Bundesrates sind zum Teil sehr kleinteilig. Die Bitten, die Zinshöhenschranke zu streichen und die Fortgeltung des Gesamthandsprinzips bei der Grunderwerbsteuer sind zu begrüßen.

Eine Reaktion der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrats liegt bisher nicht vor, ist jedoch in Kürze zu erwarten. Anschließend werden der Gesetzesentwurf sowie die Anmerkungen des Bundesrates durch den Finanzausschuss des Bundestages diskutiert. Erst danach folgt die finale Einbringung eines Gesetzesentwurfs in den Bundestag. Es ist daher damit zu rechnen, dass das Gesetzgebungsverfahren, insbesondere vor dem Hintergrund der starken Politisierung, noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Update vom 20. November 2023

Das Gesetzgebungsverfahren bezüglich des Wachstumschancengesetzes befindet sich auf der Zielgeraden. Die vom Bundesrat am 20. Oktober 2023 bekanntgemachte Stellungnahme (BR-Drs. 433/23 Beschluss) wurde vom Finanzausschuss des Bundestages diskutiert; die entsprechende Beschlussempfehlung wurde dem Bundestag vorgelegt. Der Bundestag hat dem Entwurf am 17. November 2023 zugestimmt.

Im Wesentlichen sind nunmehr folgende Änderungen eingeflossen:

  • Abschaffung des Gesamthandvermögens im GrEStG erst ab 2025
  • Keine Einführung einer Zinshöhenschranke
  • Keine Einführung einer Anti-Fragmentierungsregel
  • Änderungen der degressiven AfA für Wohngebäude in § 7 Abs. 5a EStG
  • Änderungen bei der Sonder-AfA nach § 7b EStG

Mit § 24 GrEStG (anstatt wie geplant § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO-E (Nr. 1)) wird die fortführende Anwendung des Gesamthandvermögens geregelt. Bisher war unklar, ob durch die Abschaffung des Gesamthandvermögens im Zuge des MoPeG ab 2024 die Steuerbefreiungen nach §§ 5 und 6 GrEStG Gültigkeit behalten. Diese Unsicherheit wird nun beseitigt; jedoch gilt dies nur temporär für das Jahr 2024.

Auf die Einführung der Zinshöhenschranke in § 4i EStG wird weiterhin verzichtet. Stattdessen wird § 1 AStG in Bezug auf grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen entsprechend erweitert. Insbesondere werden neue Definitionen aufgenommen, wann eine grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehung innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz unterliegt sowie, wann es sich um eine funktions- und risikoarme Dienstleistung handelt.

Die Anti-Fragmentierungsregel (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. a) Satz 2 EStG-E) im Zusammenhang mit der Zinsschranke wird nicht umgesetzt. Demnach sollten gleichartige Betriebe, die bspw. unter einer einheitlichen Leitung stehen, die Freigrenze zukünftig nur insgesamt einmal anwenden, sodass diese nach den Nettozinsaufwendungen aufgeteilt werden sollte.

Ausblick

Da der Bundestag bereits über den Entwurf abgestimmt hat, steht nun noch die Zustimmung des Bundesrates aus. Der Bundesrat hat die Abstimmung überraschend bereits auf den 24. November 2023 terminiert. In seiner Sitzung hat der Bundesrat beschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Dieser hat nun bis ca. zum 13. Dezember 2023 Zeit, eine Einigung zwischen Bundestag und Bundesrat zu erzielen, die vom Bundestag und Bundesrat noch in diesem Jahr beschlossen werden kann. Ein mögliches Ergebnis könnte sodann vom Bundestag in seiner letzten Sitzungswoche in diesem Jahr (11. bis 15. Dezember 2023) und vom Bundesrat in seiner letzten Sitzung in diesem Jahr (15. Dezember 2023) beschlossen werden.

Die Länder kritisieren insbesondere die Finanzierung des Gesetzes, da zwei Drittel der „Kosten“ Länder und Kommunen tragen würden. Darüber hinaus wird das fehlende Miteinander von Bundestag und Bundesrat kritisiert. Der Bundestag habe sich während des Verfahrens nicht ausreichend mit dem Bundesrat abgestimmt und aus Sicht des Bundesrates zum Teil seine Kompetenzen überschritten. Außerdem werden die Einnahmeausfälle aus dem Inflationsausgleichsgesetz, die zu einer Minderung des ESt-Tarifs ab 2024 führen, als Kritikpunkt angeführt.

Inwiefern der Vermittlungsausschuss noch rechtzeitig eine Einigung herbeiführen kann, ist fraglich. Die Fronten zwischen Bundestag und Bundesrat scheinen verhärtet.

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