Fachnews
DAC6-Fristverlängerung ja oder nein?

Das Ringen um die Verlängerung der Abgabefristen der Meldungen für grenzüberschreitende Steuergestaltungen nimmt, zumindest in Deutschland, vorerst kein Ende. In der Bundespressekonferenz am 6. Juli 2020 hatte eine Vertreterin des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) angekündigt, dass in Deutschland, entgegen aller Erwartungen, wohl kein Gebrauch von der auf EU-Ebene beschlossenen Option zur Fristverlängerung um bis zu sechs Monate gemacht werden wird.

16.07.2020

Was bisher geschah

1. Meldungen für Steuergestaltungen ab dem 1. Juli 2020 (Grundsatz)

Das BMF hatte mit Schreiben vom 29. April 2020 den amtlich vorgeschriebenen Datensatz und die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle für Mitteilungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen (§ 13Bf Abs, 1 AO, DAC6) veröffentlicht und mitgeteilt, dass das Datenschema für alle Daten anzuwenden ist, die nach § 138f Abs. 3 AO in Verbindung mit Art. 97 § 33 Abs. 1 und 2 EGAO ab dem 1. Juli 2020 im Wege der Datenfernübertragung an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln sind. Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Newsbeitrag vom 30. April 2020.

Grundsätzlich waren damit mitteilungspflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltungen ab dem 1. Juli 2020 innerhalb von 30 Tagen nach dem Eintritt des mitteilungspflichtigen Ereignisses elektronisch an das BZSt zu melden. Insgesamt stellten sich die Meldepflichten wie folgt dar:

  • Mitteilungspflichtiges Ereignis nach dem 24.Juni 2018 und vordem 1, Juli 2020: Mitteilung bis 31. August 2020
  • Mitteilungspflichtiges Ereignis nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Oktober 2020: Meldung innerhalb von 30 Tagen nach dem mitteilungspflichtigen Ereignis (30-Tage-Frist)
  • Mitteilungspflichtiges Ereignis nach dem 30. September 2020: Mitteilung innerhalb von 30 Tagen nach dem mitteilungspflichtigen Ereignis (30-Tage-Frist)

2. Verlängerung der Meldepflichten durch die EU

Die EU-Kommission hat daraufhin einen Änderungsvorschlag zur Änderung der EU-Richtlinie 2Oll/16/EU veröffentlicht. Die Abgabefristen sollten damit um drei Monate verlängert werden. Weitere Informationen dazu finden Sie in unserem Newsbeitrag vom 19. Mai 2020.

Die Abgabefristen stellten sich nach diesem Vorschlag wie folgt dar:

  • Mitteilungspflichtiges Ereignis nach dem 24. Juni 2018 und vor dem 1. Juli 2020: Mitteilung bis 20. November 2020
  • Mitteilungspflichtiges Ereignis nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Oktober 2020: Beginn der 30-Tage-Frist frühestens am 1. Oktober 2020
  • Mitteilungspflichtiges Ereignis nach dem 30. September 2020: Mitteilung innerhalb von 30 Tagen nach dem mitteilungspflichtigen Ereignis (30-Tage-Frist)

Aufgrund der aktuellen Situation wurde in diesem Zusammenhang beraten, die Meldefristen noch einmal um weitere drei Monate, also insgesamt sechs Monate, zu verlängern. Am 24. Juni 2020 wurde die finale Änderungsrichtlinie vom Europäischen Rat beschlossen. Den Mitgliedsstaaten wurde damit die Möglichkeit eingeräumt, den Beginn der Abgabefrist für die Meldungen um bis zu sechs Monate zu verschieben. In der finalen Fassung enthalten war auch die Möglichkeit der dreimonatigen Verlängerung des Moratoriums. Dafür müsste allerdings der Europäische Rat den entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission einstimmig annehmen, sofern weiterhin schwerwiegende Risiken für die öffentliche Gesundheit, Hemmnisse und wirtschaftliche Störungen infolge der COVID-19-Pandemie bestehen und die Mitgliedsstaaten Ausgangsbeschränkungen anwenden (Art. 27b der EU-Richtlinie).

Die Mitteilungspflichten stellten sich somit wie folgt dar:

  • Mitteilungspflichtige „Altfälle“ zwischen dem 25. Juni 2018 und dem 30. Juni 2020: Meldung bis zum 28. Februar 2021
  • Mitteilungspflichtige „Neufälle“ in der Moratoriumsphase zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 31. Dezember 2020: Beginn der 30-Tage-Frist frühestens zum 1. Januar 2021
  • Mitteilungspflichtige „Neufälle“ nach der Moratoriumsphase ab dem 1. Januar 2021: Beginn der 30-Tage-Frist nach dem mitteilungspflichtigen Ereignis

Umsetzung und heutiger Stand

Die Richtlinie muss nun in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei ist zu betonen, dass es sich hierbei lediglich um Vorschläge handelt; die Mitgliedsstaaten können die Meldefristen entsprechend kürzer fassen. Deutschland hatte sich jedoch insbesondere während der Corona-Krise für eine Verlängerung der Fristen eingesetzt, sodass die überwiegende Mehrheit der Verbände und Wirtschaftsteilnehmer von einer entsprechenden Verlängerung der Fristen in Deutschland ausgegangen war. Die notwendigen Voraussetzungen wurden bereits durch das erste Corona-Steuerhilfegesetz geschaffen. In § 33 Abs. 5 EGAO wurde das BMF ermächtigt, eine entsprechende Fristverlängerung über ein BMF-Schreiben anzuordnen.

Die Erwartungen sollten jedoch enttäuscht werden. Nach aktuellem Stand will das BMF die Möglichkeit der Fristverlängerung nun doch nicht nutzen und das obwohl die EU-Finanzminister, und damit auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz, einer entsprechenden Verlängerungsoption zugestimmt hatten. Die Verbände versuchen derzeit zu eruieren, inwiefern die Aussage der Vertreterin des BMF zutrifft oder ob das BMF doch noch eine Fristverlängerung in Erwägung zieht.

Auch die bislang aus technischen Gründen angekündigte Nichtbeanstandungsregelung, nach der Mitteilungen erst bis Ende September 2020 abzugeben gewesen wären, will das BMF dem Vernehmen nach nicht mehr gewähren.

Die 30-Tage-Frist zur Übermittlung von Meldungen für Gestaltungen ab dem 1. Juli 2O2O ist jedoch grundsätzlich zunächst angelaufen.

Darüber hinaus gelten nach aktuellem Stand die entsprechenden ursprünglichen Meldefristen.

Einschätzung und Ausblick

Die nicht in Betracht gezogene Option zur Verzögerung des Meldepflichtenbeginns kommt unerwartet und stellt insbesondere in der aktuellen Krise eine erhebliche unerwartete Zusatzbelastung für die betroffenen Unternehmen dar.

Inwiefern sich das BMF durch die Einwände der Spitzenverbände noch umstimmen lässt, ist derzeit nicht abzusehen. Nach derzeitigem Kenntnisstand bereitet sich die Finanzverwaltung allerdings auf den regulären Eingang der Meldungen vor. Dem Vernehmen nach soll die ELMA-Schnittstelle zum BZSt in Kürze verfügbar sein. Ein finales BMF-Schreiben mit weiteren Details zu den Hallmarks und dem Meldeverfahren wird für den 15. Juli 2020 erwartet.

Update vom 10. August 2020: Das BMF hat am 6. August 2020 überraschend einen Diskussionsentwurf des Anwendungsschreibens zur Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen mit Stand 14. Juli 2020 veröffentlicht. Das Entwurfsschreiben finden Sie auf der Internetseite des BZSt.

Das Entwurfsschreiben gibt den aktuellen Stand der Erörterungen zwischen den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wieder. Es ist allerdings bisher nicht final abgestimmt. Das BZSt teilt jedoch mit, dass es unabhängig davon mit Blick auf die Auslegung der §§ 138d ff. AO entsprechend dem gegenwärtigen Diskussionsstand verfahren wird.

Dem Vernehmen nach ist zwischen Bund und Ländern vor allem strittig, ob eine coronabedingte Fristverlängerung in das Schreiben aufgenommen werden soll. Dementsprechend findet sich in dem vorliegenden Entwurf keine Aussage über eine coronabedingte Fristverlängerung. Der aktuelle Entwurf beinhaltet dagegen unter anderem Hinweise zur Auslegung des sachlichen und persönlichen Anwendungsbereiches der Mitteilungspflichten und zur Auslegung der Kennzeichen sowie zum Verfahren der Mitteilung.

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