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Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für Messestände und Messestandflächen bei Produktionsunternehmen

Nach § 8 GewStG sind diverse Aufwendungen dem Gewerbeertrag teilweise wieder hinzuzurechnen, die den Gewinn aufgrund des Betriebsausgabenabzugs zuvor gemindert haben. Hierzu gehören unter anderem Miet- und Pachtzinsen für die Nutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern (§ 8 Nr. 1 Buchstaben d und e GewStG). Besonders umstritten ist hierbei die Hinzurechnung von Kosten eines Messestandes. Hierzu hat sich der III. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) mit Urteil vom 20. Oktober 2022 (Az. III R 35/21) geäußert.

14.04.2023
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht

Die teilweise Hinzurechnung von Aufwendungen für einen Messestand ist seit Jahren höchst umstritten. Während die Finanzverwaltung die Kosten regelmäßig der Hinzurechnung (Mieten und Pachten für die Nutzung unbeweglicher Wirtschafsgüter) unterwirft, geht die Finanzgerichtsbarkeit davon aus, dass eine Hinzurechnung dieser Kosten nicht vorzunehmen sei, sofern kein fiktionales Anlagevermögen vorliege. In unserem Beitrag vom 20. August 2020 haben wir die verschiedenen Sichtweisen von Finanzverwaltung und Finanzgerichten hinsichtlich der Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Messestellplätzen zur Gewerbesteuer dargestellt. Mit Beitrag vom 27. Juni 2022 haben wir über ein Urteil des BFH berichtet, wonach eine Hinzurechnung nur dann vorzunehmen sei, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehört.

Die Finanzverwaltung hat mit gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 6. April 2022 darüber hinaus diverse Urteile des BFH aufgegriffen und entsprechende Einzelfallregelungen geschaffen. Demnach liegt bei sogenannten Messedurchführungsgesellschaften kein fiktives Anlagevermögen vor, wenn die Gesellschaft nur aufgrund auftragsbezogener Weisungen des Auftraggebers nach den vertraglichen Abreden wie ein Mittler zwischen Messeveranstalter und Auftraggeber tätig wird.

Das nunmehr auf der Homepage des BFH veröffentlichte Urteil des BFH vom 20. Oktober 2022 konkretisiert die Behandlung von Messekosten bei Unternehmen mit einem bestimmten Profil (Produktion und Vertriebstätigkeit der hergestellten Produkte).

Der BFH hat festgestellt, dass die Kosten für die Anmietung von Messeständen und Messestandflächen bei einem ausstellenden Unternehmen nur dann zu einer Hinzurechnung führen könne, wenn die angemieteten Wirtschaftsgüter bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehören würden (1. Leitsatz).

Die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen sei grundsätzlich zu verneinen, wenn es sich primär um ein Produktionsunternehmen handle. Die daneben ausgeübte Vertriebstätigkeit dürfe zudem im Hinblick auf die Häufigkeit und auf die Dauer der Messeteilnahme für den geschäftlichen Erfolg des Unternehmens nicht auf das dauerhafte Vorhandensein der angemieteten Wirtschaftsgüter angewiesen sein (2. Leitsatz).

Sachverhalt

Klägerin war eine GmbH, die im Bereich der Produktion und Vertrieb tätig ist. Im Rahmen einer Betriebsprüfung für den Erhebungszeitraum 2016 wurde festgestellt, dass die Kosten der Messestände (geschätzt auf 70 % der übrigen Kosten) bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe d und e zu berücksichtigen seien. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben und die Höhe der Miet- und Pachtzinsen bei der Hinzurechnung gemindert. Das Finanzamt hatte gegen die Entscheidung des FG Revision beim BFH eingelegt.

Beschluss des BFH

Die Revision wurde als unbegründet zurückgewiesen. Die Auslegung der Hinzurechnungsvorschrift durch das FG erachtete der BFH als zutreffend. Das FG hätte korrekt erkannt, dass die Messestände bzw. Messestandflächen nicht zum Anlagevermögen der Klägerin gehören würden, auch wenn es sich um Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern handeln würde. Hierbei sei zu beachten, dass sich die Fiktion des wirtschaftlichen Eigentums nur an der nach dem subjektivem Willen des Steuerpflichtigen richtenden Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes in dem Betrieb orientiere. Die fiktionale Zuordnung eines Gegenstandes zum Anlagevermögen scheide hingegen aus, wenn die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Betriebsgebrauch notwendig seien. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin und Revisionsbeklagte im gesamten Erhebungszeitraum die im Zusammenhang mit den Messeteilnahmen gemieteten Wirtschaftsgüter insgesamt für nur zehn Tage genutzt. Auch der wirtschaftliche Erfolg der Klägerin war nach Ansicht des BFH nicht vom ständigen Vorhalten der Messestände abhängig. Die Zweckbestimmung der Messestände war daher nicht auf die dauerhafte Nutzung in dem Betrieb ausgelegt gewesen, sodass die Annahme von fiktionalem Anlagevermögen ausscheide.

Einschätzung und Ausblick

Anhand der Entwicklung der Rechtsprechung zu diesem Thema wird deutlich, dass von der Finanzverwaltung hinzugerechnete Kosten überprüft werden sollten. In ähnlich gelagerten Fällen sollte, sofern noch möglich, Einspruch eingelegt werden. Die Entwicklung der Rechtsprechung deutet jedoch auch darauf hin, dass die Hinzurechnungstatbestände in Zukunft umfangreichen Einzelfallprüfungen unterworfen werden müssen, um den aufgestellten Grundsätzen von Rechtsprechung und Finanzverwaltung gerecht zu werden.

Update vom 24. April 2023

Der BFH stützt sich auch in weiteren Entscheidungen auf das Merkmal des fiktiven Anlagevermögens. In seinem Urteil vom 19. Januar 2023 (Az. III R 22/20) hat der BFH Stellung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Mietaufwendungen bei Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalterbetrieben genommen.

Der BFH hat hierbei festgestellt, dass bei der Anmietung beweglicher Wirtschaftsgüter (vor allem Ausstattungsgegenstände) und unbeweglicher Wirtschaftsgüter (hauptsächlich Locations) durch eine GmbH, die für ihre Kunden Events und Produktionen organisiert, die gewerbesteuerliche Hinzurechnung dieser Aufwendungen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d und e von der Anlagevermögenseigenschaft abhängt. Entscheidend dabei ist, ob die GmbH längerfristig dieselben oder wiederholt kurzfristig vergleichbare Wirtschaftsgüter vorhalten muss, um mit diesen die Events organisieren zu können (1. Leitsatz).

Im Falle einer (voraussichtlich) nur einmaligen Verwendung der betreffenden Wirtschaftsgüter und im Falle einer fehlenden Austauschbarkeit mit anderen angemieteten Wirtschaftsgütern wären sie nur dem Umlaufvermögen fiktiv zuzuordnen und unterlägen daher nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung (2. Leitsatz).

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