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BFH: Keine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für Messestandflächen

Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG ist die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen. In diesem Zusammenhang führte die Anmietung von Messestandflächen immer wieder zu Diskussionen zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass die Kosten für die Anmietung einer Messestandfläche bei einem ausstellenden Unternehmen nur dann zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG führen können, wenn die Messestandfläche bei unterstelltem Eigentum des ausstellenden Unternehmens zu dessen Anlagevermögen gehört (Beschluss vom 23. März 2022, Az. III R 14/21).

27.06.2022

Die Thematik der Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Messestandflächen ist nicht neu und war immer wieder Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren (Newsbeitrag vom 20. August 2020). Dabei hatten die Finanzgerichte, entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung erkennen lassen, dass eine Hinzurechnung nur unter bestimmten Voraussetzungen zu erfolgen hat. Beispielsweise hatte das vorinstanzliche FG Münster in seinem Urteil vom 9. Juni 2020 (Az. 9 K 1816/18) entschieden, dass Aufwendungen für die Anmietung von Messestellplätzen in dem vorliegenden Fall nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterlägen, da kein fiktionales Anlagevermögen des Ausstellers anzunehmen sei.

Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Finanzamtes beim BFH hatte ebenfalls keinen Erfolg. Nachfolgend stellen wir Ihnen den Verfahrensgang und die Entscheidung des BFH vom 23. März 2022 kurz dar.

Sachverhalt

Eine GmbH (Klägerin und Revisionsbeklagte), die industrielle Produkte herstellt und vertreibt, mietete regelmäßig Ausstellungsflächen auf Messen an, um ihre Produkte zu präsentieren. Das Finanzamt rechnete die Aufwendungen für die Messestandflächen anteilig nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG dem Gewerbeertrag hinzu, da die Ausstellungsflächen dem fiktiven Anlagevermögen zuzuordnen seien.

Urteil des FG Münster (Vorinstanz)

Das FG sah die Klage der GmbH als begründet an, denn die hier zu beurteilenden Aufwendungen seien nicht für Wirtschaftsgüter entstanden, die fiktives Anlagevermögen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG darstellten. Der Geschäftsgegenstand der GmbH sei nicht darauf angewiesen, die Messestände permanent vorzuhalten, um ihrer Tätigkeit wirtschaftlich erfolgreich nachzugehen.

Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte das Urteil des FG Münsters, da dieses die Hinzurechnungsvorschrift zutreffend ausgelegt habe. Der Begriff des Anlagevermögens sei nach allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen. Danach zählen zum Anlagevermögen solche Gegenstände, die dazu bestimmt sind, dauerhaft dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG sei darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters/Pächters wären, wenn sie in dessen Eigentum stünden.

Ob das Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen gehört, orientiere sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsgutes im Betrieb. Dabei sei es ausreichend, wenn das überlassene Wirtschaftsgut dazu dient, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen. Bei der Prüfung, so der BFH unter Bezugnahme auf die Entscheidung des FG Münster, sei jedoch auch der Geschäftsgegenstand des betreffenden Unternehmens zu berücksichtigen. Demnach sei zu hinterfragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein des Wirtschaftsgutes voraussetze.

Das FG Münster habe zutreffend beurteilt, dass der Unternehmensgegenstand und die Vertriebsstruktur im vorliegenden Fall das dauerhafte Vorhandensein einer Messefläche nicht erfordert, da das Unternehmen seine Waren nicht selbst vertreibt, sondern über ein unternehmensfremdes Händlernetz. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG sei daher ausgeschlossen. Die Revision des Finanzamtes wurde daher als unbegründet zurückgewiesen.

Einschätzung

Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen. Sofern der Mietgegenstand nicht dem (fiktiven) Anlagevermögen eines Unternehmens zuzuordnen ist, kann eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein. Das Urteil eröffnet Steuerpflichtigen nun die Möglichkeit, gegen die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung wirksam vorzugehen. In entsprechenden Fällen ist daher zu empfehlen, unter Verweis auf das vorgenannte Urteil des BFH Einspruch einzulegen. Gern unterstützen wir Sie hierbei.

 

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Senior Associate, Steuerberater, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e. V.)

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