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Entwurf des BMF-Schreibens zur Quellensteuerpflicht bei grenzüberschreitender Überlassung von Software und Datenbanken

Deutlich zügiger als erwartet, liegt nun das vorläufige Ergebnis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Quellensteuerabzugsverpflichtung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG im Entwurf eines BMF-Schreibens vor. Der Entwurf wurde in die Verbandsanhörung gegeben. Sollte das BMF-Schreiben so verabschiedet werden, wird das bislang mit der Abzugsverpflichtung verbundene Haftungsrisiko der Vergütungsschuldner deutlich verringert.

13.06.2017

In der Praxis war bislang höchst umstritten, in welchen Fällen bei der Überlassung von Software und/oder Datenbanken durch beschränkt Steuerpflichtige vom inländischen Lizenznehmer deutsche Quellensteuer einzubehalten ist. In der Vergangenheit wurde bei Software danach differenziert, ob es sich um die Vergütung für die Überlassung von Standardsoftware oder für Individualsoftware handelte. Lediglich erstere gehörte i. d. R. nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften, da man von einem Rechtekauf und nicht von einer zeitlich begrenzten Rechteüberlassung ausging. In vielen anderen Fällen wurde – oftmals erst im Rahmen einer Betriebsprüfung – eine Steuerabzugsverpflichtung angenommen, mit der Folge, dass bei Nichteinbehalt der Quellensteuer eine Haftungsinanspruchnahme des Vergütungsschuldners drohte.

Voraussetzungen für den Quellensteuereinbehalt

Das nun vorliegende BMF-Schreiben soll zukünftig für mehr Klarheit sorgen, auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung. Nunmehr soll es sich nur dann um beschränkt steuerpflichtige Einkünfte aus der Überlassung von Rechten handeln, wenn dem Nutzer:

  • umfassende Nutzungsrechte an der Software/Datenbank zur wirtschaftlichen Weiterverwertung eingeräumt werden und
  • die Rechte im Inland verwertet werden.

Das BMF geht davon aus, dass vertraglich vereinbarte Nutzungsrechte in der Regel nicht umfassend bzw. nicht auf eine wirtschaftliche Weiterverwertung gerichtet sind, wenn lediglich diejenigen Rechte eingeräumt werden, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Software bzw. für den Zugang zu den Elementen der Datenbank und deren übliche Benutzung erforderlich sind.

An einer umfassenden Einräumung von Nutzungsrechten in diesem Sinne fehlt es insbesondere, wenn dafür nach dem Urheberrechtsgesetz eine Zustimmung des Rechteinhabers gar nicht erforderlich ist (sog. Schrankenregelungen). Für den Bereich der grenzüberschreitenden Softwareüberlassung wird insbesondere auf die Regelungen der §§ 69c ff. UrhG, bei Datenbanknutzung auf die Regelungen der §§ 87b ff. UrhG (für einzelne Inhalte §§ 52a ff. UrhG) verwiesen.

Für eine „Verwertung“ muss ein (tatsächliches) zielgerichtetes wirtschaftliches Tätigwerden vorliegen, um aus den überlassenen Rechten selbst finanziellen Nutzen zu ziehen. Unschädlich ist es in diesem Zusammenhang, wenn lediglich die Ergebnisse einer funktionsgemäßen Benutzung der Software bzw. der Datenbank, etwa Folien, die mit Hilfe einer Präsentationssoftware erstellt wurden, oder Erkenntnisse aus dem Datenbankinhalt, im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit verwendet werden.

Im Ergebnis liegen daher bei Entgelten im Rahmen von Verträgen mit typischen inländischen Endnutzern, aber auch mit reinen Zwischenhändlern (auch hier fehlt eine wirtschaftliche Weiterverwertung) keine beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte aus der Überlassung von Rechten vor.

Bedeutung der Regelungen für Datenbankverträge von Hochschulen/Bibliotheken

Auch wenn es bislang an konkreten Aussagen und Beispielen für Hochschulen und Bibliotheken mangelt, bestehen unseres Erachtens gute Gründe, dass zukünftig in der Regel keine Quellenabzugssteuerverpflichtung für die betroffenen Einrichtungen mehr besteht.

Zum einen dürfte es in den Verträgen an einer umfassenden Einräumung von Nutzungsrechten zur wirtschaftlichen Weiterverwertung fehlen. Zwar enthalten die typischen Datenbanknutzungsverträge entsprechend der anglo-amerikanischen Rechtstradition oft eine Vielzahl von ausdrücklich genannten Nutzungsrechten, sie dienen aber lediglich dem funktionsgemäßen Zugang zur Datenbank. Dazu gehören nach dem BMF auch Zugriffs-, Lese- und Druckfunktionen.

Dafür spricht auch, dass Hochschulen und Bibliotheken viele der Nutzungsrechte an den Datenbanken schon nach den Regelungen des UrhG ohne Zustimmung des Rechteinhabers zustehen.

Dazu gehört das Recht von rechtmäßigen Benutzern einer Datenbank zur Vervielfältigung eines wesentlichen Teils derselben zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch oder zur Benutzung zur Veranschaulichung des Unterrichts (§ 87 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 UrhG). Bei den fraglichen Datenbanken dürfte es sich um Datenbanken im Sinne von § 87c UrhG handeln und nicht um schöpferisch geprägte Datenbankwerke i. S. v. § 4 Abs. 2 UrhG.

Weiterhin können urheberrechtlich geschützte Inhalte der Datenbank bzw. Teile davon für Unterricht und Forschung (§ 52 a UrhG) öffentlich zugänglich gemacht werden. Daneben besteht das Recht zur Wiedergabe an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven (§ 52 b UrhG), zur Vervielfältigung u.a. zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UrhG) sowie für Prüfungszwecke an Hochschulen (vgl. § 53 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UrhG).

Auch soweit nicht nur eigene Mitarbeiter der Universität oder Hochschule, etwa Lehrkräfte, zur Nutzung der Datenbanken berechtigt sind, sondern auch Studenten und registrierte Bibliotheksnutzer, dürfte es an einer umfassenden Einräumung von Nutzungsrechten zur wirtschaftlichen Weiterverwertung im o. g. Sinne mit der Folge der Steuerpflicht fehlen. Eine ausdrückliche Aussage des BMF fehlt hier allerdings.

Zum anderen fehlt es bei Hochschulen und Bibliotheken i. d. R. an einer „Verwertung“ der eingeräumten Rechte im Sinne eines tatsächlichen zielgerichteten wirtschaftlichen Tätigwerdens, um aus den überlassenen Rechten selbst finanziellen Nutzen zu ziehen. Eine nur mittelbare Nutzung der Inhalte einer Datenbank bzw. der daraus gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit (BgA) erscheint nach Auslegung der Ausführungen des BMF-Schreibens unschädlich.

Ausblick

Im ersten Schritt bleibt abzuwarten, ob sich aus der bis zum 7. Juli 2017 dauernden Verbandsanhörung weitere Ergänzungen und Änderungen im BMF-Schreiben ergeben werden.

Trotz der günstigen Auslegung durch die Finanzverwaltung verbleibt die Pflicht der Hochschulen/Bibliotheken, entsprechende Verträge unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen. Insbesondere ist anzuraten, die ausdrücklich übertragenen Nutzungsrechte sodann daraufhin zu überprüfen, ob sie für den bestimmungsgemäßen Zugang zu den Elementen der Datenbank und deren übliche Benutzung erforderlich sind.

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