Wir beraten persönlich
tax · legal · audit · advisory
tax · legal · audit · advisory
23.04.2021
Mit Schreiben vom 1. April 2021 hat das Bundesministerium für Finanzen ausgiebig zu den bald in Kraft tretenden Änderungen Stellung genommen (siehe hierzu bereits unseren Newsletter vom 16. September 2020).
Nachfolgend die wichtigsten Eckpunkte im Überblick:
Zum 1. Juli 2021 wird die Versandhandelsregelung (§ 3c UStG) grundlegend geändert und künftig als Fernverkaufsregelung bezeichnet. Der Ort der Lieferung verlagert sich in den Mitgliedsstaat, in dem der Transport endet, wenn die Gegenstände
An die Stelle der bisherigen länderspezifischen Lieferschwellen tritt die neue EU-einheitliche Umsatzschwelle von EUR 10.000,00 pro Jahr. In die Ermittlung der Umsatzschwelle sind nicht nur innergemeinschaftliche Fernverkäufe, sondern auch elektronische Dienstleistungen (§ 3a Abs. 5 S. 2 UStG) einzubeziehen. Ein Verzicht auf die Anwendung der Geringfügigkeitsschwelle ist möglich. Die Fernverkaufsregelung findet auch auf Kleinunternehmer Anwendung.
Die Steuer kann vom Steuerschuldner über das OSS-Verfahren (One-Stop-Shop, § 18j UStG) angemeldet werden. Vorteil: Eine Registrierungspflicht in den jeweiligen Mitgliedsstaaten entfällt. Voraussetzung ist jedoch, dass der OSS einheitlich für die gesamte EU genutzt wird.
Unter bestimmten Voraussetzungen werden mit Wirkung zum 1. Juli 2021 Betreiber von elektronischen Schnittstellen (z. B. Online-Marktplatz) in die Leistungskette zwischen Händler und Kunde einbezogen. Voraussetzung dafür ist, dass
oder
Liegen die Voraussetzungen vor, werden zwischen Händler, Plattformbetreiber und Endkunde für umsatzsteuerliche Zwecke zwei Lieferungen, folglich ein Reihengeschäft, fingiert. Dabei ist grundsätzlich die steuerpflichtige warenbewegte Lieferung der Lieferung zwischen Plattformbetreiber und Endkunde zuzuordnen. Im Ergebnis wird der Plattformbetreiber somit Steuerschuldner.
Die bereits bestehenden Regelungen zur Haftung der Marktplatzbetreiber (§§ 22f und 25e UStG) finden aufgrund der Einbeziehung in die Lieferkette künftig nur noch sehr eingeschränkt Anwendung.
Drittlands-Unternehmer können mit Wirkung zum 1. Juli 2021 alle sonstigen Leistungen an Nichtunternehmer, die in der EU zu besteuern sind (z. B. Grundstückslieferungen, Beförderungsleistungen usw.) im OSS melden und nicht mehr nur, wie bisher, elektronische Dienstleistungen (§ 3a Abs. 5 UStG).
Die Anzeige zur Teilnahme ist bereits seit dem 1. April 2021 beim Bundeszentralamt für Steuern möglich.
EU-Unternehmer (d. h. auch Inlands-Unternehmer) können alle sonstigen Leistungen an Nichtunternehmer, die in einem anderen Mitgliedsstaat zu besteuern sind, in ihrem Ansässigkeitsstaat melden.
Zudem können EU- und Drittlands-Unternehmer künftig ihre innergemeinschaftlichen Fernverkäufe über OSS melden (vgl. Punkt 1, § 3c Abs. 1 UStG). Nicht vom OSS erfasst wird jedoch das innergemeinschaftliche Verbringen. Sollen Waren innerhalb der EU umgelagert werden, besteht in den Ländern mit Warenlager daher weiterhin eine Registrierungspflicht.
Ferner können künftig auch die Umsätze, die der neu eingeführten Reihengeschäftsfiktion unterliegen, im OSS gemeldet werden (vgl. Punkt 2, § 3 Abs. 3a S. 1 UStG).
Die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer von Einfuhren bis zu einem Warenwert von EUR 22,00 entfällt ersatzlos
Im Zusammenhang mit der Abschaffung der 22-Euro-Grenze können Unternehmer ab dem 1. Juli 2021 das neue Import-One-Stop-Shop-Verfahren optional verwenden (IOSS), um Einfuhrumsatzsteuer zu vermeiden: Fernverkäufe aus dem Drittland (§ 3c UStG) bis zu einem Wert von EUR 150,00, die im IOSS gemeldet werden, sind von der Einfuhrumsatzsteuer befreit, wenn bei der Zollanmeldung die Gültigkeit der individuellen Identifikationsnummer des Unternehmers oder dessen Vertreters von der Zollstelle geprüft wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG).
Alternativ dazu wird eine weitere neue Sonderregelung (§ 21a UStG) eingeführt, bei der die Einfuhrumsatzsteuer durch den Spediteur vom Empfänger vereinnahmt und im Folgemonat an die Zollverwaltung entrichtet wird. Hierdurch soll für Sendungen mit einem Sachwert von höchstens EUR 150,00 die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer auf solche Warensendungen vereinfacht werden.
Das BMF-Schreiben enthält eine Vielzahl von Beispielen zu den einzelnen Neuerungen, die einen guten Einstieg in die Problematik vermitteln. Weiterhin wurden bereits einige Unklarheiten im Zusammenhang mit den verwendeten Begriffen, wie z. B. Erwerber, Sendungen oder Online-Marktplatz geklärt. Gleichwohl bleiben Fragen offen (z. B. zur konkreten Rechnungslegung oder zur Frage, wie weit die sog. Transportveranlassung des Lieferers reicht).
Für Fragen zum Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns an.
Besuchen Sie auch unser Corona-Newsportal. Darin stellen wir kontinuierlich Neuigkeiten zu rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen in der Corona-Krise für Sie zusammen.