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Wettbewerbsverbot in der Insolvenz

Ein Wettbewerbsverbot eines GmbH-Geschäftsführers gilt auch nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH, denn die Insolvenzeröffnung beendet die Organstellung nicht.

03.12.2020
1. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Über das Vermögen einer GmbH wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Der Geschäftsführer der GmbH unterlag bis zu diesem Zeitpunkt unstreitig einem Wettbewerbsverbot analog § 88 Abs. 1 S. 1 AktG (dazu Baumbach/Hueck/Beurskens, GmbHG, 22. Aufl. § 37 Rn. 83 f; BGH NJW 2017, 1749 f). Der bestellte Insolvenzverwalter machte daraufhin geltend, dass der Geschäftsführer auch nach Insolvenzeröffnung dem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterliegt. Der Geschäftsführer widersprach dem. Letztlich musste das Gericht zur Klärung der Rechtsfrage angerufen werden. Das zunächst angerufene Landgericht (LG) entschied, dass das gesetzliche Wettbewerbsverbot analog § 88 Abs. 1 S. 1 AktG nicht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlösche, sondern erst mit der Beendigung der Organstellung. Gegen diese Entscheidung ging der Geschäftsführer vor, sodass die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt wurde. Das OLG bestätigte jedoch die Entscheidung des LG.

2. Die Begründung des OLG

Das OLG verweist darauf, dass die Insolvenzeröffnung die Organstellung als solche nicht beende. Schon daraus ergebe sich, dass die Insolvenzeröffnung den Fortbestand des gesetzlichen Wettbewerbsverbots nicht berühre. Insoweit sei auch zu beachten, dass die Organstellung regelmäßig Informationserlangungsmöglichkeiten und Geschäftsleitungsbefugnisse umfasst, die ein Wettbewerbsverbot rechtfertigen. Zwar komme dem Insolvenzverwalter mit der Insolvenzeröffnung gemäß § 80 InsO ein Verwaltungs- und Verwertungsrecht bezogen auf die Masse zu, damit erlange er aber keine Organstellung in der insolventen Gesellschaft. Auch vor diesem Hintergrund sei anerkannt, dass die organschaftlichen Pflichten des Organs nach der Insolvenzeröffnung weiterbestehen. Zudem sei zu beachten, dass die Gesellschaft Inhaber höchstpersönlicher Rechtspositionen sein kann, die als solche nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegen und dementsprechend nicht in den Verwaltungs- und Verfügungsbereich des Insolvenzverwalters fallen. Um insoweit die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft zu erhalten, müssten die Organe auch noch nach der Insolvenzeröffnung ihre Funktion wahrnehmen können.

3. Hohe Praxisrelevanz

Die Entscheidung des OLG hat eine hohe Praxisrelevanz. Ihr ist inhaltlich zuzustimmen. Schon aus systematischen Gründen kann die Organstellung nicht mit der Insolvenzeröffnung entfallen. Zudem besteht auch nach der Insolvenzeröffnung eine Notwendigkeit, die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des Organs einzufordern. Dies mag für den Geschäftsführer einer insolventen Gesellschaft im Einzelfall misslich sein. Aus Sicht der Gesellschaft ändert die Insolvenzeröffnung jedoch nichts an deren Interesse, dass die Organe der Gesellschaft ihre Treupflicht einhalten.

Den Volltext des Beschlusses des OLG Roststock vom 2. Juni 2020 AZ 4 W 4/20 finden Sie hier.

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