Sämtliche Entgelte für Bauleistungen, die jemand im Inland an einen umsatzsteuerlichen Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts erbringt, unterfallen der sogenannten Bauabzugssteuer des § 48 EStG.
Betriebsausgabenabzug auch bei Nichtbenennung des Zahlungsempfängers
Dem Bauleistungsempfänger gewährt dafür der § 48 Abs. 1 EStG einen vollen Betriebsausgabenabzug, wenn er die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- Vornahme eines Steuerabzugs i.H.v. 15 % für Rechnung des Leistenden;
- Anmeldung des Steuerabzugsbetrags;
- Abführung des Steuerabzugsbetrags an das Finanzamt.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, erhält der Bauleistungsempfänger gemäß § 48 Abs. 4 EStG selbst dann den vollen Betriebsausgabenabzug, wenn er dem Finanzamt den Zahlungsempfänger (auf Verlangen) nicht benennt. Insoweit macht der Gesetzgeber eine Ausnahme von der Sperrwirkung des § 160 Abs. 1 AO.
Streitfrage über Anwendbarkeit auf ausländische Domizilgesellschaften
In dem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 5. Februar 2020 (Az.: 9 K 95/13) wurde nun erstmals von der Finanzrechtsprechung die Frage aufgegriffen, ob der volle Betriebsausgabenabzug beim Leistungsempfänger auch möglich ist, wenn die Zahlungsempfängerin eine ausländische inaktive Domizilgesellschaft ist.
Im Urteilsfall war die Klägerin eine inländische Kommanditgesellschaft für Entwicklung und Bauträgerschaft, die umfangreiche Bauleistungen von britischen Subunternehmern in Anspruch nahm. Nach Feststellungen des Bundesamtes für Steuern waren diese Subunternehmer wirtschaftlich inaktive Domizilgesellschaften. Die Klägerin nahm für die Bauleistungen ohne Benennung des Zahlungsempfängers den Steuerabzug von 15 % für Rechnung der Subunternehmer vor, meldete den Abzugsbetrag an und führte ihn ab. Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass der volle Betriebsausgabenabzug trotz formeller Erfüllung aller Kriterien des § 48 Abs. 1 EStG nicht möglich ist, wenn die Zahlungsempfänger ausländische inaktive Domizilgesellschaften sind. Mit dieser Begründung kürzte es anteilig den Betriebsausgabenabzug der Klägerin.
Keine Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs bei Bauleistungen
Das Niedersächsische Finanzgericht teilt die Auffassung des beklagten Finanzamtes nicht. Weder der Gesetzgeberwille noch der Gesetzestext würden eine derartige Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs bei Zahlungen an inaktive ausländische Domizilgesellschaften erkennen lassen. So sorge § 48 EStG gerade dafür, dass durch die Inanspruchnahme ausländischer Domizilgesellschaften keine Steuerausfälle entstehen.
Auch verfassungsrechtlich sei keine andere Auslegung der Norm des § 48 Abs. 4 EStG angezeigt. Eine rechtsmissbräuchliche Anwendung von Gestaltungsmöglichkeiten des Betriebsausgabenabzugs sei nach Auffassung des Finanzgerichts zwar gegeben, wenn sich der Leistungsempfänger in Zusammenarbeit mit einer formal als Subunternehmer eingeschalteten Domizilgesellschaft den Betriebsausgabenabzug erschleiche. Das war vorliegend nicht der Fall.
Gegen die Entscheidung wurde Revision beim Bundesfinanzhof (Az.: IV R 4/20) eingelegt. Es bleibt also abzuwarten, ob sich die höchstrichterliche Rechtsprechung der Ansicht des Finanzgerichts anschließt. Gern halten wir Sie dazu hier auf dem Laufenden.
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