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BMF: Aufsichtsratsvergütung: 10%-Grenze und neue Leistungszeitpunkte

Das BMF hat sich mit seinem Schreiben vom 23. März 2022 erneut mit der umsatzsteuerlichen Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen beschäftigt. Konkret geht es um die Berechnung der 10 %-Grenze bei Mischvergütungen, d. h. von solchen Vergütungen, die feste und variable Bestandteile umfassen, sowie um die Festlegung neuer Leistungszeitpunkte.

12.05.2022
I. Überblick in Kürze

Das BMF hatte sich bereits mit Schreiben vom 8. Juli 2021 der Rechtsprechung des BFH angeschlossen und den Anwendungserlass geändert. Danach unterliegt die Aufsichtsratsvergütung nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie zu mindestens 10% variabel ist (vgl. unseren Newsbeitrag vom 13. Juli 2021). Unklar war bisher, wie die 10%-Grenze im Einzelnen zu ermitteln ist. In seinem jüngsten Schreiben ergänzt das BMF daher wie folgt:

1. neue Leistungszeitpunkte

Ursprünglicher Zeitpunkt der Leistung war die Hauptversammlung. Nunmehr ist grundsätzlich der Ablauf eines Geschäftsjahres der Gesellschaft für die allgemeine Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds maßgeblich.

Nimmt ein Aufsichtsratsmitglied an einer Aufsichtsratssitzung teil und erhält dafür Auslagenersatz und Sitzungsgeld, so ist maßgeblicher Leistungszeitpunkt hierfür der Tag der Aufsichtsratssitzung. Die Aufsichtsratstätigkeit wird also nun nicht mehr als einheitliche Leistung angesehen.

2. Berechnung 10%-Grenze

Das BMF stellt klar, dass für die Ermittlung der 10%-Grenze nur die Vergütungsbestandteile zu berücksichtigen sind, die für Leistungen gezahlt werden, die in dem betreffenden Geschäftsjahr der Gesellschaft ausgeführt wurden. D. h. auf das Kalenderjahr wird nicht mehr abgestellt.

Zudem sind in die Prüfung der 10 %-Grenze nur die „variablen“ Sitzungsgelder aller geplanten Sitzungen eines Geschäftsjahrs der Gesellschaft, unabhängig von der tatsächlichen Teilnahme des Aufsichtsratsmitglieds, mit einzubeziehen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der 10 %-Grenze ist also der Beginn des Geschäftsjahrs der Gesellschaft; nachträgliche Änderungen bleiben unberücksichtigt. Nimmt ein Aufsichtsratsmitglied an einzelnen (oder allen) Sitzungen tatsächlich nicht teil, bleibt es somit bei der Berechnung vom Beginn des Geschäftsjahres (Prognoseentscheidung).

II. Auswirkungen auf die Praxis

Die Regelungen dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten wird es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn die alte BMF-Auffassung (Selbständigkeit auch bei Fixvergütung) auf Leistungen angewendet wird, die in einem Geschäftsjahr der Gesellschaft ausgeführt worden sind, das vor dem 1. Januar 2022 begonnen hat.

Zudem beanstandet es das BMF nicht, wenn für Geschäftsjahre der Gesellschaft, die vor dem 1. Januar 2022 enden, als Leistungszeitpunkt für die allgemeine Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrats noch auf die Teilnahme an der Hauptversammlung abgestellt wird.

Zu begrüßen ist, dass es nur auf die Prognose zu Beginn des Geschäftsjahres ankommt und spätere Änderungen unberücksichtigt bleiben. Dadurch werden bei jährlichen Schwankungen sonst erforderliche Korrekturen bei der Umsatzbesteuerung und beim Vorsteuerabzug vermieden. Die Prognoseentscheidung sollte dokumentiert werden. Zudem sind die verschiedenen Leistungszeitpunkte bei Rechnungslegung und Umsatzsteuervoranmeldung zu berücksichtigen.

Gern unterstützen wir Sie bei der Prüfung und ggf. Umsetzung der neuen Grundsätze.

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