Der Sächsische Städte- und Gemeindebund informierte mit Mitgliederrundschreiben Nr. 175/19 vom 9. Juni 2019, dass am 24. Mai 2019 das „Vierte Gesetz zur Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung“ (SächsGemO) verabschiedet wurde. Eine Verkündung steht noch aus. Letzter Veröffentlichungsstand beim Sächsischen Landtag ist die Beschlussempfehlung des Innenausschusses (Drs. 6/176713). Auswirkungen ergeben sich unter anderem für das Gemeindewirt-schaftsrecht (§§ 94a ff. SächsGemO). Zentrale Neuerung ist die Sonderregelung des § 97 SächsGemO für kommunale Versorgungsunternehmen.
Kommunen können nur unter Beachtung landesrechtlich vorgegebener Grenzen Unternehmen gründen oder sich an Unternehmen beteiligen. Für sächsische Kommunen maßgeblich sind die §§ 94a ff. SächsGemO. Erst durch die Gesetze zur Fortentwicklung des Kommunalrechts 2013/2017 wurden diese Vorschriften reformiert (siehe Newsbeitrag vom 5.2.2014). Die Umsetzung der Vorgaben, insbesondere die Anpassung der Gesellschaftsverträge, ist auch für mittelbare Beteiligungsebenen weitgehend realisiert.
Im Rahmen zwischenzeitlich durchgeführter Projekte zur Gründung und Beteiligung von Unternehmen zeigte sich, dass die Erfüllung der Anforderungen (siehe Newsbeitrag vom 28.8.2018) zu teils erheblichen zeitlichen Verzögerungen in der Umsetzung geführt haben. Dabei stand vor allem bei mittelbaren Beteiligungsebenen die Sinnhaftigkeit einzubeziehender Gremien und Behörden nicht selten in Zweifel.
Abhilfe soll § 97 SächsGemO schaffen. Beabsichtigt ist eine Vereinfachung des Gründungs- und Beteiligungsprozesses für sog. kommunale Versorgungsunternehmen. Diese werden definiert als „Betätigung von kommunalen Unternehmen der Bereiche der Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung sowie Telekommunikation“. Für diese Bereiche ist die Prüfung der Schrankentrias des § 94a Abs. 1 SächsGemO erheblich erleichtert. Es bedarf insoweit nur noch bei Tätigkeit außerhalb des Gemeindegebiets der Prüfung, ob diese nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht. Dies ergänzt die schon bislang gemäß § 94a Abs. 5 SächsGemO privilegierten Versorgungsbereiche konsequent.
Zentrales Novum ist die Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen im privilegierten Bereich. Insoweit handelt es sich fast um eine Rückkehr zur Rechtslage vor den eingangs erwähnten Gesetzen zur Fortentwicklung des Kommunalrechts.
Nur noch für kommunale Versorgungsunternehmen mit unmittelbarer gemeindlicher Beteiligung ist das Gemeindewirtschaftsrecht anzuwenden. Abwägungsgutachten, Kammereinbeziehung, Gemeinderatsbefassung, rechtsaufsichtliche Genehmigung und gesellschaftsvertraglicher Mindestinhalt nach § 96a SächsGemO mit Ausnahme von Vorgaben zu weiteren Beteiligungesebenen sind daher für Gründung, Beteiligung, Übernahme und wesentliche Veränderung solch unmittelbarer Beteiligungen weiterhin erforderlich.
Bei einer nur mittelbaren Beteiligung einer Gemeinde an einem Unternehmen im privilegierten Bereich hingegen gilt das Gemeindewirtschaftsrecht mit Ausnahme der §§ 98,99 und 101 SächsgemO nicht mehr. Die Kommunen müssen daher künftig selbst auf die Gestaltung ihrer Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten achten. Gesellschaftsvertraglich abzusichern ist „nur“ noch die Anzeige einer mittelbaren Beteiligungsabsicht durch kommunale Versorgungsunternehmen gegenüber den mittelbar beteiligten Gemeinden sowie dass eine Beteiligung erst realisiert werden darf, wenn die Rechtsaufsichtsbehörde entweder von dem zu ihren Gunsten bestehenden Genehmigungsvorbehalt keinen Gebrauch gemacht hat oder die Genehmigung erteilt hat. Die informierten Gemeinden unterliegen künftig einer unverzüglichen Vorlagepflicht gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde, die sodann von ihrem Genehmigungsvorbehalt Gebrauch machen kann.
Es bleibt abzuwarten, ob die Neuregelungen wirklich zu einer Vereinfachung der Prozesse führen. Zu praktischen Schwierigkeiten könnte die (nicht) fristgerechte Einhaltung der Anzeige- und Vorlagepflichten führen. Fakt ist aber zumindest, dass gerade erst angepasste Gesellschaftsverträge erneut geändert werden müssen. Da keine Umsetzungsfristen vorgesehen sind, hat dies im Zweifel sofort zu erfolgen. Inwieweit an den Regelungen des § 96a SächsGemO fakultativ festgehalten werden soll oder ob und wie man alternative Kontroll- und Einflussmöglichkeiten gesellschaftsvertraglich absichert, bedarf einer kritischen Prüfung. Die Gestaltungsmöglichkeiten hierzu sind variantenreich. Damit einher geht auch ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit. Es wäre daher schön, wenn zumindest die Verwaltung insoweit Handlungsempfehlungen geben würde. Vielleicht kann dies Anlass für das Sächsische Staatsministerium des Innern sein, einen der aktuellen Rechtslage angepassten Leitfaden zu erstellen.
Schließlich ist zu beachten, dass die Neuerungen nur die nach § 97 SächsGemO privilegierten Unternehmen betreffen. Bei der Prüfung der gemeindewirtschaftsrechtlichen Anforderungen der §§ 94a ff. SächsGemO ist daher künftig zu differenzieren zwischen einer unmittelbaren und einer mittelbaren Beteiligung an kommunalen Versorgungsunternehmen sowie einer Beteiligung gleich welcher Art an sonstigen Unternehmen im nicht privilegierten Bereich.
Zum Zeitpunkt der Beitragsverfassung stand die Veröffentlichung der Gesetzesänderung noch aus. Die Änderungen sollen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.