Weihnachtsfeiern sind derzeit in vollem Gange. Sie sind beliebt, um das Jahr ausklingen zu lassen und den kollegialen Zusammenhalt zu stärken. Dennoch laufen Weihnachtsfeiern - nicht selten unter Alkoholeinfluss - nicht immer so besinnlich ab, wie gewünscht, was im Nachhinein oft die Fachgerichte beschäftigt. Wir möchten Ihnen in diesem Beitrag einen kurzen Überblick über ausgewählte arbeits- und sozialrechtliche Besonderheiten im Zusammenhang mit Weihnachtsfeiern geben.
Freiwillige Teilnahme
Arbeitgeber müssen unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einladen. Etwas anderes gilt nur, wenn für diese Zeit eine Arbeitspflicht (z. B. Bereitschaftsdienst) besteht.
Dementgegen sind Arbeitnehmer nicht zur Teilnahme verpflichtet. Es besteht kein Zusammenhang zwischen einer Weihnachtsfeier und der originären Arbeitspflicht, so dass die Teilnahme nicht im Wege des Direktionsrechts angeordnet kann (vgl. Azinović/Loges ArbR 2023, 642). Dies gilt auch, wenn die Feier während der Arbeitszeit stattfindet.
Arbeitszeit
Weihnachtsfeiern während der betriebsüblichen Arbeitszeit sind als Arbeitszeit zu werten. Nehmen Arbeitnehmer nicht teil, sind vom Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um den nicht teilnehmenden Arbeitnehmern die Weiterarbeit zu ermöglichen (vgl. BAG vom 4. Dezember 1970 – 5 AZR 242/70 – AP BUrlG § 7 Nr. 5).
Findet die Feier außerhalb der Arbeitszeit statt, handelt es sich nicht um vergütungspflichtige Arbeitszeit, so dass die Arbeitnehmer anlässlich ihrer Teilnahme keine Überstunden aufbauen oder Vergütung verlangen können (vgl. Azinović/Loges ArbR 2023, 642).
Unfälle während der Feier oder auf dem Heimweg
Die an der Weihnachtsfeier teilnehmenden Arbeitnehmer sind grundsätzlich über die gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) geschützt. Aufgrund des betrieblichen Anlasses von Weihnachtsfeiern, der den Zusammenhalt der Arbeitnehmer fördern soll, besteht regelmäßig ein innerer Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit (BSG vom 26. Juni 2014 – B 2 U 7/13 – NJW 2015, 1407, Rn. 12, BSG vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R – NZS 2017, 25, Rn. 17). Hierfür reicht es jedoch nicht aus, wenn die Unternehmensleitung lediglich Räume zur Verfügung stellt. Erforderlich ist, dass Weihnachtsfeiern als eigene betriebliche Veranstaltung durchgeführt werden (BSG vom 26. Juni 2014 – B 2 U 7/13 – NJW 2015, 1407, Rn. 13), ohne dass die Unternehmensleitung persönlich hieran teilnehmen muss (BSG vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 – NZS 2017, 25, Rn. 16 ff.). Weihnachtsfeiern einzelner organisatorischer Einheiten oder Teams unterfallen nur dann der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Veranstaltung von der jeweiligen Leitung im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung durchgeführt wird (BSG vom 26. Juni 2014 – B 2 U 7/13 – NJW 2015, 1407, Rn. 14).
Auch der Heimweg von einer betrieblichen Weihnachtsfeier unterliegt unter den vorgenannten Voraussetzungen gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz (vgl. auch BSG vom 28. Juni 2022 – b 2 U 16/20 R – NJW 2023, 2299, Rn.14). Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Arbeitnehmer während des Heimwegs so unter Alkoholeinfluss stand, dass die Folgen des Alkoholgenusses für die Verursachung eines Unfalls von erheblicher Bedeutung sind und damit den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ausschließen (LSG Sachsen-Anhalt vom 14. Mai 2020 – L 6 U 45/17).
Fehlverhalten während und nach der Feier
Auch wenn kein arbeitsrechtlicher Zusammenhang zwischen der originären Arbeitspflicht und der Weihnachtsfeier besteht, kann das Verhalten auf der Weihnachtsfeier kündigungs- oder abmahnungsrelevant sein, z. B.:
- grobe Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen
- sexuelle Belästigungen und Übergriffe
- Tätlichkeiten, Bedrohungen
- ausufernde Trinkgelage, etc.
Dabei ist im Einzelfall zu prüfen, ob die jeweilige Pflichtverletzung die Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung oder eine Abmahnung erfüllt. Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass es sich bei Weihnachtsfeiern auch außerhalb der Arbeitszeit nicht um Ausnahmesituationen handelt, sondern auch hier arbeitsvertragliche Pflichten, insbesondere Nebenpflichten, bestehen. So führt z. B. die üblicherweise gelöste Stimmung nicht zur Relativierung oder Rechtfertigung sexueller Belästigungen und frauenfeindlicher oder sexistischer Kommentare (ArbG Elmshorn vom 26. April 2023 – Ca 1501 e/22 – BeckRS 2023, 14496). Gleiches gilt für Beleidigungen, weil hierdurch die Autorität des Beleidigten untergraben wird (LAG Hamm vom 30. Juni 2004 – 18 Sa 836/ 04 – BeckRS 2004, 308027696). Auch sonstiges Fehlverhalten während der Feier (z. B. ausuferndes Trinkgelage, Baden im Rhein während der Feier auf einem Schiff (PM LAG Düsseldorf vom 18. Juli 2023 – 3 Sa 211/23) oder danach (z. B. eigenmächtiges Weiterfeiern im Betrieb, um dort Alkohol zu konsumieren und Unrat hinterlassen – PM des LAG Düsseldorf vom 12. September 2023 – 3 Sa 284/23) ist kündigungsrelevant.
Alkoholkonsum
Eine ungezwungene Stimmung fernab des üblichen Arbeitsalltag ist auf Weihnachtsfeiern gewünscht. Häufig geht dies jedoch mit einem – nicht unerheblichen – Konsum von Alkohol einher.
Führt der Alkoholkonsum dann zur Arbeitsunfähigkeit am nächsten Arbeitstag, kann der Anspruch auf Lohnfortzahlung zweifelhaft sein. § 3 Abs. 1 EFZG setzt für die Gewährung von Entgeltfortzahlung voraus, dass den Arbeitnehmer an der Verhinderung seiner Arbeitsleistung kein Verschulden trifft. Sofern keine Suchterkrankung vorliegt, sondern die Arbeitsunfähigkeit auf einen übermäßigen Konsum zurückzuführen ist, kann der arbeitsunfähige Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Lohnfortzahlung aufgrund schuldhaften Verhaltens verlieren. Ein entgeltfortzahlungsausschließendes Verhalten ist dem Arbeitnehmer dann vorzuwerfen, wenn er sich in einen Zustand versetzt hat, der ein kontrolliertes und sicheres Verhalten nicht mehr gewährleistet und hierdurch die Gefahr von Unfällen erheblich vergrößert (vgl. BAG vom 11. März 1987 – 5 AZR 739/85 – NZA 1987, 452).
Praxistipps für Arbeitgeber
Angesichts der rechtlichen Bedeutung einer Weihnachtsfeier für das Arbeitsverhältnis und den Unfallversicherungsschutz ist es ratsam, die Organisation zu dokumentieren und Verhaltensrichtlinien vorab festzulegen:
- Die Organisation einer betrieblichen Weihnachtsfeier der Unternehmensleitung sollte beispielsweise per Mail oder in einem gesonderten Protokoll festgehalten werden, um die Veranstaltung unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen.
- Die Arbeitnehmer sollten vorsorglich auf die „Grenzen“ des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes sowie auf mögliche Konsequenzen eines Fehlverhaltens oder übermäßigen Alkoholkonsums hingewiesen werden.
- Im Rahmen eines „Code of Conduct“ können unerwünschte Verhaltensweisen auf betrieblichen Feierlichkeiten kommuniziert und rechtliche Konsequenzen in Aussicht gestellt werden, um sowohl Mitarbeiter als auch Unternehmensleitung für Fehlverhalten zu sensibilisieren und dieses ggf. zu verhindern.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und Ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gutes Gelingen für Ihre Weihnachtsfeier!