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Spendenvortrag bei Übertragung eines Grundstücks auf eine Stiftung – gesonderte Feststellung durch das Finanzamt erforderlich (steuerlicher Grundlagenbescheid)

Der Gesetzgeber privilegiert Zuwendungen in das Grundstockvermögen gemeinnütziger Stiftungen (sog. „Vermögensstockspende“) mit einem besonderen Ausgabenabzug. Stifter und Zustifter können innerhalb eines zehnjährigen Verteilungszeitraums jeweils über das Ob und die Höhe des Sonderausgabenabzugs entscheiden. Zu dessen Voraussetzungen hat sich nun der BFH geäußert (Urteil vom 6.12.2018, AZ X R 11/17).

22.04.2019

1. Vermögensstockspende – Zuwendungen in das Grundstockvermögen

Nach § 10b Abs. 1a S. 1 EStG können Zuwendungen i. S. d. § 10b Abs. 1 EStG („Spenden“), die in das zu erhaltende Stiftungsvermögen (Grundstockvermögen) einer steuerbefreiten Stiftung des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts geleistet werden (sog. „Vermögensstockspenden“), im Jahr der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen bis zu einem Betrag von EUR 1 Mio. (zusammenveranlagte Eheleute: EUR 2 Mio.) auf Antrag des Zuwendenden von der Einkommensteuer abgezogen werden. Diese hohen Abzugsbeträge und die Öffnung für Zuwendungen aufgrund einer Stiftungserrichtung oder nach dieser, für spätere Zustiftungen, hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007 (BGBl. I 2007, 2332) eingeführt. Stiftungsgründungen und Zustiftungen haben seither deutlich an Attraktivität gewonnen.

Der steuerpflichtige Stifter oder Zustifter hat das Wahlrecht, seine Zuwendung in das Grundstockvermögen einer Stiftung nach der allgemein für Spenden geltenden Norm des § 10b Abs. 1 EStG oder nach den spezielleren Regelungen des § 10b Abs. 1a EStG als Sonderausgabe zu berücksichtigen. Wählt er den besonderen Ausgabenabzug nach Abs. 1a, hat er die weitere Entscheidungsfreiheit, innerhalb des zehnjährigen Verteilungszeitraums jeweils über das Ob und die Höhe dieses Sonderausgabenabzugs zu entscheiden.

2. Der Fall des BFH – Bedeutung für die Stiftungspraxis

Das nun vom BFH zu den Voraussetzungen des Spendenvortrags ergangene Urteil betrifft zwar noch die Gesetzeslage vor 2007, die Entscheidung ist jedoch unter zwei Gesichtspunkten auch für die heutige Praxis relevant. Das Gericht führt aus, welche formalen Voraussetzungen für einen Spendenvortrag zu erfüllen sind (sogleich unter a)) und zu welchem Zeitpunkt insbesondere die Einbringung von Grundstücken einkommensteuerrechtlich relevant wird (unter b)).

a) Gesonderte Feststellung (Bescheid) des nicht verbrauchten Spendenvortrags erforderlich

Wählt der Stifter/Zustifter den Sonderausgabenabzug und verbraucht er den Abzugsbetrag im Jahr der Zuwendung nicht oder nicht vollständig, hat er nach Maßgabe des Gesetzes (Verweisung in § 10b Abs. 1a S. 4 EStG auf § 10d Abs. 4 EStG) den nicht verbrauchten Spendenvortrag zum Ende des Veranlagungszeitraums (beginnend mit dem Jahr der Zuwendung) durch das zuständige Finanzamt gesondert feststellen zu lassen (Grundlagenbescheid).

Die Feststellung muss auf Antrag des Steuerpflichtigen auf den Schluss des Veranlagungszeitraums des Jahres der Zuwendung der Vermögensstockspende durchgeführt werden. In diesem Verfahren – und nicht später, etwa im Festsetzungsverfahren späterer Veranlagungszeiträume – ist verbindlich zu klären, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Vermögensstockspende i. S. d. § 10b Abs. 1a EStG gegeben sind.

Gegenstand des finanzbehördlichen Grundlagenbescheides sind der Grund und die Höhe der steuerlichen Berücksichtigung einer Vermögensstockspende innerhalb des gesetzlichen Verteilungszeitraums.

b) Einbringung von Grundstücken: maßgebender Veranlagungszeitraum ist das Jahr der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an die Stiftung

Das Stiftungsgeschäft privatrechtlicher Stiftungen und damit auch das in diesem enthaltene Ausstattungsversprechen (Zuwendung von Stiftungsvermögen) bedarf lediglich der Schriftform (§ 81 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Übertragung des versprochenen Vermögens erfolgt durch einen weiteren, dem Stiftungsgeschäft nachfolgenden Rechtsakt: die dingliche Übereignung. Stiftungsgeschäft und Übertragungsakt fallen damit regelmäßig zeitlich auseinander. Im Fall der Grundstücksübertragung sind für den Rechtsübergang ein notarieller Vertrag – die Auflassung – und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.

Der BFH betont, dass der – auch für den Sonderausgabenabzug – einkommensteuerrechtlich relevante Zeitpunkt derjenige ist, zu dem die Stiftung (auf dem Weg zu rechtlichem Eigentum) das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück erlangt. Im Fall der Grundstückübertragung ist dies der Zeitpunkt des sog. Gefahrübergangs auf den Erwerber (Übertragung von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten aufgrund notarieller Vereinbarung).

Die Besonderheit des entschiedenen Falles lag in einer sog. vertraglichen Rückbeziehungs­klausel. Konkret enthielt der notarielle Vertrag (Auflassung) eine Regelung, welche den Gefahrübergang an dem zu übertragendenden Grundstück auf einen Zeitpunkt von über zwei Jahren vor der Auflassung zurückbezog. Es handelte sich also um eine Gestaltung, welche die steuerlich gewünschte Wirkung in einem konkreten Veranlagungszeitraum sicherstellen sollte (hier im Errichtungsjahr der Stiftung).

Der BFH schloss eine einkommensteuerrechtliche Wirkung der Rückwirkungsklausel explizit aus und begründete seine Auffassung damit, dass eine vom bürgerlichen Recht abweichende Zurechnung unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Eigentums nur in Betracht komme, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ein anderer als der rechtliche Eigentümer (hier der Stifter) die tatsächliche Herrschaft ausübt (hier die Stiftung) und den nach bürgerlichem Recht Berechtigten auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 AO). Entscheidend sei, dass der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat oder kein Herausgabeanspruch bestehe.

Eben diese Wirkung verfehle die notarielle Rückbeziehungsklausel: Eine solche, im Nachhinein vereinbarte Klausel versetze den Erwerber (die Stiftung) gerade nicht in die Lage, den Veräußerer (Stifter) bereits vor dem notariellen Vertragsabschluss von der Einwirkung auf das übertragene Grundstück auszuschließen.

3. Praxishinweise

Im entschiedenen Fall lagen die Voraussetzungen einer Vermögensstockspende damit wohl nicht vor (abschließend hat darüber das zuständige FG zu entscheiden, Zurückverweisung durch den BFH): Weder ist das Eigentum an dem der Stiftung versprochenen Grundstück – wie im Stiftungsgeschäft zugesagt – innerhalb eines Jahres nach Stiftungsgründung erfolgt, noch kann die spätere Auflassung und damit Zuwendung des Grundstücks als Zustiftung steuerlich berücksichtigt werden, da § 10b Abs. 1a EStG in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung bis zum 31.12.2006 eine Begünstigung von Zustiftungen, also späteren Vermögensstockspenden, noch nicht vorsah.

Für heutige Stifter und Zustifter ist die aktuelle Gesetzeslage deutlich günstiger. Die von ihnen individuell gewünschte einkommensteuerrechtliche Anrechenbarkeit von Zuwendungen in das Stiftungsvermögen verlangt gleichwohl Aufmerksamkeit.

  • Soll die steuerliche Anrechnung einer Stiftungsausstattung oder Zustiftung in einem bestimmten Jahr erfolgen, muss die Stiftung in diesem das wirtschaftliche Eigentum an den versprochenen Gegenständen erhalten, dies gilt insbesondere für Grundstücke. Der Abschluss des Stiftungsgeschäfts oder eines Zustiftungsvertrages (Schenkung) genügen ebenso wenig wie nachträglich vereinbarte Rückwirkungsklauseln. Die Stiftung muss vielmehr schon vorher zumindest Besitz an dem Grundstück und auch deren Nutzungen (Mieten/ Pacht) bzw. eigene Nutzungsbefugnis erhalten.
  • Ein verbleibender Spendenvortrag für eine Vermögensstockspende ist erstmals zum Schluss des Veranlagungszeitraums des Zuwendungsjahres gesondert festzustellen. Die gesonderte Feststellung ist innerhalb des zehnjährigen Verteilungszeitraums fortzuführen, solange und soweit ein Spendenvortrag verbleibt.
  •  Zudem ist bei sog. Ewigkeitsstiftungen zu beachten, dass ein Wahlrecht für den Sonderausgabenabzug nach § 10b Abs. 1a S.1 EStG nur bei Zuwendungen in deren dauerhaft zu erhaltendes Grundstockvermögen besteht. Zuwendungen in das Vermögen von Verbrauchsstiftungen werden nicht privilegiert (§ 10b Abs 1a S. 2 EStG), da deren Vermögen nach einem vom Stifter vorgegebenen Verbrauchsschlüssel zum Einsatz für Stiftungszwecke abgeschmolzen und gerade nicht dauerhaft ungeschmälert erhalten wird. Die Einschränkung der Abziehbarkeit gilt auch für Zuwendungen in einen verbrauchbaren Vermögenstopf, den Ewigkeitsstiftungen neben ihrem unantastbaren Vermögen vorhalten können. Solche Hybridstiftungen sind geprägt von dem dauerhaften Vermögenserhalt, verfügen jedoch daneben über einen antastbaren Vermögenstopf (zur Finanzierung besonderer Ausgaben, für Ausstattung mit wertschwankungsintensiver Kryptowährung oder als Risiko- bzw. Liquiditätsreserve). Ein solches Verbrauchsvermögen kann einem Verbrauchsschlüssel unterliegen, muss es aber nicht. Wegen der verschiedenen steuerlichen Wirkungen ist bei Zustiftungen an Hybridstiftungen für Zustifter (eingeschränkter Geltungsbereich des besonderen Ausgabenabzugs) wie für die empfangende Stiftung (Ausstellung von Zuwendungsbescheinigungen) besondere Aufmerksamkeit geboten.

Das vollständige Urteil finden Sie hier.

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