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Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge unterliegen bei Entgeltfortzahlung der Lohnsteuer- und SV-Pflicht

Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung führen immer wieder zu teils erheblichen Nachzahlungen, weil Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit bei der Lohnfortzahlung, z.B. bei Urlaub oder Krankheit nicht zutreffend berücksichtigt wurden. Warum das so ist und wie man gegen diese Feststellungen vorgehen kann, lesen Sie hier.

20.09.2018
Ausgangslage

Im Krankheitsfall, an Feiertagen und bei Urlaub haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Die Höhe des fortzuzahlenden Arbeitslohnes bestimmt sich dabei nach dem Lohnausfallprinzip, das heißt, der Arbeitnehmer hat Anspruch auf den Arbeitslohn, den er ohne Arbeitsausfall erhalten hätte bzw. bei Urlaub auf den durchschnittlichen Verdienst der letzten 13 Wochen vor Beginn seines Urlaubes.

Werden neben dem Grundlohn üblicherweise auch Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit (sog. SFN-Zuschläge) gezahlt, sind diese bei der Lohnfortzahlung zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer diese ohne die Verhinderung durch Urlaub, Krankheit oder Feiertag erhalten hätte.

Zuschläge für tatsächlich geleistete SFN-Arbeit sind gemäß § 3b EStG bzw. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV im Rahmen der dort genannten Grenzen lohnsteuer- und beitragsfrei. Anders hingegen verhält es sich mit SFN-Zuschlägen im Falle der Entgeltfortzahlung. Da der Arbeitnehmer im Falle von Urlaub oder Krankheit keine tatsächliche Arbeitsleistung zu den besonderen Zeiten erbringt, sind die in der Entgeltfortzahlung enthaltenen SFN-Zuschläge regelmäßig steuer- und beitragspflichtig.

In der Praxis bestehen auf Grund der teils unterschiedlichen Regelungen in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen und gesetzlichen Grundlagen Unsicherheiten, ob SFN-Zuschläge überhaupt und wenn ja, in welcher Höhe bei der Lohnfortzahlung bzw. Berechnung des Urlaubslohnes zu berücksichtigen sind. Teilweise werden diese Zuschläge schlicht gar nicht berücksichtigt. Dies ist dann der Ansatzpunkt der Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung:

Entstehungsprinzip vs. Zuflussprinzip

Anders als im Steuerrecht, in dem das Zuflussprinzip maßgebend ist, sind die Beiträge zur Sozialversicherung nach dem sog.  Entstehungsprinzip zu berechnen. Das bedeutet, die Lohnsteuer ist erst dann abzuführen, wenn dem Arbeitnehmer der Arbeitslohn zugeflossen ist, in der Regel bei Auszahlung.

Hingegen sind Beiträge zur SV bereits abzuführen, wenn der Anspruch des Arbeitnehmers auf das Arbeitsentgelt entstanden ist, unabhängig davon, ob das Entgelt ausgezahlt wurde oder nicht. Entscheidend ist, ob ein solcher Zuschlag vom Arbeitgeber geschuldet wird. Ist dies zu bejahen, wird die Deutsche Rentenversicherung auch tatsächlich nicht ausgezahlte SFN-Zuschläge als sog. „Phantomlohn“ in die Lohnberechnung einbeziehen und entsprechende Sozialversicherungsbeiträge sind abzuführen.

Daher ist im Falle von Urlaub, Krankheit und Feiertagen sorgfältig zu prüfen, in welcher Höhe der Arbeitnehmer überhaupt einen Anspruch auf Fortzahlung der SFN-Zuschläge hat. Zu beachten ist, dass nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Grund der Regelungen im EFZG bzw. im BUrlG auf Fortzahlung dieser Zuschläge nahezu nicht abbedingen lässt (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 1. Dezember 2004, Az. 5 AZR 68/04 bzw. Urteil vom 22. Januar 2002, Az. 9 AZR 601/00). Lediglich mittels Tarifvertrag kann von den gesetzlichen Regelungen teilweise abgewichen werden. Hierbei ist es aber wichtig, dass die tariflichen Regelungen wirksam vereinbart werden. Die Praxis zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist. Das Zusammenspiel von gesetzlicher Regelung, Tarif- und Arbeitsvertrag sollte daher sehr genau geprüft werden.

Steht im Ergebnis dem Arbeitnehmer auch ein Anspruch auf Fortzahlung der SFN-Zuschläge im Fall von Urlaub, Krankheit oder Feiertag zu und werden diese nicht gezahlt, kann eine Betriebsprüfung der DRV oft zu erheblichen Nachforderungen inklusive Säumniszuschlägen führen, denn für die Beitragspflicht ist es auf Grund des maßgebenden Entstehungsprinzips unerheblich, ob die Beiträge tatsächlich gezahlt wurden oder nicht.

Nachforderung mittels Summenbeitragsbescheides

Grundsätzlich ist bei bestehendem Anspruch auf Fortzahlung der SFN-Zuschläge eine personenbezogene Ermittlung vorzunehmen. Diese ist in der Regel aber mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, da die Zuschläge de facto für jeden Ausfalltag gesondert berechnet werden müssten.

Daher werden in der Praxis die Nachzahlungsbeiträge vielfach schätzweise unter Berücksichtigung von durchschnittlichen Fehlzeiten und bislang gezahlten SFN-Zuschlägen ermittelt und mittels Summenbeitragsbescheides nachgefordert.

Vorteil des Summenbeitragsbescheides ist, das eine rückwirkende Korrektur der Sozialversicherungsbeiträge entfällt. Die Rechtsprechung moniert hingegen in vielen Fällen den Summenbeitragsbescheid, zumindest dann, wenn eine personenbezogene Berechnung grundsätzlich möglich wäre (siehe z.B. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.04.2016 – L 5 KR 41/16 B ER).

Hinweise für die Praxis

Werden üblicherweise neben dem Grundlohn zusätzlich SFN-Zuschläge gezahlt, ist bei einer Lohnfortzahlung genau zu prüfen, ob diese Zuschläge mit einzubeziehen sind. Eine Abbedingung durch Arbeits- oder Tarifvertrag ist stets kritisch zu hinterfragen.

Basiert die Gewährung von SFN-Zuschlägen allein auf arbeitsvertraglichen Regelungen, lässt sich die Beitragspflicht nicht gezahlter Zuschläge durch die Vereinbarung eines pauschalen Monatslohns oder eines höheren Grundlohns ohne zusätzliche SFN-Zuschläge vermeiden, denn dann käme ein Ausfall von SFN-Zuschlägen im Entgeltfortzahlungsfall nicht mehr in Betracht. Allerdings wird immer im Einzelfall abzuwägen sein, ob eine solche Regelung den betrieblichen Erfordernissen gerecht wird.

Sollte bei Ihnen bereits ein Nachforderungsfall eingetreten sein, ist zu prüfen, ob die pauschale Schätzung durch die Rentenversicherungsprüfer zu Ihren Ungunsten ergangen ist. Sollte z.B. die Schätzung auf einer Berechnung ohne Aufzeichnung von Urlaubs- und Krankheitstagen basieren, können Sie stets eine personenbezogene korrigierende Neuberechnung fordern, indem Sie entsprechende Krankenscheine nachweisen.

Gern beraten wir Sie bei einer tarif- und arbeitsrechtlichen Gestaltung sowie bei Prüfungen der DRV. Sprechen Sie uns an.

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