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Schutz vor Kündigung bei Betriebsübergang auch für GmbH-Geschäftsführer

Wer als GmbH-Geschäftsführer aufgrund eines Arbeits- und nicht aufgrund eines Dienstvertrages tätig wird, kann sich über zusätzlichen Kündigungsschutz freuen: Bei Vorliegen eines Betriebsüberganges geht das Arbeitsverhältnis (nicht jedoch das Organverhältnis!) gem. 613a BGB auf den Erwerber über. Zusätzlich kann sich der Arbeitnehmer auf das Kündigungsverbot des § 613 a Abs. 4 BGB berufen.

25.01.2024
Arbeitsrecht
1. Der zugrundeliegende Fall

Der seit vielen Jahren im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer wurde zum Geschäftsführer der GmbH bestellt, ohne dass ein schriftlicher oder mündlicher Geschäftsführer-Dienstvertrag abgeschlossen wurde. Die Geschäftsführertätigkeit erfolgte aufgrund des Arbeitsvertrages. Das Unternehmen wurde insolvent. Eine andere Konzerngesellschaft (Erwerber) übernahm wesentliche Betriebsmittel und führte die Geschäfte der GmbH fort. Gleichwohl kündigte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers/Geschäftsführers „sowie ein etwaig bestehendes Geschäftsführeranstellungsverhältnis“. Einen Tag nach Zugang der Kündigung legte der Arbeitnehmer das Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung nieder. Er erhob Kündigungsschutzklage und verlangte die Fortführung des Arbeitsverhältnisses bei der Erwerberin.

2. Die Entscheidung des BAG’s

Der Arbeitnehmer obsiegte zum Teil: Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen.

Das BAG (20. Juli 2023 – 6 AZR 228/22) führte zunächst aus, dass die Fiktion des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG (die Nichtanwendbarkeit des KSchG bei Organvertretern) auch dann zum Tragen kommt, wenn das der Organstellung zugrundeliegende schuldrechtliche Anstellungsverhältnis materiell-rechtlich ein Arbeits- und kein Dienstverhältnis ist. Damit greift die Vorschrift mit der Folge ein, dass dem Arbeitnehmer hier kein Kündigungsschutz nach dem KSchG zustand. Dass er am nächsten Tag das Amt niederlegte und seine Organstellung beendete, ist unerheblich, da die Organstellung im Zeitpunkt des Kündigungszugangs noch bestand.

Das BAG entschied weiter, dass der Anwendungsbereich des § 613a Abs. 1 BGB, wonach alle Arbeitsverhältnisse infolge eines Betriebsüberganges auf den Erwerber übergehen, eröffnet ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass § 613 a BGB nicht auch für Geschäftsführer gelten soll, die ihre Geschäftsführertätigkeit auf Grundlage eines Arbeitsvertrages ausführen. Da strikt zwischen der Bestellung zum Organ einer Gesellschaft und dem zugrundeliegenden schuldrechtlichen Anstellungsverhältnisses (hier Arbeitsvertrag) zu unterscheiden ist, führt dies auch nicht zu sinnwidrigen Ergebnissen. Die Organstellung hat ihren Rechtsgrund nicht im Anstellungsverhältnis, sondern im körperschaftlichen Bestellungsakt. Deshalb können beide Rechtsverhältnisse ein unterschiedliches „Schicksal“ haben. Infolgedessen würde das Arbeitsverhältnis bei Vorliegen eines Betriebsüberganges auf den Erwerber übergehen. Eine Kündigung anlässlich des Betriebsüberganges (wie hier ausgesprochen) verstößt dann gegen das Kündigungsverbot des § 613 a BGB. Die reine Organstellung hingegen geht nicht im Wege des Betriebsüberganges auf den Erwerber über.

Ob der Arbeitnehmer sein Klagebegehren erfolgreich auf einen Verstoß gegen § 613a Abs.4 BGB stützen kann, steht noch nicht fest. Das LAG muss nunmehr darüber befinden, ob ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB stattgefunden hat oder nicht.

3. Fazit

Häufig gehen Betriebserwerber davon aus, dass Anstellungsverträge mit GmbH-Geschäftsführern nicht im Wege des Betriebsüberganges übergehen. Dies ist aber nur dann so, wenn mit dem Geschäftsführer ein Dienstvertrag besteht. Das BAG hat bereits in der Vergangenheit betont (BAG 13. Februar 2003 – 8 AZR 654/01), dass rechtsgeschäftlich gleichwohl neben der Organstellung ein Arbeitsverhältnis begründet worden sein kann, welches von § 613a BGB erfasst wäre.

Im Zusammenhang mit Betriebsübergängen muss immer sehr genau geprüft werden, welche Arbeitsverhältnisse hiervon erfasst sind. Hierin sind unbedingt die Anstellungsverträge mit den jeweiligen Geschäftsführern bzw. Organvertretern mit einzubeziehen; dies vor allem dann, wenn man diese nicht übernehmen bzw. das Vertragsverhältnis beenden möchte.

Wir stehen Ihnen selbstverständlich gern für alle arbeitsrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Begründung und Beendigung von Organ- und Anstellungsverhältnissen mit Geschäftsführern zur Verfügung.

Wir beraten persönlich.

Ihre Ansprechpartner
Franziska Häcker
Franziska Häcker

Partnerin, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

Dr. Gerrit Gös
Dr. Gerrit Gös

Senior Associate, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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