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Neuer BMF-Entwurf zur Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) plant mit der Veröffentlichung eines neuen Entwurfs vom 11. Oktober 2023, den derzeit gültigen Umwandlungssteuererlass (UmwStE) 2011, veröffentlicht am 11. November 2011, zu ersetzen und zu aktualisieren.

18.10.2023
Unternehmens- und Konzernsteuerrecht

Der UmwStE ist zunächst als Verwaltungsanweisung zu verstehen und regelt, wie Zweifelsfragen im Zusammenhang mit dem UmwStG aus Sicht der Finanzverwaltung zu lösen sind. Die Finanzverwaltung bezieht sich in ihrem Erlass insbesondere auf die zu den Einzelfragen ergangene Rechtsprechung. Da der Erlass noch aus dem Jahr 2011 stammt und somit neue Urteile nicht entsprechend berücksichtigt wurden, wurde immer wieder gefordert, den Erlass entsprechend zu erneuern. Dieser Forderung kommt das BMF nunmehr nach.

Nachfolgend stellen wir die wesentlichen Änderungen bzw. Ergänzungen überblicksmäßig dar:

Allgemeines und Grundlagen (betrifft §§ 1 und 2 UmwStG)
  • Bekräftigung, dass Umwandlungen und Einbringungen auf Seiten des Übertragenden stets Veräußerungen und für den Erwerber stets Anschaffungen darstellen (gilt auch für Formwechsel und die Aufwärtsverschmelzung); die Umwandlung einer Körperschaft in bzw. auf eine Personengesellschaft ist eine Veräußerung der Anteile an dem übertragenden Rechtsträger
  • persönlicher Anwendungsbereich: Berücksichtigung der Änderungen durch das KöMoG (Wegfall von § 1 Abs. 2 UmwStG und somit Anwendbarkeit des Zweiten bis Fünften Teils des UmwStG auch, wenn übertragender und/oder übernehmender Rechtsträger ihren Sitz und/oder ihre Geschäftsleitung nicht im EU-/EWR-Raum haben und Einführung des Optionsmodells nach § 1a KStG) sowie durch das MoPeG (eingetragene GbR als umwandlungsfähiger Rechtsträger)
  • sachlicher Anwendungsbereich: Anpassungen bei den Beschreibungen der verschiedenen Umwandlungsarten; insbesondere wird die Spaltung zu Null, als eine Spaltung, nach welcher ein Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft überhaupt nicht an der übernehmenden Gesellschaft beteiligt wird, als Sonderfall der nicht verhältniswahrenden Spaltung anerkannt. Weiterhin wird explizit darauf verwiesen, dass die Ausgliederung kein Fall des Zweiten bis Fünften Teils des UmwStG darstelle (die Ausgliederung stellt aus steuerlicher Sicht einen Fall der Einbringung i. S. d. § 20 UmwStG dar). Für grenzüberschreitende bzw. ausländische Umwandlungen werden Konkretisierungen eingefügt. Dies betrifft insbesondere die Umwandlungsfähigkeit der beteiligten Rechtsträger sowie Angaben zum Hinaus- bzw. Hineinformwechsel.
  • Berücksichtigung der verlängerten steuerlichen Rückwirkung für die Jahre 2020 und 2021 (zwölf anstatt acht Monate)
  • Klarstellung, dass die Beschränkung der Verlustnutzung nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG (kein Ausgleich verrechenbarer Verluste und Verlustvorträge etc. des übernehmenden Rechtsträgers mit positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum) keine zeitliche Beschränkung auf den Rückwirkungszeitraum habe. Das Verlustverrechnungsverbot ist auch bei Einbringungen anzuwenden und gilt auch für die Bemessungsgrundlage der GewSt. Verlustverrechnung ist jedoch möglich, wenn die Unternehmen verbundene Unternehmen sind (§ 2 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 UmwStG); dies gelte auch, wenn die Muttergesellschaft ihren Sitz im Ausland hat und die Voraussetzungen des § 290 HGB erfüllt seien.
Verschmelzung auf eine Personengesellschaft sowie auf eine natürliche Person und Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft (betrifft §§ 3 ff. UmwStG)
  • Klarstellung, dass ein Buchwertantrag auch konkludent durch die Übermittlung einer elektronischen Bilanz (E-Bilanz) als Bilanzart „Umwandlungsbilanz, zugleich Jahresabschluss“ gestellt werden kann (Rn. 03.01).
  • keine Übertragung einer Rücklage nach § 6b EstG, wenn die Reinvestitionsfrist am steuerlichen Übertragungsstichtag endet (Rn. 03.04)
  • für den Teil des Übertragungsgewinns nach § 3 UmwStG, der auf eine Beteiligung i. S. d. § 8b KStG entfällt, ist § 8b Abs. 3 KStG anwendbar (Rn. 03.05)
  • Buchung übergehender Wirtschaftsgüter gegen ein steuerliches Kapitalkonto stellt keine Gegenleistung i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG dar (Rn. 03.21)
  • weichen die Angaben zum Wertansatz in der steuerlichen Schlussbilanz von den Angaben im Antrag ab, hat der Wertansatz entsprechend dem Antrag zu erfolgen (Rn. 03.29)
  • Die Wirtschaftsgüter können sowohl in der Gesamthands- als auch in der Ergänzungsbilanz der übernehmenden Personengesellschaft ausgewiesen werden; bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen-Überschuss-Rechnung) durch den übernehmenden Rechtsträger ist keine Übernahmebilanz aufzustellen und ein Übernahmegewinn bzw. -verlust nach R 4.6 Abs. 2 EStR ist nicht zu erfassen (Rn. 04.01 und Rn. 04.04)
  • beim übernehmenden Rechtsträger ist zum steuerlichen Übertragungsstichtag eine Abstockung auf den gemeinen Wert vorzunehmen, soweit der gemeine Wert der Anteile des übernehmenden Rechtsträgers an der übertragenden Körperschaft niedriger als deren Buchwert ist; auf den sich daraus ergebenden Verlust ist ggf. § 8b Absatz 3 KStG bzw. § 3c Absatz 2 EStG anzuwenden (Rn. 04.05)
  • die Anwendung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a und 7 GewStG setzt eine Umwandlung rückwirkend auf den Beginn des Erhebungszeitraums voraus (Rn. 04.15)
  • die Zuordnung der Kosten für den Vermögensübergang folgt dem Veranlassungsprinzip, wobei auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn abzustellen ist (Rn. 04.34)
  • beim Formwechsel von einer Kapital- in eine Personengesellschaft ist die Besteuerung offener Rücklagen der Kapitalgesellschaft nach § 7 Satz 1 UmwStG bei nach § 5 Abs. 2 UmwStG fiktiv als eingelegt behandelten Anteilen als Gewinn der Gesamthand und nicht als Sondergewinn des bisherigen Anteilseigners zu behandeln (Rn. 05.07a)
Vollübertragung (Verschmelzung oder Vermögensübertragung) auf eine andere Körperschaft (betrifft §§ 11 ff. UmwStG)
  • Die übergehende Beteiligung der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft im Fall der Abwärtsverschmelzung gehört zu den übergehenden Wirtschaftsgütern i. S. d. § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG (Rn. 11.06)
  • Verschmelzung einer Mutterkapitalgesellschaft mit ausländischem Anteilseigner auf ihre Tochtergesellschaft (Abwärtsverschmelzung) ist nur zu Buchwerten möglich, wenn die Besteuerung der stillen Reserven der Muttergesellschaft sichergestellt ist. Die Beteiligung an der Tochtergesellschaft geht auf den (ausländischen) Anteilseigner über, sodass es darauf ankommt, ob die stillen Reserven beim (ausländischen) Anteilseigner weiterhin der deutschen Besteuerung unterliegen (Rn. 11.09a und Rn. 11.19).
  • Bei Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ihre Mutterkapitalgesellschaft, die ihrerseits Organgesellschaft einer ertragsteuerlichen Organschaft mit einer Kapitalgesellschaft als Organträgerin ist, ist § 15 Satz 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 KStG (Nichtanwendung von § 8b Abs. 1 bis 6 KStG sowie von § 4 Abs. 6 und § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bei der Organgesellschaft, sondern Anwendung auf Ebene des Organträgers) zu beachten (Rn. 12.07).
  • Die Besteuerung eines Gewinns nach § 13 UmwStG erfolgt zu dem Zeitpunkt, zu dem er nach allgemeinen Grundsätzen entsteht (nicht bereits zum steuerlichen Übertragungsstichtag); § 13 UmwStG findet auch bei nicht verhältniswahrenden Verschmelzungen Anwendung (Rn. 13.02 und Rn 13.03).
Teilübertragung (Auf-, Abspaltung und Vermögensübertragung) auf andere Körperschaften (betrifft §§ 15 ff. UmwStG)
  • Zurückbleibendes Vermögen erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, wenn nicht alle Wirtschaftsgüter einem Teilbetrieb zugeordnet werden können (Rn. 15.01).
  • Definition des Teilbetriebs entsprechend der Fusionsrichtlinie (Rn. 15.02)
  • Nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbare Wirtschaftsgüter, die von mehreren Teilbetrieben genutzt und nicht aufgeteilt werden, sind einheitlich dem Teilbetrieb zuzuordnen, in dem sie überwiegend genutzt werden (Rn. 15.08).
  • Ein Übernahmeergebnis nach § 12 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG ist in allen Fällen (also auch bei der Abwärts- und Seitwärtsspaltung) zu ermitteln, in denen die übernehmende Körperschaft zuvor nicht an der übertragenden Körperschaft beteiligt war; die Kosten des Vermögensübergangs sind auch in diesen Fällen nicht als Betriebsausgaben abziehbar (Rn. 15.14a).
  • Die schädliche Veräußerung i. S. d. § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UmwStG ist jede Übertragung gegen Entgelt, also auch weitere Umwandlungen. Dies betrifft auch die Umwandlung der unmittelbar an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger (übertragender und übernehmender Rechtsträger) als auch die Umwandlung des Gesellschafters (Umwandlung der Muttergesellschaft nach Spaltung der Tochtergesellschaft). Eine tatsächliche Veräußerung der Muttergesellschaft ist dagegen unschädlich (Rn. 15.24).
Gewerbesteuerliche Grundlagen (betrifft §§ 18 und 19 UmwStG)
  • Die fünfjährige Veräußerungssperrfrist des § 18 Abs. 3 UmwStG beginnt mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags (Rn. 18.05).
  • Eine solche Veräußerung liegt auch dann vor, wenn ein Verschmelzungsvertrag und ein Vertrag über die Veräußerung des Anteils an der übernehmenden Personengesellschaft den Zeitpunkt des Vermögensübergangs und der Veräußerung einheitlich bestimmen (Rn. 18.08a).
Einbringung von Mitunternehmensanteilen bzw. Betrieben in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft sowie qualifizierter Anteilstausch (betrifft §§ 20 ff. UmwStG)
  • Bei einem Formwechsel nach § 25 UmwStG sind die Anteile der Mitunternehmer an der formwechselnden Personengesellschaft als Einbringungsgegenstand anzusehen. Stehen die Übertragungen des Gesamthandsvermögens und des Sonderbetriebsvermögens im zeitlichen sowie wirtschaftlichen Zusammenhang, liegt hingegen ein einheitlicher Vorgang vor, für den § 20 UmwStG gelten kann (Rn. 20.05).
  • Überträgt ein Mitunternehmer einer Personengesellschaft nur einen Teil seiner Anteile, müssen die (funktional wesentlichen) Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens anteilig mindestens im selben Verhältnis übergehen, in dem der übertragene Teil des Anteils am Gesamthandsvermögen zum gesamten Anteil des Gesamthandsvermögens steht (Rn. 20.11).
  • Bei der Fortführung der Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens ist bei der Gewährung sonstiger Gegenleistungen an den Einbringenden zu beachten, dass die Buchwerte nur so weit angesetzt werden dürfen, wie der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistungen 25 % des eingebrachten Betriebsvermögens oder EUR 500.000,00, maximal jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens, nicht übersteigt. Sonstige Gegenleistungen bleiben in Höhe des absoluten Freibetrags bzw. bis zu einem Viertel der Buchwerte ohne steuerliche Folgen. Zu prüfen ist, nach welcher Vorschrift sich eine geringere Einschränkung des Wertansatzwahlrechts ergibt (Meistbegünstigungsklausel) (Rn. 20.19a).
  • Der Einbringende, bei dem ein Einbringungsgewinn entsteht, kann sich gegen den Wertansatz bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft nur als Drittbetroffener im Rahmen der Steuerfestsetzung der übernehmenden Kapitalgesellschaft wehren, nicht jedoch gegen die eigene (Rn. 20.25).
  • Klarstellung, dass beim Einbringenden im Sinne des § 21 UmwStG, insbesondere in Bezug auf seine Ansässigkeit, keine Beschränkungen gelten; für den übernehmenden Rechtsträger gilt Rn. 01.54 ff. (Rn. 21.03 und Rn. 21.04).
  • Die Anteile müssen beim Anteilstausch nach § 21 UmwStG dem Einbringenden zum Zeitpunkt des Anteilstauschs steuerlich zuzurechnen sein (wirtschaftliches Eigentum) (Rn. 21.06).
  • Sogenannte Überentnahmen im Rückwirkungszeitraum führen nicht zu einer steuerwirksamen Zwangsaufstockung
  • Ein Einbringungsgewinn I bzw. II unterliegt nicht der Gewerbesteuer, wenn auch die Einbringung zum gemeinen Wert nicht der Gewerbesteuer unterlegen hätte (Rn. 22.07 und Rn. 22.13).
  • Klarstellung, dass der sogenannte Brexit nicht dazu führt, dass die Einbringungsgewinnbesteuerung ausgelöst wird (Rn. 22.18 und Rn. 22.19 und Rn. 22.27).
Einschätzung und Ausblick

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass die Finanzverwaltung sich der Überarbeitung des UmwStE annimmt. Der neue Erlass beinhaltet neben einigen notwendigen Klarstellungen und Vereinfachungen (z. B. konkludente Stellung eines Buchwertantrags über die E-Bilanz) auch einige Verschärfungen (z. B. Ermittlung eines Übernahmeergebnisses nach § 12 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Jedoch beinhaltet der überarbeitete Erlass auch einige Unklarheiten. Unklar ist zum Beispiel, aus welchem Grund die Umwandlung der Muttergesellschaft, nicht jedoch ihre Veräußerung ein schädliches Ereignis i. S. d. § 15 Abs. 2 Sätze 3 und 4 UmwStG darstellt.

Der Entwurf wurde den Verbänden mit der Bitte um Stellungnahme übergeben. An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vorgenannten Änderungen und Ergänzungen lediglich einer Entwurfsfassung entspringen, weshalb nicht ausgeschlossen ist, dass der finale überarbeitete Erlass weitere oder von den oben dargestellten Inhalten abweichende Änderungen enthält.

Die Verbände haben nun bis zum 6. Dezember 2023 Zeit, sich zu dem vorliegenden Entwurf zu äußern. Im Anschluss daran erfolgt gegebenenfalls eine erneute Überarbeitung durch das BMF.

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