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Neue Regelungen für Leiharbeit: Überlassungshöchstdauer & Co.

Seit dem 1. April 2017 gilt das „Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze“. Dieses brachte vor allem vier erhebliche Veränderungen für Unternehmen mit sich, welche mit Leiharbeitnehmern zusammenarbeiten. Im folgenden Beitrag fassen wir Ihnen diese Änderungen und deren Folgen für die betriebliche Praxis kurz zusammen.

13.04.2017
  1. Einführung einer Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten

 

Nach der bis zum 31. März 2017 geltenden Regelung durften Leiharbeitnehmer nur „vorübergehend“ eingesetzt werden. Einen konkreten Zeitraum und die Rechtsfolgen von nicht mehr nur vorübergehenden Einsätzen wurden hingegen nicht geregelt.

Nunmehr gilt:

Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen.

Wichtige Tipps für die Praxis:

Zeiten, die vor dem 1. April 2017 lagen, werden nicht mitgerechnet. Die Überlassungshöchstdauer kann somit frühestens am 1. Oktober 2018 überschritten werden, selbst wenn der Leiharbeitnehmer schon vor dem 1. April 2017 mehrere Monate im selben Unternehmen eingesetzt wurde. Darüber hinaus knüpft die Überlassungshöchstdauer nicht an den Arbeitsplatz, sondern an den jeweiligen Leiharbeitnehmer an. Derselbe Arbeitsplatz kann deshalb anschließend mit einem anderen Leiharbeitnehmer wieder besetzt werden.

Liegen mehr als drei Monate zwischen den Überlassungen desselben Leiharbeitnehmers an denselben Entleiher, beginnt die anzurechnende Überlassungsdauer wieder bei null. Ansonsten wird die vorherige Überlassungshöchstdauer vollständig angerechnet. Dies gilt auch, wenn die vorherige Überlassung desselben Leiharbeitnehmers durch einen anderen Verleiher erfolgte.

Folgen einer Überschreitung der Überlassungshöchstdauer:

An die Überschreitung der Überlassungshöchstdauer werden zum Teil schwerwiegende Sanktionen geknüpft, wie

  • eine Geldbuße in Höhe bis zu 30 000 Euro nur für den Verleiher,
  • die Entziehung oder Versagung der Verleiherlaubnis wegen Unzuverlässigkeit,
  • die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, wobei gleichzeitig der bisherige Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam wird.
  1. Spätestens nach neun bzw. 15 Monaten gleiches Entgelt

 

Es gilt folgender Grundsatz: „Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit“, auch „Equal Pay“ genannt. Das heißt, den Leiharbeitnehmern sind die gleichen Löhne zu zahlen, wie der Stammbelegschaft. Dieser Grundsatz galt auch bisher, allerdings mit der Einschränkung, dass über einen Tarifvertrag hiervon zeitlich unbegrenzt abgewichen werden durfte. Seit 01. April 2017 ist dies grundsätzlich nur noch für neun Monate möglich. Nur unter ganz engen Voraussetzungen kann die Abweichung bis zu 15 Monate verlängert werden. Die Abweichungsmöglichkeit gilt nicht für Leiharbeitnehmer, die in den letzten sechs Monaten vor der Überlassung an den Entleiher bei diesem oder einem konzernzugehörigen Unternehmen angestellt gewesen sind (sog. „Drehtürklausel“).

  1. Ende der Vorratsüberlassungserlaubnis für Scheinwerkverträge

 

In der betrieblichen Praxis fällt die Abgrenzung zwischen einem Werkvertragsverhältnis und einer Arbeitnehmerüberlassung oftmals schwer. Das Risiko war aber dann überschaubar, wenn der Werkunternehmer über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügte. Aufgrund dieser war selbst die „verdeckte“ Arbeitnehmerüberlassung rechtmäßig. Seit dem 1. April 2017 ist auch hiermit Schluss. Zukünftig gelten vor allem zwei Pflichten:

Kennzeichnungspflicht: Verleiher und Entleiher müssen die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen.

Konkretisierungspflicht: Vor der Überlassung müssen sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag konkretisieren.

Achtung:

Verstoßen Verleiher und Entleiher gegen diese Offenlegungspflichten, ist neben anderen Sanktionen der Leiharbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam und es wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Entleiher fingiert!

  1. Leiharbeitnehmer nicht mehr als „Streikbrecher“ einsetzbar

 

Bisweilen war es oftmals der letzte Rettungsanker: Streikte die Stammbelegschaft vor den Toren des Betriebsgeländes, wurden die bestreikten Arbeitsplätze vorübergehend mit Leiharbeitnehmern besetzt. Seit 1. April 2017 darf der Entleiher Leiharbeitnehmer nicht tätig werden lassen, wenn sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Ein Verstoß gegen das Einsatzverbot kann zu einer Geldbuße bis zu EUR 500.000 für den Entleiher führen.

Ausnahmen:

Das Verbot greift dann nicht, wenn

  • der Leiharbeitnehmer zwar während des Arbeitskampfes im Betrieb des Entleihers eingesetzt wird, aber ausschließlich Tätigkeiten ausführt, die nicht mit den bestreikten Arbeitsplätzen zusammenhängen. Es dürfen aber weder Tätigkeiten von Arbeitnehmern des Entleihers übernommen werden, die sich im Arbeitskampf befinden, noch solche von Arbeitnehmern, die ihrerseits Tätigkeiten von Arbeitnehmern übernommen haben, die sich im Arbeitskampf befinden.
  • Leiharbeitnehmer bereits vor Beginn des Arbeitskampfes beim Entleiher tätig waren und ihre bisherige Tätigkeit fortführen.

Diesen Leiharbeitnehmern steht aber wie bisher ein Leistungsverweigerungsrecht zu, auf welches der Verleiher hinweisen muss.

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