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Legaler Rausch bei der Arbeit? - Das Cannabisgesetz und seine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis

Das Cannabisgesetz (CanG) legalisiert per 1. April 2024 unter anderem den Eigenkonsum. Es enthält aber keinerlei Reglungen zum Umgang am Arbeitsplatz. Damit geht zwar kein Freifahrtschein für Arbeitnehmer einher, allerdings sollten Arbeitgeber jetzt tätig werden, wenn sie den Konsum von Cannabis im Betrieb unterbinden wollen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Konsum von Cannabis – unter Rückgriff auf die zum Alkohol entwickelten Grundsätze – untersagt werden. Gleichzeitig ergibt sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt unfallversicherungsrechtlicher Relevanz ein Prüfungs- und ggf. Anpassungsbedarf vorhandener Regelungen im Betrieb.

29.04.2024
Arbeitsrecht
1. Pflichten im Arbeitsverhältnis – Relatives Verbot von Rauschmitteln

Bereits aus der nebenvertraglichen Rücksichtnahme- und Treuepflicht im Arbeitsverhältnis besteht die Pflicht, dass sich Arbeitnehmer nicht in einen Zustand versetzen dürfen, der eine ordnungsgemäße und gefährdungsfreie Erfüllung der Arbeitsleistung nicht mehr zulässt. Ein solches relatives Verbot stellt auf die Rauschwirkung und deren Einfluss auf die Erbringung von Arbeitsleistung ab; es beschränkt sich folglich nicht nur auf illegale Drogen, sondern auch auf legale Rauschmittel wie Alkohol und Cannabis.

Folglich müssen Arbeitnehmer nicht völlig abstinent sein. Sie müssen jedoch sicherstellen, dass der Konsum von Rauschmitteln keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit während der geschuldeten Arbeitszeit bedingt.

2. Absolutes Verbot von Rauschmitteln im Betrieb

Arbeitgeber sind berechtigt, den Konsum von Rauschmitteln jeder Art im Betrieb unter ein absolutes Verbot zu stellen. Ein solches absolutes Verbot beinhaltet nicht nur die Pflicht, während der Arbeitszeit keine legalen oder illegalen Drogen zu konsumieren, sondern wirkt sich u. U. auch auf die Freizeitgestaltung der Arbeitnehmer aus, wenn erwartet wird, dass Arbeitnehmer bei Dienstantritt komplett „nüchtern“ sind, d. h. unter keinerlei Einfluss berauschender Mittel stehen. Dann hat dies Auswirkungen auf die arbeitsfreie Zeit.

Nach den von der Rechtsprechung zum Alkoholkonsum entwickelten Grundsätzen, die hier übertragbar sind, ist dieser Eingriff in die außerbetriebliche Lebensgestaltung und somit in die allgemeine Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers verhältnismäßig, wenn die Arbeit in einem sicherheitsrelevanten Bereich verrichtet wird, wie z. B. beim Führen von Maschinen oder Fahrzeugen.

Die Anordnung kann im Wege des Direktionsrechts erfolgen, unterliegt aber bei Vorhandensein eines Betriebs- oder Personalrates dessen Mitbestimmung (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, § 80 Abs. 1 Nr. 18 BPersVG u. LPersVG der Länder).

3. Versicherungsrelevanz

Die Anordnung und Überwachung von Cannabisverboten im Betrieb ist angesichts der potenziellen Gefährdungswirkung im Betrieb auch unter unfallversicherungsrechtlichen Aspekten relevant.

Die Unfallverhütungsvorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (DGUV) sehen in § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 vor, dass sich Versicherte (d. h. Arbeitnehmer) „durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen“ dürfen, „durch den sie sich selbst oder andere gefährden können“.

Es handelt sich hierbei um eine einheitliche Regelung, auf die sich die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand verständigt haben und die gem. § 15 SGB VII unmittelbar geltendes Recht darstellt. Ein Verstoß hiergegen kann zur Beeinträchtigung des Versicherungsschutzes für den Arbeitnehmer führen und stellt zudem eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit gem. § 32 DGUV Vorschrift 1 i. V. m. § 209 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dar.

Daneben gibt es auch für Arbeitgeber konkrete Pflichten: Diese dürfen „Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich der andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen“, § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1. Andernfalls droht auch hier der Verlust des Versicherungsschutzes.

4. Unser Fazit

Angesichts des mit Cannabiskonsum einhergehenden Gefährdungspotenzials sollten Arbeitgeber im Betrieb eindeutige Regelungen hierzu aufstellen und bei dieser Gelegenheit auch bereits vorhandene Vorgaben im Betrieb (z. B. Dienstanweisungen, Betriebsordnungen, Hausordnungen) kritisch prüfen und ggf. anpassen.

Neben der Einführung von Verboten (sofern zulässig – bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten) sollten auch unter dem Gesichtspunkt der Unfallprävention Mitarbeiter im Betrieb auch dahingehend geschult werden, Rauschmitteleinfluss bei Kollegen zu erkennen. Schließlich dürfen diese Mitarbeiter gem. § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 nicht im Betrieb beschäftigt werden.

Die sich daran anschließenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen sind komplex und betreffen z. B. neben Fragen der Lohnfortzahlung auch Abmahnerfordernisse oder im Falle von Suchtverhalten auch Fragen rund um Wiedereingliederungsmaßnahmen bis hin zu etwaigen Kündigungen.

Gern unterstützen wir Sie in diesem Zusammenhang bei allen arbeitsrechtlichen Fragen und stehen bei der Gestaltung von betrieblichen Regelungen zum Cannabisverbot zur Verfügung.

Wir beraten persönlich.

Ihre Ansprechpartnerinnen
Franziska Häcker
Franziska Häcker

Partnerin, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

Valeska Tkotsch
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