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Kosten eines Zivilprozesses sind nicht ohne weiteres außergewöhnliche Belastungen

Mit Urteil vom 24. September 2012 entschied der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg, das Zivilprozesskosten nicht zwangsläufig als außergewöhnliche Belastung einkommensteuerlich zu berücksichtigen sind. Die Klage auf steuerliche Berücksichtigung der Kosten eines Zivilprozesses wurde abgewiesen. Mit dieser Entscheidung weicht der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg von der seit 2011 geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den Grundsätzen der Abzugsfähigkeit ab.

02.11.2012

Der Kläger hatte 1993 die Gesellschaftsanteile an einer in der ehemaligen DDR enteigneten Kommanditgesellschaft erworben und sich Rückübertragungsansprüche abtreten lassen. Jedoch waren die Vermögensgegenstände der Gesellschaft bereits 1991 vom damaligen Betreiber veräußert worden. Seine Zivilklage gegen die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) auf Zahlung des Veräußerungserlöses und einer Entschädigung blieb erfolglos, weil der Kläger den von ihm behaupteten Verkehrswert des Unternehmens nicht nachweisen konnte. Weil das Finanzamt seine Prozesskosten von rund 5.000 Euro weder als Betriebsausgaben noch als außergewöhnliche Belastung berücksichtigte, zog der Kläger vor das Finanzgericht.

Der 1. Senat des Finanzgericht Hamburgs entschied folgendermaßen:

Die Klage wurde abgewiesen. Bei den Kosten handele es sich nicht um Betriebsausgaben. Aufgrund des Ausschlusses der Rückübertragung des Unternehmens, sei der Zivilprozess nicht betrieblich veranlasst. Auch seien die Kosten nicht als „außergewöhnliche Belastung“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes anzusehen. Außergewöhnliche Belastungen sind private Aufwendungen, die ausnahmsweise steuerlich zu berücksichtigen sind, weil sie zwangsläufig und notwendig sind. Nach Ansicht des 1. Senats sind die Prozesskosten des Klägers gerade nicht zwangsläufig gewesen. Er habe die Ansprüche gegen die BvS freiwillig erworben und somit auch freiwillig das Risiko übernommen, ob Ansprüche durchgesetzt werden können, gegebenenfalls auch durch eine Klage.

Bei der Frage nach der Zwangsläufigkeit eines Zivilprozesses dürfe nicht außer Acht bleiben, ob auch das den Prozess auslösende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig gewesen sei. Andernfalls würden Prozesskosten in höherem Maße berücksichtigt als andere privat veranlasste Aufwendungen.

Der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat die Revision zugelassen.

Mit dieser Entscheidung vertritt der 1. Senat des Finanzgerichts Hamburg eine nunmehr eingeschränkte Rechtsauffassung und weicht ausdrücklich von der aktuellen Rechtsauffassung des obersten Finanzgerichts ab. Der BFH vertritt im Urteil vom 12. Mai 2011 (Az. VI R 42/10) die Auffassung, dass Kosten eines Zivilprozesses unabhängig von dessen Gegenstand grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden können. Hierzu verweisen wir auf unseren Newsbeitrag vom 13. Juli 2011 zum Thema des Abzugs der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung.

Es bleibt abzuwarten, ob der oben genannte Sachverhalt dem BFH zur Prüfung vorgelegt wird.

Vor dem Hintergrund, dass das Urteil des BFH vom 12. Mai 2011 von der Finanzverwaltung mit einem so genannten Nichtanwendungserlass (BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2011, vgl. unseren Newsbeitrag vom 21. Dezember 2011) belegt worden ist, muss Klage erhoben werden, damit Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend gemacht werden können. Es bleibt abzuwarten, wie dann das entsprechende Finanzgericht entscheidet.

Sollte erfolgreich Revision gegen das o. g. Urteil des Finanzgerichtes Hamburg eingelegt werden, bleibt ebenfalls abzuwarten, ob die Finanzverwaltung dieses Urteil des BFH ebenfalls mit einem Nichtanwendungserlass belegt.

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