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Geplantes BMF-Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Leasingverträgen

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat dem Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) einen Entwurf für ein Schreiben vorgelegt, nachdem Leasingverträge umsatzsteuerlich künftig neu zu beurteilen sein könnten.

17.01.2020

Das Schreiben betrifft die Frage, ob die Überlassung des Leasinggegenstandes eine Lieferung oder eine sonstige Leistung darstellt. Praktisch ist diese Beurteilung dafür relevant, wann und in welcher Höhe die Umsatzsteuer fällig ist. Wird der Leasingvertrag als Lieferung eingestuft, wird die Umsatzsteuer sofort in voller Höhe fällig, während bei einer sonstigen Leistung die Umsatzsteuer anteilig mit den einzelnen Raten entsteht.

Derzeitige BMF-Auffassung

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine Lieferung vor, wenn der Leasingnehmer wie ein Eigentümer über den Leasinggegenstand verfügen kann. Dies ist typischerweise beim sogenannten Spezialleasing der Fall. Denn hier ist der Leasinggegenstand speziell auf die Verhältnisse des Leasingnehmers zugeschnitten und nach Ablauf der Mietzeit nur für diesen sinnvoll verwertbar. Auch wenn Grundmietzeit und betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Gegenstands deckungsgleich sind, nimmt die Finanzverwaltung eine Lieferung an. Bisher hatte die Verwaltung hier in erster Linie die ertragsteuerliche Behandlung als Entscheidungsmaßstab zugrunde gelegt.

Angleichung an die EuGH-Rechtsprechung

Mit dem Entwurf gleicht das BMF die deutsche Verwaltungsauffassung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an. Dieser hatte in seinem Urteil vom 4. Oktober 2017 (Rs. C-164/16, Mercedes Benz Financial Services UK Ltd.) die folgenden Kriterien zur Qualifikation als Lieferung aufgestellt:

  1. Der Leasingvertrag enthält eine Klausel zum Eigentumsübergang des Leasinggegenstands vom Leasinggeber zum Leasingnehmer; das kann bereits eine vertragliche Kaufoption sein.

 

  1. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist aus der Vertragsbestimmung ersichtlich, dass zum normalen Vertragsablauf das Eigentum am Leasinggegenstand automatisch auf den Leasingnehmer übergeht.

Ist eine Kaufoption vereinbart, so ist davon auszugehen, wenn die Ausübung der Option wie die einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit erscheint. Dies wäre dann der Fall, wenn zum Optionsausübungszeitpunkt die Summe der vertraglichen Raten dem Verkehrswert einschließlich der Finanzierungskosten entspräche und darüber hinaus bei Optionsausübung der Leasingnehmer keine „erhebliche Summe“ zusätzlich leisten müsste.

Praxishinweis

Während bisher die umsatzsteuerliche Beurteilung eines Leasingvertrags der ertragsteuerlichen folgt, kann es insofern künftig – in Einzelfällen – zu Abweichungen kommen. Die gängigen Miet- und Leasingverträge dürften hingegen auch nach dem neuen Beurteilungsmaßstab weiterhin regelmäßig als sonstige Leistung einzuordnen sein.

Jedoch birgt ein Auseinanderfallen von ertrag- und umsatzsteuerlicher Beurteilung in den betroffenen Einzelfällen ein hohes Fehlerpotential und sorgt für Unsicherheiten in der Praxis. So weitet der BMF-Entwurf die Kriterien der Rechtsprechung auch auf Fälle des Spezialleasings aus. Derzeit wird in diesen Fällen der Leasinggegenstand stets dem Leasingnehmer zugerechnet und damit umsatzsteuerlich eine Lieferung angenommen. Nach den neuen Kriterien würde jedoch der Leasinggegenstand bei einem Vertrag ohne Kaufoption dem Leasinggeber zugerechnet und damit eine sonstige Leistung angenommen werden. Durch solche Unsicherheiten in der Einordnung könnten Unternehmer eine in der Rechnung unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer schulden.

Weiterhin ist in dem Entwurf nicht ersichtlich, anhand welchen Maßstabs eine „erhebliche Summe“ im Sinne der o.g. EuGH-Rechtsprechung anzunehmen ist. Schließlich enthält das Schreiben derzeit noch keine Beispiele, bei denen ein Auseinanderfallen von ertrag- und umsatzsteuerlicher Beurteilung angenommen werden kann. Dies zieht gleichermaßen Unsicherheiten bei der steuerlichen Bilanzierung nach sich.

Der DStV fordert daher das BMF in einer Stellungnahme auf, für diese Kritikpunkte noch Nachbesserungen vorzunehmen. Inwieweit das BMF die Bedenken des DStV teilt und den Entwurf entsprechend konkretisiert, bleibt abzuwarten.

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