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Geplante „Corona-Hilfe“: 7 % statt 19 % Umsatzsteuer auf Speisen für ein Jahr

Nach der kürzlich veröffentlichten Formulierungshilfe für ein „Corona-Steuerhilfegesetz“ wird der Umsatzsteuersatz für zwischen dem 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen – mit Ausnahme der Abgabe von Getränken – von 19 % auf 7 % abgesenkt.

05.05.2020

I. Hintergrund

Bisher gilt für verzehrfertig zubereitete Speisen, die in einem Restaurant, einem Café oder einer Bar verzehrt werden, eine Belastung mit 19 Prozent Umsatzsteuer. Für Gerichte, die der Gast mitnimmt oder nach Hause bestellt, fallen in der Regel nur 7 Prozent an. Umsatzsteuerlich hing die Unterscheidung bisher an der Qualifikation als regelbesteuerte „vor Ort“ Dienstleistung (19 %) oder ermäßigt zu besteuernde „außer Haus“ („Essens-“) Lieferung (7 %). Nun soll – unabhängig von der Frage, ob im konkreten Fall die Dienstleistungs- oder Lieferungselemente überwiegen – generell für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen ein Satz von 7 Prozent zur Anwendung kommen. Laut Entwurf gilt dies ab dem 1. Juli 2020 befristet für ein Jahr, weil davon ausgegangen wird, dass sich die Situation in der Gastronomiebranche bis Mitte des Jahres 2021 wieder normalisieren wird.

Der Gesetzgeber erwartet durch die Absenkung des Umsatzsteuersatzes eine Stimulierung der Nachfrage und eine Belebung der Konjunktur. Zudem betont er, dass neben den klassischen Gastronomiebetrieben hiervon auch andere Bereiche, wie etwa Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum normalen Umsatzsteuersatz erbracht haben, profitieren würden.

II. Auswirkungen auf die Praxis

Aus umsatzsteuerlicher Sicht führt die geplante Senkung des Umsatzsteuersatzes insbesondere zu neuen Aufteilungsproblemen. Denn im Gegensatz zu Speisen (7 %) sollen alkoholische und nicht nichtalkoholische Getränke hingegen weiterhin – wie bisher – dem Regelsteuersatz (19 %) unterfallen. Grundsätzlich gilt demnach für ein Jahr: Essen 7 % USt und Getränke 19 % USt, egal wo. Jedoch bleibt eine spitzfindige Besonderheit erhalten: Bei Milch, Milcherzeugnissen und Milchmischgetränken gilt nach wie vor: gemütlich im Café 19 % USt und „to Go“ 7 %.

Restaurants ebenso wie Imbissbuden, Bäckereien, Eisdielen, Marktstände, Caterer etc. stellt sich daher neben der Frage, wann eine ermäßigt besteuerte Außer-Haus-Lieferung und wann eine regelbesteuerte Restaurantdienstleistung vorliegt, zudem die Frage, wie einheitliche Entgelte etwa für Menüs oder Brunchs, die sowohl Speisen (7 %) als auch Getränke (i. d. R. 19 %) enthalten, sachgerecht aufzuteilen sind. Gleiches gilt z.B. im Hotelgewerbe: für Übernachtung und „Frühstücks-Speisen“ wären 7 %, für „Frühstücks-Getränke“ hingegen 19 % abzuführen.

Für von einem Schnellrestaurantbetreiber zu einem Pauschalpreis gelieferte Sparmenüs mit regelbesteuerten (Getränke) und ermäßigt besteuerten (Speisen) Leistungsbestandteilen hat der BFH (Beschluss vom 3. April 2013, V B 125/12) im Rahmen eines einstweiligen Rechtschutzverfahrens entschieden, dass eine Aufteilung des Pauschalpreises nach der einfachstmöglichen Aufteilungsmethode zu erfolgen hat. Im zugrundeliegenden Fall hat er sich dafür ausgesprochen, an die Einzelverkaufspreise der Komponenten anzuknüpfen. Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, ob und gegebenenfalls in welchen Fällen etwa auch eine Aufteilung im Verhältnis vorab kalkulierter Kosten (noch) zulässig ist.

Um das Umsatzsteuerrisiko zu verringern, ist zunächst zu empfehlen, den abweichenden Aufteilungsmaßstab – z. B. nach Margen oder Kosten zuzüglich eines Gewinnaufschlags – ausreichend zu dokumentieren und zu begründen. Gegebenenfalls ist eine Abstimmung mit dem zuständigen Finanzamt anzuraten. Im Ergebnis geht die geplante Senkung des Umsatzsteuersatzes jedenfalls mit administrativen Aufwand im Hinblick auf die korrekte Aufteilung, Schätzung und Rechnungslegung der entsprechenden Umsätze einher.

III. Ausblick

Die Bundesregierung wird sich voraussichtlich am 6. Mai 2020 mit dem Entwurf beschäftigen, damit die temporäre Absenkung des Umsatzsteuersatzes rechtzeitig in Kraft treten kann. Die Senkung der Mehrwertsteuer war eine der wichtigsten politischen Forderungen des Branchenverbands Dehoga, nicht erst in der Corona-Krise, und wird – verbandsseitig – daher auch als wichtiges Signal an die Branche begrüßt.

Ob eine Senkung des Umsatzsteuersatzes tatsächlich zur erhofften Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Gastronomiebranche führt, bleibt indes abzuwarten. Betriebswirtschaftlich betrachtet sind gastronomische Betriebe auf Grund der strengen Hygiene- und Abstandsvorschriften im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen besonders schwer und langanhaltend von der COVID-19-Pandemie betroffen. Bedenkt man zudem, dass Getränke von der Mehrwertsteuersenkung ausgeschlossen bleiben sollen, erscheint jedenfalls fraglich, ob bei reduzierter Sitzplatzanzahl und weiteren notwendigen Investitionen zur Umsetzung des „Corona-Hygiene-Standards“ die geplante Maßnahme das Ziel – die Gastronomiebranche wirtschaftlich zu unterstützen – wird erreichen können. Außerdem muss der höhere administrative Aufwand im Hinblick auf die o. g. Aufteilung eines Pauschalpreises und ein gegebenenfalls höherer Beratungsbedarf im Hinblick auf die Durchsetzung eines solchen Maßstabes gegenüber der Finanzverwaltung beachtet werden.

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