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19.09.2019
Ergänzung § 57 AO („Unmittelbarkeit“) um einen Absatz 3 – Servicegesellschaften; Einführung einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung
Unter anderem empfiehlt der Finanzausschuss, es solle Körperschaften ermöglicht bzw. erleichtert werden, steuerbegünstigt arbeitsteilig zusammenzuwirken, um gemeinsam steuerbegünstigte Zwecke zu realisieren. Häufig fehlt es bei der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke in Kooperationen an der Erfüllung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Hier will die empfohlene Neuregelung Abhilfe schaffen: Werden alle Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO durch die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit erfüllt, soll auch das Merkmal der Unmittelbarkeit für alle beteiligten Körperschaften erfüllt sein. Entscheidende Voraussetzung ist die satzungsgemäße, durch planmäßiges Zusammenwirken gestaltete Verfolgung eines gemeinnützigen Zweckes.
Insbesondere zielt die empfohlene Regelung darauf ab, dass Ausgliederungen von Servicebereichen aus Zweckbetrieben gemeinnütziger Körperschaften in Tochter-GmbHs zukünftig als gemeinnützig anerkannt werden können. Nach aktueller Rechtslage führt das Outsourcing dazu, dass die Tochtergesellschaft selbst nicht steuerbegünstigt ist, da sie die gemeinnützige Zwecke nicht unmittelbar (durch eigenes Personal), sondern nur noch mittelbar für die Mutter verwirklicht.
Hintergrund der empfohlenen Neuregelung ist eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung der ausgeübten Tätigkeit: Die Sachverhalte vor und nach der Ausgliederung sind im Wesentlichen identisch; die zuvor zum Zweckbetrieb gehörende Betätigung (wie z. B. Küche, Reinigung, Labor oder Verwaltung) wird lediglich auf verschiedene Rechtsträger aufgeteilt.
Werden zusätzlich Leistungen an nicht steuerbegünstigte Dritte erbracht, begründet die Tochter-GmbH damit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. des § 64 der Abgabenordnung.
Ergänzung des § 57 AO („Unmittelbarkeit“) um einen Absatz 4 – steuerbegünstigte Holdinggesellschaften
Nach der empfohlenen Neuregelung soll zukünftig auch das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften einen Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung darstellen. Auch hier ändert sich, bei einer wertenden Betrachtung, das wirtschaftliche Gesamtbild nicht dadurch, dass die Tätigkeit auf mehrere Gesellschaften aufgeteilt wird.
Paradebeispiel ist die Ausgliederung aller operativen Tätigkeiten einer steuerbegünstigten Körperschaft auf Beteiligungsgesellschaften.
Anhebung der Freigrenze in § 64 Abs. 3 AO von EUR 35.000 auf EUR 45.000
Eine Erhöhung der Freigrenze auf EUR 45.000 entlastet insbesondere kleinere steuerbegünstigte Körperschaften und deren ehrenamtliche Struktur von steuerrechtlichen Verpflichtungen. Die Anhebung nach nunmehr mehr als zwölf Jahren ist notwendig, damit die Vorschrift ihrem Vereinfachungscharakter, insbesondere im Hinblick auf geänderte wirtschaftliche Verhältnisse, weiterhin gerecht werden kann.
Zusammenfassung der Nummern 1 und 2 des § 58 Nr. 1 und 2 in Nr. 1 neu
Darüber hinaus empfiehlt der Finanzausschuss einen einheitlichen Mittelweitergabetatbestand für die klassische Mittelbeschaffungstätigkeit (Förderverein) als auch die Weitergabe sonstiger Mittel an andere Körperschaften. Insbesondere verzichtet die vorgeschlagene Regelung auf die für die Fälle der bisherigen Nr. 2 geltende Beschränkung des Umfangs der weitergabefähigen Mittel im Verhältnis zum Gesamtvermögen der zuwendenden Körperschaft und führt insoweit zu weiterem Bürokratieabbau.
Weiterhin übernimmt die vorgeschlagene Regelung des § 58 Nr. 1 AO die Grundsätze der Vertrauensschutzregelung des § 10b Abs. 4 EStG (Einkommensteuergesetz), die im Grundsatz den guten Glauben des Spenders an die Richtigkeit der Zuwendungsbestätigung schützt.
Praktische Bedeutung
Für die Besteuerung der Krankenhäuser hat insbesondere die geplante Ergänzung des § 57 AO um einen neuen Absatz 3 Praxisrelevanz. Damit könnten Servicegesellschaften nach entsprechender Anpassung der Satzung zukünftig als gemeinnützige Gesellschaft behandelt werden, sodass deren Einkommen weitgehend nicht mehr der Ertragsbesteuerung unterliegen würde. Auch die Brisanz bei der Festlegung von Verrechnungspreisen zwischen Krankenhaus und Servicegesellschaft würde sich damit entschärfen. Bislang muss die Servicegesellschaft drittübliche Preise für die erbrachten Dienstleistungen von der Muttergesellschaft verlangen, um im Zuge einer Betriebsprüfung nicht die Feststellung einer verdeckten Gewinnausschüttung und damit einhergehende Ertragsteuerbelastungen zu riskieren.
Gleiches gilt auch für die vom Krankenhaus erbrachten Dienstleistungen an die Service GmbH. Da die Beteiligung des Krankenhauses an der Servicegesellschaft derzeit in der Regel dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen ist, verlangt die Finanzverwaltung in AEAO Nr. 2 zu § 55 AO, dass diese Leistungen mit einem Gewinnaufschlag weiter berechnet werden, was wiederum grundsätzlich zu einem steuerpflichtigen Gewinn im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Krankenhauses führt.
Im Sinne einer zukünftigen Vereinfachung wäre es wünschenswert, wenn diese Vorschläge im laufenden Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden. Zunächst wird dazu am 20. September 2019 der Bundesrat beschließen. Über die weitere Entwicklung werden wir Sie regelmäßig informieren.
Den relevanten Auszug aus den Empfehlungen des Finanzausschusses des Bundesrates für die Änderung gemeinnützigkeitsrechtlicher Vorschriften der AO, Bundesratsdrucksache 356/1/19, veröffentlicht am 10.09.2019 –finden Sie hier.
Den vollständigen Beitrag als PDF finden Sie hier.
Telefon: +49 (0) 351 4976 1503